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Politik

Streit über UN-Migrationspakt

6. November 2018

In Berlin streitet die Groko erneut über Flüchtlingspolitik. Anlass ist die von der AfD entfachte Debatte über den UN-Migrationspakt im Bundestag. Dabei ist das internationale Regelwerk rechtlich nicht bindend.

Deutschland Familiennachzug - Migration
Bild: picture-alliance/R. Geiss

Ein neuer Streit über Migration hat den Bundestag erreicht. Eine Parlamentsdebatte war eigentlich nicht geplant, um über den UN-Migrationspakt zu diskutieren, der am 10. Dezember in Marokko unterzeichnet werden soll. Doch wenig überraschend hat nun die AFD das Thema auf die Agenda gebracht. Als sich das abzeichnete, schlug auch Jens Spahn Alarm.

Der CDU-Gesundheitsminister und potentielle Kandidat für die Nachfolge von Angela Merkel beim Parteivorsitz ließ in der "Welt am Sonntag" wissen: "Die Debatte um den Migrationspakt steht in der Bundestagsfraktion noch aus." Auch einzelne CDU-Abgeordnete äußern mittlerweile Unmut darüber, dass sie von einem Thema überrascht wurden, das seit Monaten vom Auswärtigen Amt verhandelt und von der Kanzlerin aber längst als beschlossene Sache angesehen wurde.

"Kommunikative Hoheit"

Der Vorsitzende der CSU-Landesgruppe Alexander Dobrindt sieht darin ein kommunikatives Versäumnis des SPD-geführten Außenministeriums von Minister Heiko Maas. Dieser sei federführend in der Verhandlung des Dokuments. Doch es sei "ganz offensichtlich versäumt worden", den Inhalt und die Intention sachlich zu kommunizieren. Dobrindt beklagt, dass die Diskussion jetzt "parlamentarisch aufgefangen" werden müsse, damit man "nicht die kommunikative Hoheit verliert".

Um die geht es nämlich bei der Frage, zu was genau sich Deutschland da eigentlich verpflichten will. Dobrindt betont, dass keine der nicht bindenden Verpflichtungen, die aus dem Dokument hervorgehen - von Menschenrechten bis hin zur Gleichbehandlung beim Empfang von Sozialleistungen  -  über die jetzige Rechtslage in Deutschland hinausgehen würden. Deutschland habe schon einen der höchsten Standards in der Welt.

Vielmehr gehe es darum, dass Deutschland "das grösste Interesse" daran habe, "dass wir uns international über Fragen von Migration, Vermeidung illegaler Migration und Fluchtursachenbekämpfung unterhalten", erklärt der sichtlich von der Debatte genervte Dobrindt versammelten Journalisten am Dienstag. Aus der deutschen Perspektive habe man die Debatte um Migration auf die internationale Agenda bringen wollen. Denn mit weltweit 70 Million Menschen auf der Flucht sei die Herausforderung längst Fakt, und es gehe darum, das Thema auch international anzugehen.

Dobrindt: Internationale Abstimmung ist hilfreichBild: picture-alliance/dpa/G. Fischer

"Gefährdung der nationalen Souveränität"

Das sieht die AFD anders und macht auf allen Kanälen mobil gegen den UN-Migrationspakt als "Gefährdung der nationalen Souveränität". In einem Antrag warnt die Fraktion, "der weltweite Pakt für sichere, geordnete und regulierte Migration sei darauf ausgerichtet, die demokratisch legitimierte Asyl-, Einwanderungs- und Ausländerpolitik unter einen internationalen politischen Vorbehalt zu stellen."

Am Dienstag präsentierte die AfD-Fraktion hierzu ein eigenes rechtliches Gutachten, das vor einer künftigen rechtlichen Bindung warnt. Dabei findet sich gleich unter Punkt 7 des UN-Migrationspakts die Einschränkung, dass dieser "Rahmen zur Kooperation" eben "nicht rechtlich bindend" sei.

Flüchtlinge oder Fachkräfte

Dennoch sprechen sich jetzt auch einige CDU-Abgeordnete gegen den Pakt aus. Der CDU-Innenexperte Marian Wendt ist einer von ihnen. Am Dokument selbst kritisiert er vor allem die fehlende Unterscheidung zwischen Flucht- und Arbeitsmigration.

Doch vor allem ist er über die schlechte Kommunikation verärgert. Man habe es versäumt, deutlich über den Migrationspakt zu kommunizieren, "und dann kommt die AfD mit irgendwelchen Falschbehauptungen, die totaler Nonsens sind, aber die beharren darauf erstmal, weil wir nicht entsprechend dagegen argumentieren können."

Während die CDU/CSU Fraktion sich von der AFD kalt erwischt fühlt, fürchtet die Grünen-Abgeordnete Filiz Polat einen "vermeintlichen Richtungsstreit in der CDU mit diesem Thema". Dabei sei der Migrationspakt ein "Erfolg für den Multilateralismus und damit auch ein klares Signal gegen den grassierenden Nationalismus, beispielsweise eines Donald Trump oder Viktor Orban".

Die haben sich bereits gegen den Pakt gestellt - nach den USA und Ungarn hat auch Österreich angekündigt, den Pakt nicht zu unterschreiben. Die Debatte in Deutschland wurde dadurch erst befeuert - jetzt droht ein nicht bindender UN-Pakt, der Deutschland in der Rolle des Problemlösers entlasten sollte, zum nächsten Richtungsstreit beim Thema Migration zu werden.

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