AfD-Reise nach Syrien: Hier ist es sicher!
6. März 2018Politiker der rechtspopulistischen Partei Alternative für Deutschland (AfD) reisen diese Woche durch Syrien. Sie wollen zeigen, wie sicher das Land ist, und damit belegen, dass man rund eine halbe Million syrische Flüchtlinge problemlos aus Deutschland zurück nach Syrien schicken könnte.
Am Dienstag posierten AfD-Mitglieder mit wichtigen Unterstützern des syrischen Präsidenten Baschar al-Assad und posteten Fotos von westlich gekleideten Frauen in Damaskus in den sozialen Medien.
Die siebenköpfige Reisegruppe besteht sowohl aus Bundestagsmitgliedern als auch aus Abgeordneten aus dem Landtag Nordrhein-Westfalen. Neben Damaskus planen die Männer, auch Homs und Aleppo zu besichtigen - alles Gegenden, die größtenteils vom Assad-Regime kontrolliert werden.
Helmut Seifen, der stellvertretende Fraktionsvorsitzende der AfD im nordrhein-westfälischen Landtag, sagte der DW, dass die Politiker die Reise unternehmen, um festzustellen, "ob da überall Krieg herrscht, oder ob es auch sichere Gegenden gibt". Er betonte, dass es sich um eine Privatreise handelte, aber dass die AfD davon ausgeht, nach Ende der Reise am Freitag einen Bericht zu erhalten. Seifen sagte außerdem, dass die Abgeordneten wahrscheinlich nur an "sichere Orte" reisen würden.
Kein Vertrauen in deutsche Medien bei der AfD
"Da die mediale Berichterstattung in Deutschland keine vertrauenswürdige Möglichkeit zur Einschätzung der tatsächlichen Situation in Syrien darstellt, ist das Ziel der Reise, sich vor Ort ausführlich über die humanitäre Situation und die Wiederaufbauarbeiten in den von den Terroristen befreiten Gebieten zu erkundigen", heißt es in einer Stellungnahme, die vom Spiegel zitiert wird.
"Wir werden Bildungseinrichtungen besuchen und mit Vertretern der vielen Glaubensgemeinschaften reden", sagte Christian Blex, Abgeordneter der AfD im Landtag Nordrhein-Westfalen, vor der Reise in einem Interview mit dem rechtspopulistischen Magazin Compact Online. "Wir werden auch mit Regierungsvertretern sprechen."
Blex gehörte zu einer Gruppe mehrerer AfD-Politiker, die im Februar die von Russland annektierte Halbinsel Krim bereisten. Die Politiker sprachen sich gegen die Sanktionen des Westens gegen Russland aus. Sie waren über Moskau angereist, was von der ukrainischen Regierung als illegal angesehen wurde. Sowohl aus Kiew als auch aus Berlin gab es heftige Kritik an dieser Reise.
Treffen mit Assad-Anhängern
Die AfD-Politiker trafen sich zwei Stunden lang mit dem syrischen Großmufti Ahmed Hassun. Bei dem Treffen soll Hassun syrische Flüchtlinge ermutigt haben, wieder nach Hause zurückzukehren.
Christian Blex schrieb auf Twitter versehentlich, dass sich Hassun für eine "Trennung von Religion und Kirche" einsetze. Gemeint war die Trennung von Religion und Staat.
Der Großmufti ist ein Anhänger von Staatschef Baschar al-Assad. Der Geistliche hatte 2011 damit gedroht, Syrien werde im Falle einer westlichen Intervention Selbstmordattentäter nach Europa und Amerika schicken.
Enge Jeans und saubere Flughäfen
Die AfD-Reisegruppe ließ nicht verlauten, unter welchen Kriterien sie die Sicherheit und humanitäre Situation während ihrer Reise beurteilen würde. Die Politiker äußerten sich aber überrascht über die Normalität in der von der Regierung kontrollierten syrischen Hauptstadt.
"Wir haben die schlimmen Bedingungen eines Lebens im Krieg in Deutschland erlebt und wir wissen, wieviel Leid das mit sich bringt. Wir waren überrascht, als wir gesehen haben, dass Menschen hier ihrem normalen Leben nachgehen", sagte Blex Reportern in Damaskus nach Angaben der staatlichen syrischen Nachrichtenwebsite Tishreen.
Vor der Ankunft in Damaskus zeigte sich Thomas Röckemann, Sprecher der AfD-Münster, überrascht über die Sauberkeit des Flughafens. Blex hob besonders die lebhafte Stadt hervor, und zwei junge Frauen, die er auf der Straße in Damaskus sah - in Jeans!
Einige syrische Beobachter hatten für die Einschätzung der AfD nur trockene Kommentare übrig. "Hey Leute, unsere Forderung, enge Jeans tragen zu dürfen, wurde erhört und das heißt, alle unsere Probleme sind gelöst", schreibt der in Europa lebende syrische Journalist Yaacob Kaddoury auf Facebook. "Lasst uns zurück nach Hause gehen! Wie auch immer das dann ausgehen mag."
Ärger bei der deutschen Opposition
Mehrere grüne Bundestagsabgeordnete äußerten sich wütend über die AfD-Reise nach Syrien. Der stellvertretende Grüne Bundestagsfraktionsvorsitzende Konstantin von Notz bezeichnete die AfD-Politiker auf Twitter als "Assad Fanboys".
Der Grüne Abgeordnete Omid Nouripor äußerte sich auf Twitter wütend über die Heuchelei der Reisegruppe, die sich nur wenige Kilometer von Tod und Zerstörung entfernt aufhalte.
Laut Seifen hatte die AfD-Gruppe im Vorfeld das Außenministerium über die Reise nach Syrien informiert. Aber ein Sprecher sagte dem Nachrichtenportal T-Online, dass das Ministerium von der Reise nichts gewusst habe. Die Reisewarnung des Auswärtigen Amtes gilt unverändert.
AfD will Flüchtlinge zurückschicken
Im ersten Antrag, den die AfD nach ihrem Einzug in den Bundestag 2017 stellte, forderte sie die deutsche Regierung auf, Syrien als sicheres Herkunftsland einzustufen. Die rechten Abgeordneten rechtfertigten ihre Forderung damit, dass der Krieg in Syrien fast vorbei sei. Berlin solle sofort Gespräche mit Assad aufnehmen, damit Deutschland syrische Flüchtlinge so schnell wie möglich zurückschicken könne - natürlich nur in "sichere Gebiete" in Syrien.
Viele der syrischen Flüchtlinge, die zurzeit in Deutschland leben, flohen aus Angst, in die Armee eingezogen zu werden, oder weil sie sich gegen das Regime gestellt hatten. Sie fürchten bei einer erzwungenen Rückkehr um ihr Leben.
Mitarbeit von Wesley Dockery