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Warum die AfD Jungwähler in Deutschland anzieht

24. September 2024

Immer mehr junge Menschen in Deutschland wählen die radikal rechte AfD. Experten sagen: Grund dafür ist eine Mischung aus Zukunftsangst und Enttäuschung.

Parteien in Deutschland zur Wahl - Wahlzettel mit Stift
Bei den Landtagswahlen in Ostdeutschland hat die AfD zuletzt besonders bei Wählern zwischen 18 und 24 Jahren stark abgeschnitten.Bild: DesignIt/Zoonar/picture alliance

Als die AfD im Jahr 2013 gegründet wurde, hatte sie das Image einer Altherren-Partei: graumelierte Anzugträger, Professoren, Unternehmer. Männer fortgeschrittenen Alters, die gegen die Finanzpolitik und die Europapolitik unter Bundeskanzlerin Angela Merkel wetterten.

Davon ist elf Jahre später kaum etwas geblieben. Angela Merkel ist nicht mehr Bundeskanzlerin, und die AfD hat sich drastisch gewandelt. Sie hat sich radikalisiert. Aber sie hat sich auch stark verjüngt. Und das wurde in den vielen Wahlkämpfen in Deutschland im Jahr 2024 sichtbar.

Mit massiven Kampagnen hat die migrationsfeindliche Alternative für Deutschland, AfD, um die Stimmen junger Menschen gekämpft. Zum Beispiel im Bundesland Thüringen: Da organisierte der AfD-Landesvorsitzende Björn Höcke zum Wahlkampfabschluss eine Motorradrallye. Seine Anhänger knatterten auf bei Jugendlichen beliebten ostdeutschen Mofas der Firma "Simson" auf qualmenden und stinkenden Zweirädern durch die Städte und Dörfer. Begleitet wurde die Aktion von einer professionell abgestimmten Kampagne auf TikTok, Instagram und anderen sozialen Medien. Und auch andere Medien berichteten.

Der Parteinachwuchs der AfD: junge Wahlkämpfer mit radikalen Kampagnen.Bild: Sebastian Kahnert/dpa/picture alliance

AfD erreicht Jugendliche auf Social Media

Die AfD beschäftigt zahlreiche PR-Experten aus ihrem rechten "Vorfeld", wie sie oftmals rechtsextreme Gruppen nennt, die sich um die Partei geschart haben. Das befeuert mit emotionalen und polarisierenden Kampagnen die Stimmung in den sozialen Medien.

Mit provokanten Botschaften wie: "Die Ampelregierung hasst Dich" oder "Deutschland geht pleite" bedienen sie Ängste, die viele junge Menschen haben. Und sie bieten dann gleich eine vermeintliche Lösung an:Die AfD.

Offensichtlich haben die Kampagnen Erfolg: Bei der Landtagswahl in Brandenburg am 22. September 2024 wählte fast jeder dritte Jugendliche die AfD. Zum Vergleich: Vor drei Jahren bei der Bundestagswahl wählten noch rund 50 Prozent der jungen Menschen die Parteien der sogenannten Ampelregierung, also Grüne, Liberale (FDP) und Sozialdemokraten (SPD).

Jugendforscher Klaus HurrelmannBild: privat

"Diese drei Parteien haben in den Augen der Jugendlichen versagt", erklärt Klaus Hurrelmann in einem Interview mit dem Deutschlandfunk. Hurrelmann ist einer der renommiertesten Jugendforscher in Deutschland. In regelmäßigen Abständen führt er wissenschaftliche Befragungen mit jungen Menschen durch und analysiert ihre Einstellungen, Ansichten und ihr Lebensgefühl. "Sie haben es nicht geschafft die eigenen Themen rüberzubringen: Klima, Bildung, Wohlstand, Frieden."

Pessimistischer Blick in die Zukunft

Entscheidend sei, das sich die amtierende Bundesregierung als handlungsunfähig präsentiere, so Hurrelmann im Deutschlandfunk. "Junge Leute sind pragmatisch: sie wollen eine Regierung, die die Probleme anpackt und löst. Und da ist jetzt eine Partei, die ihnen das Blaue vom Himmel verspricht und sagt: "Wählt uns!" Und das sei die AfD.

Zur Enttäuschung kommt aus Sicht der Wissenschaftler Zukunftsangst. Das zeigt die neueste "Trendstudie", die Hurrelmann im Frühjahr 2024 vorgestellt hat. Danach blicken viele Jugendliche und junge Erwachsene pessimistisch in die Zukunft. Sie sorgen sich vor dem sozialen Abstieg, vor Krieg oder aber auch davor, keine Wohnung zu finden. Erstaunlich ist das Ergebnis deshalb, weil die Job-Aussichten für den Nachwuchs in Deutschland schon lange nicht mehr so gut waren wie heute. Denn mit dem Renteneintritt der geburtenstarken Jahrgänge sind ihre Arbeitsmarktchancen hervorragend.

Stadt-Land-Gefälle in Ostdeutschland groß

Warum ist die AfD aber vor allem in Ostdeutschland so erfolgreich? Das hängt nach Einschätzung des Soziologen Steffen Mau von der Humboldt-Universität Berlin mit einem ausgeprägten Stadt-Land-Gefälle zusammen. In seinem Buch "Ungleich vereint" analysiert er: "Im Osten liegen viel größere Welten zwischen jungen Menschen in der Stadt und ihren Altersgenossen auf dem Land." Außerhalb der urbanen Zentren dominiere die AfD, so Mau. "Die Stadt-Land-Kluft könnte, so sieht es derzeit aus, in Ostdeutschland entscheidend für die Spaltung der Gesellschaft sein."

Alarmierend ist nach Einschätzung vieler Experten, dass die AfD und ihre Nachwuchsorganisation in ihren Kampagnen immer offener rassistisch und radikal auftreten. Auf der Wahlparty der AfD in Brandenburg sangen Anhänger der Parteijugend laut und ausgelassen ein selbst umgetextetes Schlager-Techno-Lied: "Wir schieben sie alle ab!", grölte die tanzende Gruppe. In einem Video zum Song bedienen die Macher rassistische Klischees von bedrohlichen dunkelhaarigen und dunkelhäutigen Fremden, die Deutschland gefährden - und inszenieren sich gleichzeitig als blonde, strahlende und sexy Retter Deutschlands, die Migranten mit dem Flugzeug abschieben..

Solche menschenfeindlichen Inszenierungen sind offenbar auch bei jungen Menschen immer anschlussfähiger. "Rechtsextremistische, nationalistische und autoritäre Positionen haben zugenommen", erläutert Klaus Hurrelmann. Trotzdem bilden sie, wenn man die gesamte Gesellschaft betrachtet, nach wie vor eine Minderheit. Das unterstreicht eine Studie der Universität Leipzig aus dem Jahr 2023. Danach hat nur ein sehr kleiner Teil der Menschen in Ostdeutschland ein gefestigtes rechtsextremes Weltbild.

TikTok-Erfolg der AfD bereitet Sorgen

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Einig sind sich alle Experten: einen prägenden Einfluss auf die politischen Einstellungen und das Wahlverhalten junger Menschen haben TikTok und Co: die sozialen Medien sind ihre wichtigste Informationsquelle. Und sie sind gleichzeitig ein Eldorado für rassistische, extremistische und weltverschwörerische Clips.

Was dagegen hilft? Philipp Sälhoff vom Berliner Think-Tank Polisphere sagt in einem Gespräch mit der DW: "Aufklärung. Medienbildung und Medienkompetenz sind ein Riesenthema - das muss in die Schulen, das muss in die Lehrpläne!"

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