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Politik

Abtrünniges Transnistrien wählt Präsidenten

Roman Goncharenko | Janina Semenova
11. Dezember 2016

Transnistrien, die separatistische Region in der Ex-Sowjetrepublik Moldau, bestimmt ein neues Staatsoberhaupt. Ob das zu einer Lösung des eingefrorenen Konflikts beiträgt, ist offen.

Tiraspol Transnistrien
Die sowjetischen Symbole Hammer und Sichel zieren immer noch die Flagge der abtrünnigen RegionBild: DW

Transnistrien ist etwa halb so groß wie Kreta - ein schmaler Streifen Land entlang des Flusses Dnjestr und der Grenze zwischen Moldau und Ukraine. International als Staat anerkannt ist Transnistrien nicht, denn es ist eine separatistische Abspaltung der Republik Moldau, die wiederum eine ehemalige Sowjetrepublik ist. An diesem Sonntag nun wählt dieser Landstrich einen neuen Präsidenten. Die besten Chancen werden dem jetzigen Staatsoberhaupt Jewgeni Schewtschuk und dem Parlamentsvorsitzenden Wadim Krasnoselski nachgesagt. Eine russische Umfrage sieht Schewtschuk vorn. 

Schmugglerparadies östlich der EU

Transnistrien trennte sich Anfang der 1990er Jahre in einem Bürgerkrieg von Moldau. Der Konflikt gilt seit 1992 als eingefroren. Internationale diplomatische Bemühungen um eine Lösung, zuletzt von Deutschland intensiviert, haben keinen Durchbruch gebracht.   

Die Separatistenregion befindet sich an der Grenze Moldaus zur Ukraine

Heute lebt rund eine halbe Million Menschen in der Separatistenrepublik, auf deren Flagge immer noch die sowjetischen Symbole Hammer und Sichel zu sehen sind. Sie überlebt vor allem dank finanzieller Hilfe aus Russland. Auch eine russische Truppeneinheit ist seit Sowjetzeiten dort stationiert. International ist Transnistrien als eine der ärmsten Regionen Europas und als Schmugglerparadies am östlichen Rand der Europäischen Union bekannt.

Anschluss an Russland

Der 48-jährige Präsident Schewtschuk tritt zum zweiten Mal an. Er regiert Transnistrien seit 2011 und hat Igor Smirnow an der Spitze abgelöst, der zwei Jahrzehnte die abtrünnige Provinz beherrschte. "Die Menschen haben große Hoffnungen in Schewtschuk gesetzt, doch nicht alle haben sich erfüllt", sagt Galina Schelar, Politologin in der moldauischen Hauptstadt Chişinău, im Gespräch mit der DW. Die Krise in der benachbarten Ukraine habe Spuren hinterlassen. Außerdem habe es zuletzt innenpolitische Spannungen zwischen dem Präsidenten und dem Parlament gegeben. "Die Menschen warten auf den Wahltag, weil die Spannung sehr hoch ist", betont auch Natalja Skurtul, eine Journalistin in Transnistrien, gegenüber der DW. "Viele träumen davon, dass der Wahlkampf einfach zu Ende ist."

"Die einzige Wahl - Schewtschuk" - so ein Wahlplakat in TransnistrienBild: DW/S. Ciochina

Der Hauptgegner des amtierenden Präsidenten, Wadim Krasnoselski, wird von der Oppositionspartei Erneuerung unterstützt, die seit Sommer Beziehungen zu der Kreml-Partei Geeintes Russland unterhält. Außerdem soll der 46-jährige Krasnoselski ein mächtiges Unternehmen hinter sich haben, dessen Sicherheitschef er früher war. Das Unternehmen heißt Sheriff und verfügt über eine Supermarktkette, Tankstellen, einen Mobilfunkfunkanbieter und einen TV-Sender.  

Sowohl Schewtschuk als auch Krasnoselski plädieren für einen Anschluss Transnistriens an Russland. Eine überwiegende Mehrheit der Bewohner hat sich 2006 bei einem international nicht anerkannten Referendum dafür ausgesprochen.

Auf dem Weg Richtung Moskau gab es zuletzt Bewegung in Tiraspol, der Hauptstadt Transnistriens. Der Präsident hat im September per Erlass angeordnet, die transnistrische Rechtsordnung an die russische anzupassen.

Krasnoselski verspricht auf dem Wahlplakat den Rentnern kostenlose Nutzung der öffentlichen VerkehrsmittelBild: DW/S. Ciochina

Moskaus Haltung entscheidend

Russland jedoch will Transnistrien nicht aufnehmen. In einem Grundsatzpapier zur Außenpolitik, das Präsident Wladimir Putin Ende November unterzeichnete, wird Transnistrien als Teil Moldaus mit einem Sonderstatus angestrebt.

Auch Moldau wird prorussisch regiert - vor einem Monat ist dort Sozialistenführer Igor Dodon zum Präsidenten gewählt worden. Dodon versprach im Wahlkampf, den Transnistrien-Konflikt zu lösen. Das hänge jedoch nach wie vor von Moskau ab, sagen Beobachter. Wassili Schowa, ehemaliger moldauischer Minister für Reintegration, glaubt, dass Bewegung in den festgefahrenen Verhandlungen möglich ist - unabhängig davon, wer neuer Präsident in Transnistrien wird. Dodon "als Anhänger moldauischer Staatlichkeit und Neutralität" sei dabei eine Figur, mit der es für Tiraspol jedenfalls bequemer wird, Verhandlungen zu führen. Das Außenministerium in Chişinău sprach sich neulich dafür aus, die Gespräche über den Status von Transnistrien im Jahr 2017 zu intensivieren.  

Unklar ist bisher, wie genau einer der Hauptstreitpunkte, die außenpolitische und wirtschaftliche Ausrichtung, gelöst werden soll. Während Transnistrien nach Moskau schaut, hat die bisher amtierende Regierung in Moldau engere Beziehungen mit der Europäischen Union angestrebt. Unter Dodon steht ein Kurswechsel an.

Janina Semenova DW-Korrespondentin in Riga@janinasem
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