Schlechte Röhren
22. April 2008Beim zehnten europäischen Tunneltest ist jeder dritte der getesteten Straßentunnel durchgefallen. Von 31 Tunneln wurden zwei als "bedenklich" und sogar sieben als "mangelhaft" eingestuft. Dies sei das schlechteste Ergebnis seit fünf Jahren, der positive Trend sei ins Stocken geraten, berichtete der Automobilclub ADAC am Dienstag (22.4.08) in Düsseldorf. Noch werde in Europa längst nicht alles saniert und renoviert, was der Verbesserung bedürfe. Testverlierer war zum vierten Mal in Folge ein italienischer Tunnel. Der 25 Jahre alte Cernobbio am Comer See weise erschreckende Missstände auf: So gebe es dort keine Notrufeinrichtungen, keine Feuerlöscher und kein automatisches Brandmeldesystem.
Immerhin zehn Tunnel erhielten in dem Test das Prädikat "sehr gut", fünf die Auszeichnung "gut" und weitere sieben die Note "ausreichend". Testsieger ist der 2006 eröffnete rund 1,3 Kilometer lange Pont Pla in Andorra. Dieser habe die Tester mit einem nahezu tadellosen Gesamteindruck überzeugt, sagte ADAC-Präsident Peter Meyer.
Schon zwei Millionen Euro in Universitätstunnel geflossen
Als bester deutscher Tunnel kam der Heidkopf-Tunnel der A 38 zwischen Göttingen und Halle im europäischen Vergleich auf Platz zwei. Deutscher Testverlierer war zum zweiten Mal der Düsseldorfer Universitätstunnel der A 46. Am Universitätstunnel kritisierten die Tester bereits vor zwei Jahren die schlecht gekennzeichneten Rettungswege, die schlechte Belüftung, die mangelnde Videoüberwachung und den fehlenden Verkehrs- und Tunnelfunk.
Zum erneut schlechten Abschneiden des Tunnels erklärte der ADAC, bislang seien rund zwei Millionen Euro in die Modernisierung geflossen und die Möglichkeiten der Autofahrer zur Selbstrettung deutlich verbessert worden. Allerdings seien die Kategorien "Kommunikation", "Verkehr" und "Verkehrsüberwachung" in dem 23 Jahre alten Tunnel bisher auf der Strecke geblieben. Die dazu erforderlichen Maßnahmen sollen aber nach den Informationen des ADAC bis spätestens 2010 abgeschlossen sein.
Italien europäisches Sorgenkind
Italien ist nach wie vor das europäische Sorgenkind in Sachen Tunnel-Sicherheit. Es sei auch das einzige Land, das sich jahrelang den Testern verweigert habe, so der ADAC. Inzwischen dürften die Prüfer immerhin vorher ausgewählte staatliche Tunnel unter die Lupe nehmen. Die privaten Autobahntunnel in Italien seien weiterhin tabu. Für den ADAC ist dies "eine Unverschämtheit auch gegenüber den vielen Touristen, die durch diese Tunnel reisen". Die Privatisierung der Tunnel in Italien sei "eine Gelddruckmaschine ohne positiven Effekt für die Sicherheit", sagte Meyer.
Schlecht schnitten auch die norwegischen Tunnel ab. Dies werde allerdings dadurch relativiert, da sie in der Regel wenig befahren sind, dadurch ein geringeres Unfallrisiko bestehe und Norwegen nach Japan weltweit die meisten Straßentunnel habe. Entsprechend hoch seien die Nachrüstungskosten.
Erfolgsgeschichte San-Bernardino-Tunnel
Als Skandal wertete der ADAC, dass bei einem tödlichen Unfall im italienischen San-Martino-Tunnel im vergangenen September der Betreiber erst durch Handy-Anrufe von Autofahrern von den schrecklichen Geschehnissen erfahren habe. Besonders erfreulich sei hingegen das Abschneiden des Schweizer San-Bernardino-Tunnels: 1999 noch durchgefallen, wurde er für 240 Millionen Schweizer Franken modernisiert und konnte nun die Bestnote "sehr gut" einheimsen.
Um die ab 2014 geltenden europäischen Mindeststandards für die Tunnel-Sicherheit zu erfüllen, müssten insgesamt sieben Milliarden Euro investiert werden - 570 Millionen davon in Deutschland. In den vergangenen zehn Jahren hat der ADAC mit seinen Partnern 325 Tunnel getestet, 40 davon in Deutschland. (tos)