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AfD: Deutschlands Medien und der Rechtsextremismus

2. Mai 2024

Ob öffentlich-rechtlich oder privat: Die deutschen Medien tun sich schwer, über die teilweise rechtsextreme Partei Alternative für Deutschland (AfD) zu berichten. Ein Patentrezept hat niemand.

Ein Kameramann justiert das Objektiv seiner Kamera; im Hintergrund das blau-weiß-rote Logo der Partei "Alternative für Deutschland" (AfD)
Die teilweise rechtsextreme Alternative für Deutschland (AfD) wirft Medien oft vor, einseitig über sie zu berichtenBild: Martin Schutt/dpa/picture alliance

Presse- und Meinungsfreiheit sind in der deutschen Verfassung, dem Grundgesetz, garantiert. Die Medienlandschaft basiert auf einem dualen System: Es gibt öffentlich-rechtliche Medien und privatwirtschaftliche. Die einen finanzieren sich überwiegend aus Gebühren, die jeder Haushalt in Deutschland zahlen muss. Die anderen sind auf Werbeeinnahmen und den Verkauf ihrer Produkte angewiesen.

Ein Sonderfall ist die Deutsche Welle (DW): Der Auslandsrundfunk erhält Steuergeld aus dem Etat der Staatsministerin für Kultur und Medien (BKM). Wie alle anderen öffentlich-rechtlichen Sender ist die DW dazu verpflichtet, umfassend und ausgewogen über alle relevanten Themen zu berichten. Darüber wachen Kontrollgremien, in denen Vertreterinnen und Vertreter gesellschaftlich relevanter Gruppen sitzen: Menschen aus Politik, Kultur, Wirtschaft, Wissenschaft, Sport, Religionsgemeinschaften, Gewerkschaften.

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AfD gegen "Zwangsfinanzierung" öffentlich-rechtlicher Medien

Ginge es nach der vom Verfassungsschutz teilweise als rechtsextremistisch eingestuften Alternative für Deutschland (AfD), hätte der öffentlich-rechtliche Rundfunk in seiner bestehenden Form keine Zukunft: "Dessen Zwangsfinanzierung ist umgehend abzuschaffen und in ein Bezahlfernsehen umzuwandeln", fordert die AfD in ihrem Grundsatzprogramm.

Die Partei fühlt sich in der Berichterstattung immer wieder benachteiligt. Der Vorwurf trifft auch Privatmedien. Oft ist zu hören, man werde zu selten in TV-Talkshows eingeladen. Fakt ist: Einen Anspruch darauf hat niemand, die Entscheidungen werden von Redaktionen getroffen. Auch das gehört zur Presse- und Meinungsfreiheit.

Themenvielfalt: Spionage, Rechtsextremismus, Björn Höcke

Dass die AfD medial zu kurz kommt, dürfte gerade 2024 unzutreffend sein. Sie ist schon deshalb ein häufiges Thema, weil ihr in Umfragen gute Ergebnisse bei der Europawahl im Juni und bei drei Landtagswahlen im September vorausgesagt werden. Für häufige Schlagzeilen sorgen aber auch ihre zunehmende Radikalisierung und mutmaßliche Verwicklungen in Spionage-Fälle insbesondere mit China sowie ihr Verhältnis zu Russland

China-Spione bei der AfD?

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Stichwort Extremismus: Der AfD-Rechtsaußen Björn Höcke dürfte auch außerhalb Deutschlands inzwischen recht bekannt sein - zumindest in politisch interessierten Kreisen. Auf Bodo Ramelow trifft diese Vermutung hingegen eher nicht zu. Gemessen an ihren Funktionen müsste es allerdings umgekehrt sein: Höcke leitet seit 2014 die oppositionelle Parlamentsfraktion der AfD in Thüringen. Ramelow ist, ebenfalls seit 2014, mit einer kurzen Unterbrechung Ministerpräsident dieses Bundeslandes.

Thüringens Ministerpräsident im Schatten seines Herausforderers 

Höckes höherer Bekanntheitsgrad hat andere Gründe: Er gilt als einflussreichster Rechtsextremist innerhalb der AfD. Medial spielt das eine größere Rolle als die keineswegs banale Tatsache, dass Ramelow der erste und einzige deutsche Regierungschef der Linken ist.

