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Abtransport der syrischen Chemiewaffen

Kersten Knipp4. März 2014

Die Kontrollbehörde für ein Verbot von Chemiewaffen diskutiert den Abtransport des syrischen Chemiewaffenarsenals, nachdem der Plan ins Stocken geraten war. Die wichtigsten Fragen und Antworten im Überblick.

Chemiewaffenvernichtungsanlage auf dem amerikanischen Spezialschiff "Cape Ray" (Foto: EPA)
Bild: picture-alliance/dpa

Wie steht es um den Zeitplan für den Abtransport der syrischen Chemiewaffen?

Die gefährlichsten Waffen des syrischen Arsenals hätten schon bis zum 5. Februar 2014 vernichtet werden sollen: Das war die ursprüngliche Vereinbarung im UN-Sicherheitsrat. Diese Frist hat Syrien zwar nicht eingehalten. Doch vor allem in den letzten zwei Wochen ist die Regierung Assad ihren Verpflichtungen verstärkt nachgekommen. Bis Mittwoch (05.03.2014) ist nach Angaben der Kontrollbehörde für ein Verbot von Chemiewaffen (OPCW) ein gutes Viertel der Chemiewaffen außer Landes gebracht worden, bis Ende dieser Woche soll der Anteil sogar auf über ein Drittel steigen. Auch der Forderung der UN, vor allem die besonders gefährlichen Kampfstoffe zu entsorgen, beugt sich das Assad-Regime. "Die syrische Regierung hat einmal mehr ihre Zusage bekräftigt, die Operationen zur Entfernung der Chemiewaffen zeitnah durchzuführen", erklärte OPCW-Direktor Ahmet Üzümcü. Ein knappes Viertel dieser Chemikalien ist bereits entsorgt. Gegenüber der OPCW hat sich Syrien verpflichtet, bis Ende April sämtliche chemischen Kampfstoffe außer Landes schaffen zu lassen. Damit wären insgesamt 1300 Tonnen entsorgt. Dieser Plan könnte eingehalten werden, erklärt der Chemiewaffenexperte Ralf Trapp gegenüber der DW. Die eigentliche Entsorgung sei nicht sonderlich zeitaufwendig. "Zumindest für die Stoffe, die auf dem US-amerikanischen Spezialschiff Cape Ray abtransportiert werden sollen, kann man einen Zeitraum von etwa 90 Tagen veranschlagen." Aus technischer Sicht ginge es sogar noch schneller. "Da man mit einem solchen Unternehmen bisher noch keine Erfahrungen hat, arbeitet man mit einem etwas großzügigeren Zeitplan."

Wodurch hat sich der Abtransport zunächst verzögert?

Nach Angeben der OPCW haben Kämpfe, schlechtes Wetter und Bürokratie die Verspätungen verursacht. Syrien selbst verwies vor allem auf die schwierige Sicherheitslage. Darum hat die Regierung zusätzliche Ausrüstung gefordert. Dies sei nun aber geliefert, erklärt Ahmet Üzümcü. Die niederländische Diplomatin Sigrid Kaag, die den Abtransport seitens der UN organisiert, erwartet nun, dass der Abtransport zügig weiter geht. Bislang verlaufe der Abtransport gut. "Ich erwarte eine weitere Beschleunigung und nochmals erhöhte Anstrengungen." Die Chancen dafür stünden gut, erklärt Chemiewaffenexperte Trapp. Zwar sei der Transport von bis zu tausend Tonnen toxischer Chemikalien durch ein Bürgerkriegsland nicht einfach. Doch Damaskus habe seine Chemiewaffen bereits während des Krieges durch das Land bewegt. "Eigentlich sollte man darum nun erwarten, dass der Transport erheblich schneller geht", so Trapp.

Das US-amerikanische Spezialschiff "Cape Ray", auf dem ein Teil des syrischen Arsenals vernichtet werden sollBild: picture-alliance/dpa

Wie verläuft die bisherige Zusammenarbeit der kontrollierenden Staaten?

Sie funktioniert wie vereinbart. Dänemark und Norwegen haben zwei Frachtschiffe zur Verfügung gestellt, die die Chemiewaffen aus Latakia abtransportieren sollen. Zudem haben beide Staaten sowie Russland, China und Großbritannien Kriegsschiffe bereitgestellt, die die Transporte schützen sollen. Ein Großteil der chemischen Waffen soll in einem Hafen im italienischen Kalabrien auf das US-amerikanische Spezialschiff "Cape Ray" umgeladen werden. Dieses soll die Fracht dann auf hoher See zerstören. Andere Staaten sollen die Restbestände der Waffen entsorgen. Von deutscher Seite aus wird die Gesellschaft zur Entsorgung chemischer Kampfstoffe und Rüstungsaltlasten (Geka) aus Munster (Niedersachsen) gefährliche Chemikalien entsorgen. "Niemand darf sich verweigern, der dazu die technischen Kapazitäten zur Verfügung hat", erklärte Bundesaußenminister Frank-Walter Steinmeier. Das Auswärtige Amt teilte zudem mit, Deutschland wolle "einen substantiellen Beitrag zur Vernichtung" leisten. Allerdings erklärt das Auswärtige Amt auch, dass die nach Deutschland kommenden Stoffe größtenteils Industrieabfällen ähnelten.

Schutz für die "Cape Ray": das dänische Kriegsschiff Esbern SnareBild: picture-alliance/AP

Hat die Vernichtung der Waffen Einfluss auf das Kampfgeschehen?

Nein. Die Kämpfe in Syrien gehen mit unverminderter Heftigkeit weiter. Zwar hat die UN nun eine Verbesserung der humanitären Hilfe durchgesetzt, doch das eigentliche Kampfgeschehen beeinflusst das trotz aller internationalen Anstrengungen nicht. Der Umstand, dass sich die internationale Gemeinschaft bislang allein auf die Chemiewaffen konzentriert, lässt dem Assad-Regime einen umso größeren Spielraum, mit konventionellen Waffen gegen seine Gegner vorzugehen. "Das Regime hat so von der internationalen Gemeinschaft einen Freibrief erhalten, die Revolte zu unterdrücken", meint der Politikwissenschaftler Nadim Shehadi vom unabhängigen Londoner Forschungsinstitut "Chatham House". Die Unterstützung durch Russland, den Iran und die Hisbollah erhöhe zudem die Chancen des Regimes, sich gegen die Aufständischen zu behaupten. Die Folgen der Kämpfe für das Land sind fatal, erklärt Politikwissenschaftler David Butter, der ebenfalls für Chatham House forscht: "Der Konflikt war so zerstörerisch, dass es letztlich überhaupt keine Gewinner geben wird. Es wird Jahre dauern, aus Syrien wieder einen funktionstüchtigen Staat zu machen - falls das überhaupt möglich ist."

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