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Politik

Abtreibungsgesetz: US-Regierung verklagt Texas

10. September 2021

Die US-Regierung hat gegen den Bundesstaat Texas im Streit um dessen striktes Abtreibungsrecht Klage eingereicht. "Das Gesetz ist eindeutig verfassungswidrig", sagte Justizminister Merrick Garland.

USA I Merrick Garland I Abtreibungen
US-Justizminister Merrick Garland Bild: J. Scott Applewhite/AP/picture alliance

"Das Justizministerium hat die Pflicht, die Verfassung der Vereinigten Staaten zu verteidigen und die Rechtsstaatlichkeit aufrechtzuerhalten", sagte der Justizminister. In der bei einem Bundesgericht in Texas eingereichten Klage fordert die US-Regierung, dass das Gesetz umgehend für ungültig erklärt wird. Garland verwies auf ein Grundsatzurteil des Obersten Gerichtshofs aus dem Jahr 1973, das Abtreibungen legalisiert.

Das strengste Abtreibungsgesetz der USA war zu Monatsbeginn in Texas in Kraft getreten. Es verbietet Abtreibungen ab dem Zeitpunkt, zu dem der Herzschlag des Fötus festgestellt werden kann. Das ist etwa ab der sechsten Schwangerschaftswoche der Fall, wenn viele Frauen noch gar nicht wissen, dass sie schwanger sind. Selbst im Fall einer Vergewaltigung oder bei Inzest sieht das Gesetz keine Ausnahmen vor.

Für Empörung sorgt auch, dass nicht die texanischen Behörden die neuen Regelungen durchsetzen sollen, sondern Privatleute. Bürger werden ermutigt jene anzuschwärzen, die sie verdächtigen, Frauen bei einer Abtreibung nach der sechsten Woche geholfen zu haben. Das könnte beispielsweise Abtreibungskliniken oder deren Mitarbeiter treffen, aber auch Verwandte von Schwangeren oder einen Taxi-Fahrer, der die Frau zur Klinik bringt. Die Kläger erhalten im Falle einer Verurteilung 10.000 Dollar.

Bürger als "Kopfgeldjäger"

Der Justizminister sagte dazu, das Gesetz mache Bürger ohne jede Verbindung zu den schwangeren Frauen zu "Kopfgeldjägern". Er betonte, das Gesetz zeige bereits Wirkung: Abtreibungskliniken in Texas würden aus Sorge vor rechtlichen Konsequenzen keine Schwangerschaftsabbrüche mehr vornehmen. "Deswegen können Frauen in Texas ihre verfassungsmäßigen Rechte nicht ausüben", unterstrich Garland.

Protest gegen das "Herzschlag-Gesetz"Bild: Bob Daemmrich/Zumapress/picture alliance

Die ausdrückliche Absicht des Gesetzes bestehe darin, Frauen an der Ausübung ihrer Rechte zu hindern, betonte der Minister. Er warnte, dass eine solche Regelung als Vorbild für ähnliche Gesetze in anderen Bereichen dienen könnte. Garland weiter: "Man muss nicht lange nachdenken, um den Schaden zu erkennen, der unserer Gesellschaft entstehen würde, wenn es den Staaten erlaubt wäre, solche Gesetze zu erlassen und jede Privatperson zu ermächtigen, die verfassungsmäßig geschützten Rechte eines anderen auf diese Weise zu verletzen."

Biden kündigte Widerstand an

Präsident Joe Biden hatte das texanische Gesetz vergangene Woche scharf kritisiert und angekündigt, seine Regierung werde entschieden dagegen vorgehen. Die Organisation Planned Parenthood, die Abtreibungskliniken betreibt, dankte Biden nun dafür, die "ganze Macht der Bundesregierung einzusetzen, um Texaner vor diesem gefährlichen und ungerechten Gesetz zu schützen".

"Zum jetzigen Zeitpunkt haben Patientinnen in ganz Texas Angst, sie sind verwirrt und sie haben keinen Ort, wo sie eine sichere und legale Abtreibung vornehmen können", erklärte die Präsidentin der Planned Parenthood Federation of America, Alexis McGill Johnson. Die Bürgerrechtsorganisation ACLU bezeichnete das Vorgehen des Justizministeriums als "willkommene Nachrichten".

Gouverneur verteidigt "Herzschlag-Gesetz"

Der texanische Gouverneur Greg Abbott verteidigte dagegen die Neuregelung Gesetz. Es stelle sicher, "dass das Leben jedes Kindes mit einem Herzschlag vor den Verheerungen der Abtreibung bewahrt wird". Präsident Biden und seine Regierung seien leider mehr daran interessiert, von ihrer katastrophalen Afghanistan-Evakuierung und ihrer rücksichtslosen Politik der offenen Grenzen abzulenken, "als unschuldige Ungeborenen zu schützen".

Texas' Gouverneur Greg AbbottBild: Bob Daemmrich/ZUMA Press/picture alliance

Der Oberste Gerichtshof der USA hatte vergangene Woche einen Eilantrag gegen das Gesetz abgelehnt. Der Supreme Court führte dabei aber keine inhaltlichen, sondern Verfahrensgründe an. Die Entscheidung des konservativ dominierten Gerichts fiel mit einer knappen Mehrheit von fünf der neun Verfassungsrichter.

Der Gerichtshof hatte 1973 in seinem Grundsatzurteil "Roe v. Wade" das Recht von Frauen auf eine Abtreibung verankert. Abtreibungsgegner hoffen, dass der Supreme Court dieses Urteil kippen könnte. Frauenrechtsgruppen blicken mit Bangen auf den Herbst, wenn die Verfassungsrichter sich mit einem Abtreibungsgesetz des Bundesstaates Mississippi befassen. Der frühere US-Präsident Donald Trump hatte in seiner Amtszeit drei neue Verfassungsrichter ernannt und das Gericht damit weiter nach rechts gerückt.

kle/wa (afp, dpa)