Höcke träumt davon, nach der Landtagswahl im September Ramelows Nachfolger zu werden. Das ist - grob skizziert - die politische Gemengelage. Hinzu kommt, dass der vom Verfassungsschutz beobachte AfD-Mann öffentlich eine verbotene Parole der Nazi-Kampforganisation "Sturmabteilung" (SA) verwendet haben soll und dafür vor dem Landgericht Halle angeklagt wurde.

Der Thüringer AfD-Politiker Björn Höcke darf laut einem Gerichtsurteil öffentlich, wie hier auf einer Demonstration, als "Nazi" bezeichnet werden Bild: dpa

Über die AfD reden - oder mit ihr?

In der Medienlandschaft spiegelt sich das so wider: Über den Ministerpräsidenten Ramelow wird außerhalb Thüringens nur am Rande berichtet, während sein Herausforderer auf allen Kanälen präsent ist. Allerdings ist Höcke dabei meistens Objekt und selten Subjekt: Es wird also mehr über ihn geredet als mit ihm. Das gilt auch für seine Partei.

Und nun gab es eine umstrittene Premiere im deutschen Fernsehen: Höcke duellierte sich live mit dem selbst in Thüringen nur mäßig bekannten christdemokratischen (CDU) Spitzenkandidaten Mario Voigt. Dafür hatte der werbefinanzierte Privatsender "Welt-TV" zur Primetime am Abend 45 Minuten eingeplant. Am Ende dauerte der Schlagabtausch deutlich länger als eine Stunde.

Zwischen Aufklärung und Spektakel

Schon Tage vorher war das wie ein Spektakel im Boxring inszenierte Aufeinandertreffen Dauerthema in den Medien. Das Magazin "Der Spiegel" hielt das von Anfang für einen Fehler: "Natürlich wird Höcke nach diesen 71 Minuten für viele einen Tick normaler und gesellschaftsfähiger wirken als zuvor."

TikTok-Erfolg der AfD bereitet Sorgen

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Ganz anders sieht das der Politik-Wissenschaftler Oliver Lembcke von der Universität Bochum: "Das permanente Weglaufen, Ausladen und Ausgrenzen der AfD mit immer wieder denselben Phrasen aus der Gefahren-Perspektive heraus hat dazu geführt, dass sich Höcke zu einer Art Magier oder dunkler Lord entwickeln konnte." Lembckes Einschätzung erschien in der "Bild", Deutschlands reichweitenstärkster Boulevard-Zeitung.

Journalistenverband fordert "Warnhinweis" zur AfD

Ginge es nach dem Deutschen Journalistenverband (DJV), sollten alle Medien ihre Berichterstattung über die AfD spätestens dann neu justieren, wenn die gesamte Partei vom Verfassungsschutz als "erwiesen rechtsextremistisch" eingestuft wird.In drei von 16 Bundesländern, darunter Thüringen, ist das schon der Fall. Der DJV-Vorsitzende Mika Beuster fordert: "Das muss wie ein unübersehbarer Warnhinweis wie auf Zigarettenschachteln in unseren Artikeln auftauchen."

Wie schwierig der vermeintlich richtige Umgang mit der AfD ist, hat der Medienwissenschaftler Bernd Gäbler bereits 2017 und 2018 in zwei Studien für die Otto-Brenner-Stiftung analysiert. Darin rät er, nicht in die Ausgrenzungsfalle zu tappen. Das bedeute aber auch nicht, "dass AfD-Politiker an jedem Forum teilnehmen müssen oder für Interviews genauso anzufragen sind wie alle anderen Politiker".

Journalistische Tugenden und klassisches Handwerkszeug

Und was aus seiner Sicht entscheidend ist, hat Gäbler damals auch schon geschrieben: "Notwendig ist kein eigener, speziell auf die AfD zugeschnittener Journalismus. Vielmehr ist die AfD lediglich eine neue Herausforderung, um sich alte journalistische Tugenden und das klassische Handwerkszeug erneut vor Augen zu führen."

Marcel Fürstenau Autor und Reporter für Politik & Zeitgeschichte - Schwerpunkt: Deutschland
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