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Achim von Borries: Romantische und tragische Momente

Jörg Taszman10. Januar 2006

Mit nur zwei Filmen gelang es Achim von Borries sich einen Namen zu machen. Seine Bilder sind die Stimme einer Generation, die Träume und Rebellion neu definiert.

Er machte das Nach-Wende-Berlin zu seiner WahlheimatBild: dpa

Der junge Ukrainer Valeri Sikorski in "England"Bild: dpa - Bildfunk

"England" als Land der unbegrenzten Möglichkeiten, als Land der Träume? Für zwei junge Ukrainer, die in Tschernobyl halfen, die gröbsten Schäden zu beseitigen, ist England ein Traum, den sie sich unbedingt erfüllen möchten. Jahre später machen sie sich auf den Weg dorthin und stranden in Berlin. Diese originelle Geschichte legte Regisseur Achim von Borries seinem Debütfilm zu Grunde, der 2001 in die Kinos kam und unzählige Festivalpreise gewann.

Der Filmemacher war - nachdem er 1989 nach Berlin zog - viel unterwegs in Russland und der Ukraine und zeigte sich von der dortigen Mentalität tief beeindruckt. "Wir sollten versuchen, diese beiden Seelen, die in unserer deutschen Brust nun einmal wohnen, nämlich die demokratisch orientierte, aufklärerische, rationale mit dem Emotionalen und Irrationalen zu verbinden - diesem Abgrund irgendwo auch."

Schöne Liebesgedichte

Paul und Günther in "Was nützt die Liebe in Gedanken"Bild: dpa - Bildfunk

Mit einem ganz anderen Berlin-Film überraschte der 1968 in München geborene von Borries dann im Jahr 2005. "Was nützt die Liebe in Gedanken" war ein ruhiges, behutsames Werk über die Steglitzer Schülertragödie von 1927. Zwei junge Gymnasiasten gründeten damals einen Selbstmörderclub, und die Suche nach der wahren Liebe beschwor eine menschliche Tragödie mit zwei Toten herauf. Es ging um das zeitlose Streben nach dem Absoluten, nach reinen Gefühlen.

Der Widerspruch zwischen platonischer und pragmatischer Liebe wird im Film wunderbar durch Gedichte ausgedrückt. "Auch scheint es mir, da du noch jung an Jahren, dass dein Erleben in der Liebe nur erträumt. Ich fürchte, du bist darin noch reichlich unerfahren, beeile dich, du hast schon viel versäumt. Ein Mädel wird sich schön bedanken, wenn deine Glut nur aus Gedichten spricht. Was nützt die Liebe in Gedanken? Kommt die Gelegenheit dann kannst du es nicht."

Der Pragmatiker

Es war die Zeitlosigkeit der Geschichte, die Achim von Borries interessierte, die Erkenntnis, das Liebe damals nichts anderes war als heute. Sensibel näherte sich der Regisseur den ersten amourösen Irrungen und Wirrungen. Dabei gelang ihm ein stimmiger, romantischer und tragischer Film über die Jugend.

"Zumindest meine Helden suchen nach dem individuellen, großen Glück. Vielleicht ist auch das so eine Parallele. Die lehnen sich auch nicht auf gegen ihr Elternhaus und sind keine Rebellen, die auf die Straße gehen, wie die 68er. Genauso wenig wie meine Generation. Die suchen das im Individuellen und geradezu hedonistischem Ausleben ihrer Träume und Vorstellungen. Die machen einen riesige Party, ein Fest begreifen die Jugend als Fest und wollen mehr und sind soweit weg von den Eltern und den Erwachsenen, wie sie nur sein können."

Die bisherigen Regie-Arbeiten von Achim von Borries schöpfen die Bandbreite des Mediums Film ganz aus. Die wunderbar ausgeleuchteten Bilder und der behutsame Wechsel zwischen Totalen und Nahaufnahmen sind einmalig im jungen deutschen Film nach 1989 und auch der dramaturgische Einsatz von Filmmusik ist beeindruckend. Was den Autor außerdem auszeichnet ist sein Pragmatismus, den er sich als so genannter Drehbuchdoktor erworben hat. Zusammen mit seinem Regiekollegen und ständigem Ko-Drehbuchautor Hendrik Handloegten hat Achim von Borries auch "Goodbye Lenin" veredelt.