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Politik

AfD: Eine Partei ringt mit sich selbst

Kay-Alexander Scholz Köln
22. April 2017

Die deutschen Rechtspopulisten wollen nicht so wie ihre Co-Vorsitzende Frauke Petry. Bei nationalistischen Themen kochen die Emotionen bei den Delegierten hoch. Von Kay-Alexander Scholz, Köln.

Deutschland Bundesparteitag der AfD in Köln
Bild: Reuters/W. Rattay

Damit hatte Frauke Petry nicht gerechnet. Der Parteitag hat der Frontfrau der deutschen Rechtspopulisten die Gefolgschaft versagt. Sie wollte eine grundsätzliche Strategiedebatte erzwingen, die Delegierten in Köln wollten das mehrheitlich nicht. Die 41-Jährige hat sich verzockt.

Nachdem klar wurde, dass man sich mit ihrem Strategie-Antrag nicht einmal befassen wollte, klappte die Parteivorsitzende den vor ihr liegenden Aktenordner zu, sie wurde blass, ihr Blick ging in die Ferne. Dann versank sie in ihrem Stuhl auf dem Podium und tippte nur noch auf ihrem Handy herum. Erst einige Reden später hatte sie sich wieder gefangen. Dann trat sie vor die Presse.

Die Journalisten tuschelten schon über einen möglichen Rücktritt. Doch diese Prophezeiungen erfüllte Petry nicht, vielleicht noch nicht? Sie bezeichnete die Ablehnung ihres sogenannten Zukunftsantrags durch den Parteitag als eine "folgenreiche Entscheidung". In den folgenden Monaten werde sie sich die Partei genau anschauen. Ende offen, soll das wohl heißen. Gerüchte machten die Runde, sie wolle eine eigene Partei gründen. Ihre kürzlich getroffene Entscheidung, nicht als Spitzenkandidatin für den Bundestagswahlkampf anzutreten, sei nun umso richtiger, sagte Petry. Die erste Reihe überlasse sie anderen, die offensichtlich besser mit den inneren Zerwürfnissen der Partei umgehen könnten.

"Delegierte disziplinierter als Parteiführung"

In ihrem "Zukunftsantrag" hatte Petry zwei antagonistische Lager in der AfD beschrieben: Realpolitiker wie sie und Fundamentaloppositionelle wie die Thüringer und Brandenburger AfD-Chefs Björn Höcke und Alexander Gauland. Viele hatten schon im Vorfeld kritisiert, diese Unterscheidung sei künstlich und der Zeitpunkt, diese Lager zu benennen, falsch. Petry hatte dagegen gehalten, sie wolle einer Radikalisierung in der Partei vorbeugen. Hier hätten Vorläufer der AfD in Deutschland immer wieder Fehler gemacht. Weil Petry wohl gemerkt hatte, dass eine Mehrheit für sie knapp werden könnte, hatte sie zum Auftakt des Parteitags noch Kompromissbereitschaft signalisiert.

Während es im Gebäude eher gemächlich zuging...Bild: Reuters/W. Rattay

Doch die Gemengenlage rund um den Antrag war verwirrend. Steckt dahinter doch ein persönlicher Machtkampf Petry gegen Höcke? Wenige Monate vor der Wahl wollten die knapp 600 Delegierten so eine Diskussion nicht führen. Die AfDler wollten sich nun einmal mit dem Wahlprogramm beschäftigen und nicht mit Dingen, die spaltend wirken könnten, sagte Leif-Erik-Holm, AfD-Vorsitzender in Mecklenburg-Vorpommern der Deutschen Welle. Die Delegierten aus den Orts- und Kreisverbänden der Partei seien derzeit wohl disziplinierter als Teile der Parteiführung.

Mit Überfremdungsängsten und Vaterlandsappellen in den Wahlkampf

Doch ihre Vorsitzende haben die Delegierten beschädigt - und vielleicht nicht nur dies. Welche Folgen das in der Außenwirkung für die AfD haben wird, ist nicht absehbar. Nicht nur im Bund wird in den kommenden Monaten gewählt, auch in zwei Bundesländern.

...protestierten rund um das Tagungshotel Tausende gegen die AfD und Rechtspopulismus.Bild: picture alliance/dpa/O.Berg

Jeder Konflikt hat Verlierer und Gewinner. Petrys Partner an der Parteiführung, Jörg Meuthen, ist schon jetzt Gewinner des Parteitags. Der Co-Vorsitzende aus Baden-Württemberg ist bekannt für seine Reden, die die AfDler mitreißen. Er bewies es auch heute erneut. Wenn er Samstagmittag durch seine Heimatstadt laufe, sehe er kaum noch Deutsche, erzählt er. Deutschland heute habe kaum noch etwas mit dem Land zu tun, in dem er aufgewachsen sei. Der Point of no return sei schon erreicht - Deutschland auf dem Weg zu einem muslimischen Land? Immer wieder applaudieren die Delegierten. Es sei Bürgerpflicht, das eigene Land, von den Großeltern und Eltern geerbt, an die eigenen Kinder und Kindeskinder weiterzugeben.

Da kochte der Saal, der emotionalste Moment unter den Delegierten. Das Thema Migration - erweitert um die Dimensionen Vaterlandsverteidigung und Kulturraumschutz - ist noch immer das Thema, das die AfD am stärksten bewegt. Das sind Parallelen zum Front National und den in Frankreich debattierten Theorien vom angeblichen Bevölkerungsaustausch. Meuthen sprach davon, "Deutschland nicht preiszugeben, sondern zurückzuerobern". Das müsse den Wählern vermittelt werden. Und damit hat Meuthen wohl den Tonfall für den Wahlkampf der AfD vorgegeben.

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