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200 Gerettete in Brindisi eingetroffen

31. Dezember 2014

Mehr als 24 Stunden nach der Rettung der letzten Passagiere von der ausgebrannten Fähre "Norman Atlantic" sind rund 200 Gerettete an Land. Das italienische Marineschiff "San Giorgio" brachte sie nach Brindisi.

Verwandte begrüßen überlebende Passagier der Fähre in Brindisi (Foto: dpa)
Bild: picture-alliance/dpa/Longo

Auf dem Marineschiff befand sich der Großteil der Menschen, die das Schiffsunglück überlebt hatten. Die Passagiere hatten nach ihrer Rettung von der "Norman Atlantic" noch lange Stunden auf dem stürmischen Meer verbringen müssen, weil die Bergungsmannschaften rund um das Wrack weiter nach Leichen suchten. Die Abfahrt der "San Giorgio" zur süditalienischen Hafenstadt Brindisi verzögerte sich dadurch. Im Hafen war eine Krankenstation aufgebaut.

Die italienische Marine teilte mit, dass die Suche nach weiteren möglichen Opfern fortgesetzt werde. Die ausgebrannte Fähre war am Montag komplett evakuiert worden. 427 Menschen wurden gerettet, darunter 56 Besatzungsmitglieder.

Bis Dienstagabend wurden elf Todesopfer geborgen. Zudem kamen zwei albanische Einsatzkräfte beim Abschleppversuch der Fähre ums Leben, weil ein Tau gerissen war. Deutsche Opfer gab es nach Angaben des Auswärtigen Amtes in Berlin nicht. Angesichts offensichtlich fehlerhafter Passagierlisten ist unklar, wie viele Menschen tatsächlich an Bord waren. Laut Passagierliste waren insgesamt 475 Menschen auf dem Schiff - damit wäre das Schicksal von fast 40 Passagieren ungewiss.

Blinde Passagiere

Nach Angaben der italienischen Behörden sind unter den von der Fähre geretteten Menschen auch mehrere Flüchtlinge, die als blinde Passagiere an Bord gelangt waren. Dies mache es "wahrscheinlich", dass in dem Wrack weitere Leichen gefunden würden, sagte der italienische Staatsanwalt Giuseppe Volpe. Es wird befürchtet, dass sich in parkenden Lastwagen Migranten versteckten, und dass weitere Passagiere in ihren Kabinen verbrannten oder erstickten.

Das Drama der "Norman Atlantic" hatte am frühen Sonntagmorgen begonnen, als auf einem Autodeck der Adria-Fähre ein Feuer ausbrach und sich rasend schnell ausbreitete. Manövrierunfähig trieb das brennende Schiff danach in Richtung albanischer Küste. Erst nach einer anderthalbtägigen Rettungsaktion konnten die letzten Menschen von der Fähre geborgen werden.

Heftige Vorwürfe gegen Crew

Passagiere beschrieben die Besatzung als komplett unvorbereitet für den Notfall. Die Crew habe keinerlei Anweisungen erteilt. Die Griechin Theodora Doulis, deren Mann Giorgos bei dem Unglück ertrank, berichtete zudem, das Autodeck der Fähre habe nach Benzin gestunken. Eine Lkw-Fahrerin sagte griechischen Medien: "Drei meiner Kollegen sind umgekommen." Die Trucker hätten in der Fahrerkabine geschlafen. Niemand hätte die Passagiere rechtzeitig alarmiert.

Das Marineschiff "San Giorgio" brachte die überlebenden Insassen der Fähre nach BrindisiBild: Reuters/De Luca

Andere Überlebende berichteten von der Panik an Bord. Ute Kilger aus Deutschland schilderte italienischen Medien, wie sich ein beleibter Mann an Frauen, Kindern und alten Menschen vorbeidrängelte, um vor ihnen in einen Hubschrauber gezogen zu werden: "Er ist einfach hingegangen und hat sich in den Rettungskorb gesetzt, der ganz klar für die Kinder bestimmt war", sagte die 45-jährige Anwältin.

Das Schiffswrack wurde beschlagnahmt und sollte nach Brindisi in Süditalien geschleppt werden. Gegen den italienischen Kapitän Argilio Giacomazzi und den Eigentümer der italienischen Reederei Visemar, Carlo Visentini, leitete die Staatsanwaltschaft in Italien Ermittlungen wegen fahrlässiger Tötung, Körperverletzung und Herbeiführens einer Havarie ein. Auch die Staatsanwaltschaft in Piräus in Griechenland ermittelt.

kle/qu (afp, dpa, rtre)

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