AfD gegen Steuergeld für Demokratie-Programme
28. Juni 2025
Deutschland versteht sich als wehrhafte Demokratie. Aus der Erfahrung mit Nationalsozialismus und Diktatur heraus fördert der Staat seit Jahrzehnten Programme und Organisationen, die Extremismus vorbeugen und zivilgesellschaftliches Engagement stärken sollen.
Doch die Alternative für Deutschland AfD stellt diese Programme infrage. Sie fordert, Fördergelder für Demokratie-Projekte zu streichen. Zur Einordnung: Die Partei ist nach Einschätzung des Verfassungsschutzes teilweise "gesichert rechtsextrem".
Bundestag debattiert über AfD-Gesetzentwurf
"Die Gefährdung des demokratischen Prozesses durch die Einflussnahme staatlich geförderter Akteure kann nur ausgeschlossen werden, indem solche finanzielle Förderung gesetzlich verboten wird." Dieser Satz steht in einem Gesetzentwurf der AfD, über den der Bundestag am vergangenen Freitag erstmals debattiert hat.
Der AfD-Abgeordnete Sergej Minich stört sich besonders an dem langjährigen Bundesprogramm "Demokratie leben!", das seinen Angaben zufolge allein aus dem Familienministerium 182 Millionen Euro erhalten haben soll. Unterstützt wird zum Beispiel die Amadeu-Antonio-Stiftung, die sich gegen Rassismus und Antisemitismus engagiert. Namensgeber ist ein Angolaner, der 1990 in Eberswalde (Brandenburg) von Rechtsextremisten getötet wurde.
"Beeinflussung der Wähler durch NGOs"
Auch das Deutsche Institut für Menschenrechte ist Minich und seiner Fraktion ein Dorn im Auge. Sein Vorwurf: Es setze sich offen für ein AfD-Verbot ein und erhalte "als Dankeschön" über fünf Millionen Euro. Im nun eingebrachten Gesetzentwurf heißt es: "Es liegt auf der Hand, dass die Beeinflussung der Wähler durch vermeintliche 'Nicht-Regierungsorganisationen', welche von der Regierung (mit-)finanziert werden, unter demokratietheoretischen Gesichtspunkten in hohem Maße bedenklich ist."
Diese Befürchtung sei nicht nur theoretischer Natur, betont die AfD. Als Beleg dienen ihr die deutschlandweiten Proteste, nachdem die Unionsparteien CDU und CSU im Bundestag kurz vor der Bundestagswahl am 23. Februar gemeinsam mit der Rechtsaußen-Partei für einen schärferen Kurs in der Migrationspolitik gestimmt haben.
CDU/CSU sieht Verstoß gegen das politische Neutralitätsgebot
Zu den Protesten aufgerufen hatten so unterschiedliche Organisationen wie "Omas gegen Rechts", der Bund für Umwelt und Naturschutz (BUND) oder "München ist bunt". Die Union sah darin einen Verstoß gegen das politische Neutralitätsgebot staatlich geförderter Organisationen und Projekte. Deshalb wollte sie von der damaligen Bundesregierung aus Sozialdemokraten (SPD), Grünen und Freie Demokraten (FDP) wissen, wer in welchem Umfang gefördert wird.
Die Antwort fiel aus Sicht der CDU/CSU-Fraktion unbefriedigend aus: "Die Bundesregierung weist darauf hin, dass es nicht ihre Aufgabe ist, allgemeine Informationen über die Aktivitäten und Kontakte von Organisationen zu sammeln, zu überwachen oder zu bewerten." Außerdem wurde ein im Parlament weit verbreiteter Konsens betont: "Die Wichtigkeit der Aufgabe, Hass und Hetze entgegenzutreten und die freiheitlich-demokratische Grundordnung zu stärken, wurde auch im Deutschen Bundestag immer wieder hervorgehoben."
"Extreme Fälle von parteipolitischer Ausrichtung"
Doch obwohl über den Schutz der Demokratie weitgehend Einigkeit besteht, ist die konkrete Umsetzung von Förderprogrammen politisch umstritten. In der Debatte über den AfD-Gesetzentwurf zum Verbot staatlicher Unterstützung für Nicht-Regierungsorganisationen rechtfertigte die CDU-Abgeordnete Melanie Bernstein die Haltung ihrer Fraktion: "Wir haben dabei natürlich auch extreme Fälle von parteipolitischer Ausrichtung beziehungsweise den Wahlkampf gegen uns explizit im Auge gehabt." Damit meinte sie die Proteste gegen die Unionsparteien, ohne den Anlass zu erwähnen: die gemeinsame Abstimmung der CDU/CSU mit der AfD im Bundestag.
Damals wurde viel darüber gestritten, ob mit diesem Schulterschluss die Brandmauer gegenüber der AfD eingerissen worden sei. Diesem Eindruck versuchte Bernstein entgegenzutreten: Es müssten berechtigte Fragen gestellt, Antworten gegeben und Konsequenzen gezogen werden. Aber darum gehe es den Abgeordneten der AfD mit ihrem Gesetzentwurf nicht: "Auch wenn sie, taktisch nicht ganz ungeschickt, CDU und CSU als Opfer einer politischen Kampagne erwähnen."
"Eine Anfrage, die genauso von der AfD hätte kommen können"
Die Linken-Abgeordnete Tamara Mazzi warf der Union hingegen vor, mit ihrer damaligen parlamentarischen Anfrage Demokratie-Initiativen angegriffen zu haben. "Eine Anfrage, die genauso von der AfD hätte kommen können. Eine Anfrage, die es mit lobenden Worten in den Antrag der AfD geschafft hat." Beiden gehe es darum, Druck aufzubauen, Organisationen einzuschüchtern und kritische Stimmen zu delegitimieren, sagte Mazzi.
"Fördergelder werden gestrichen oder zur politischen Waffe gemacht. Aktive werden bedroht und angegriffen", sagte Mazzi. Der AfD machte sie wegen ihres Gesetzentwurfs schwere Vorwürfe: "Sie faseln von Neutralität, aber nehmen gerade die ins Visier, die sich gegen Faschismus und für Demokratie einsetzen." Deshalb will sich die Linke im Bundestag weiterhin für ein Gesetz zur Förderung der Demokratie stark machen.
Von einem Fördergesetz für Demokratie ist keine Rede mehr
Das hatten auch schon SPD, Grüne und FDP vor, als sie bis November 2024 gemeinsam regierten. In ihren Koalitionsvertrag stand: "Zur verbindlichen und langfristig angelegten Stärkung der Zivilgesellschaft werden wir bis 2023 nach breiter Beteiligung ein Demokratiefördergesetz einbringen. Damit stärken wir die zivilgesellschaftliche Beratungs-, Präventions- und Ausstiegsarbeit sowie das Empowerment von Betroffenengruppen und werden sie vor Angriffen schützen."
Den Worten folgten dann aber keine Taten, es blieb bei der Ankündigung. Im Koalitionsvertrag der jetzt regierenden Unionsparteien und Sozialdemokraten kommt das Wort "Demokratiefördergesetz" erst gar nicht vor. Der SPD-Abgeordnete Felix Döring findet das bedauerlich und kündigte an, dass sich seine Fraktion weiterhin dafür einsetzen werde.