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Politik

Abschmelzen von Grönlandeis bald irreversibel

18. Mai 2021

Die Arktis steht unter Druck: Der Kampf um Rohstoffe wird durch den Klimawandel noch befeuert, weil Bodenschätze durch die Erwärmung leichter zugänglich sind.

Grönland Eisberge
Massiv, aber zerbrechlich: Eisberge nahe Ilulissat in Grönland (Archivbild)Bild: Ulrik Pedersen/NurPhoto/picture alliance

Für Teile des grönländischen Eisschildes naht laut einer Studie bald ein kritischer Kipppunkt, ab dem ein Abschmelzen kaum noch zu stoppen wäre. Aufgrund steigender Temperaturen habe die Destabilisierung zentral-westlicher Gebiete bereits begonnen, teilte das Potsdam-Institut für Klimafolgenforschung (PIK) unter Berufung auf Erkenntnisse deutscher und norwegischer Forscher mit.

"Unsere Ergebnisse deuten darauf hin, dass es in der Zukunft zu einem deutlich verstärkten Abschmelzen kommen wird - was sehr besorgniserregend ist", erklärte der PIK-Wissenschaftler Niklas Boers. Ursache seien Rückkopplungseffekte: Die Erwärmung des Eisschildes schreite schneller voran, wenn sich seine Höhe verringere.

"Praktisch unumkehrbar"

Um dann noch ein Abschmelzen zu verhindern, würde es nicht genügen, die Erderwärmung zu stoppen. Vielmehr müssten die Temperaturen deutlich unter das vorindustrielle Niveau sinken, um wieder die Eisschildhöhe der vergangenen Jahrhunderte zu erreichen. "Praktisch wird also der gegenwärtige und in naher Zukunft zu erwartende Massenverlust des Eises weitgehend irreversibel sein", so Boers. "Deshalb ist es höchste Zeit, dass wir die Treibhausgasemissionen aus der Verbrennung fossiler Brennstoffe schnell und deutlich reduzieren und den Eisschild und unser Klima wieder stabilisieren."

Nach bisherigen Modellergebnissen ist laut PIK das Abschmelzen des Grönland-Eisschildes ab einer kritischen Schwelle der globalen Mitteltemperatur von 0,8 bis 3,2 Grad Celsius über dem vorindustriellen Niveau unvermeidlich. Sobald diese Schwelle überschritten wird, könnte der gesamte Eisschild über Hunderte oder Tausende von Jahren vollständig schmelzen, was zu einem globalen Meeresspiegelanstieg von mehr als sieben Metern und einem Zusammenbruch der atlantischen meridionalen Umwälzzirkulation (AMOC) führen könnte, die für die relative Wärme in Europa und Nordamerika verantwortlich ist.

21 Millionen Quadratkilometer

Das riesige Territorium der Arktis - 21 Millionen Quadratkilometer - erstreckt sich vom Nordpol bis zum Polarkreis über acht Länder: Russland, Finnland, Schweden, Norwegen, Island, das zu Dänemark gehörende Grönland, Kanada und den US-Bundesstaat Alaska.

Der grönländische Eisschild ist - nach jenem der Antarktis am Südpol - der zweitgrößte der Welt. Auch andere Studien betonen eine große Gefährdung dieses Ökosystems. Wie eine am Montag im Fachjournal "Geophysical Research Letters" veröffentlichte Untersuchung zeigt, spielt zudem die Fähigkeit des Eises, das Sonnenlicht zu reflektieren, eine große Rolle. Nimmt die Eisoberfläche - etwa durch verringerten Schneefall oder eine veränderte Gestalt der Schneeflocken - mehr Sonnenwärme auf, beschleunigt auch dies den Tauprozess.

US-Außenminister Antony Blinken (rechts) mit seinem dänischen Kollegen Jeppe Kofod am Montag in KopenhagenBild: Mads Claus Rasmussen/Ritzau Scanpix/AP Photo/picture alliance

Die Arktis und der Klimawandel waren ebenfalls Themen bei einem Besuch von US-Außenminister Anthony Blinken in Dänemark. Dort sprach er am Dienstag unter anderem mit Ministerpräsidentin Mette Frederiksen und dem Außenbeauftragten Grönlands, Pele Broberg. Grönland ist ebenso wie die Färöer-Inseln weitgehend autonom, gehört offiziell aber zum dänischen Königreich.

Russland: Militäraktionen "legitim"

Blinken will auch an einem Ministertreffen des Arktischen Rates teilnehmen, das an diesem Mittwoch in der isländischen Hauptstadt Reykjavik beginnt. Das schmelzende Eis erleichtert den Zugriff auf Rohstoffvorkommen, die mehrere Anrainer ebenso wie entfernte Staaten, etwa China, ausbeuten wollen. Der russische Außenminister Sergej Lawrow erklärte vor der Ratssitzung, die Arktis gehöre zum Territorium seines Landes. Alles, was Moskau dort militärisch unternehme, sei "legitim". Russland wird in dieser Woche turnusgemäß den zweijährigen Jahresvorsitz des Arktischen Rates von Island übernehmen.

jj/ehl (afp, rtr)

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