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Politik

Afghanische Frauen sterben "Tod in Zeitlupe"

27. Juli 2022

Seit der Machtübernahme der Taliban ist die Lage von Frauen in Afghanistan desaströs. Doch auch Fehler der westlichen Mächte haben dazu beigetragen, wie ein neuer Bericht von Amnesty International beklagt.

Afghanistan Kabul | Frauen warten auf Brotausgabe
Frauen warten in Kabul auf Brotausgabe (Archivbild)Bild: ALI KHARA/REUTERS

In Afghanistan werden laut Amnesty International (AI) Frauen und Mädchen seit der Machtergreifung der Taliban im August 2021 in fast allen Lebensbereichen systematisch unterdrückt und diskriminiert. Die Rechte von Frauen und Mädchen auf Bildung, Arbeit und Freizügigkeit würden immer stärker eingeschränkt, heißt es in einem neuen Bericht der Menschenrechtsorganisation. Die Frauen in Afghanistan stürben einen "Tod in Zeitlupe", zitiert der Bericht eine afghanische Journalistin. 

AI sieht Mitschuld des Westens

Ganz unbeteiligt sind westliche Länder an dieser Lage nicht, wie der Bericht aufzeigt: 2020 kam es zu einem Friedensvertrag zwischen den USA und den Taliban. Dort wurde der Rückzug der US- sowie der NATO-Truppen vereinbart. Was Amnesty jedoch anprangert: Die Wahrung von Frauenrechten war kein Teil des Vertrages. Die Taliban sollten lediglich der militant-islamistischen Gruppierung Al-Kaida keine Rückzugsmöglichkeit in Afghanistan gewähren. 

Der Friedensvertrag sei größtenteils unter Ausschluss von Frauenrechtlerinnen vereinbart worden, kritisiert Amnesty. Den Preis zahlen jetzt, nach der Machtübernahme der Taliban, Frauen und Mädchen in Afghanistan.

Afghanistans Frauen sollen wieder Burka tragenBild: Ahmad Sahel Arman/AFP

"In weniger als einem Jahr seit der Machtübernahme der Taliban in Afghanistan hat deren drakonische Politik Millionen Frauen und Mädchen ihres Rechtes auf ein sicheres, freies und erfülltes Leben beraubt", erklärte die Generalsekretärin von Amnesty International, Agnès Callamard. Fast in jedem Bereich ihres Lebens mache sich das Repressionssystem bemerkbar. "Jedes alltägliche Detail - ob sie zur Schule gehen, ob sie arbeiten, ob und wie sie das Haus verlassen - wird kontrolliert und massiv eingeschränkt." 

Amnesty für Druck auf die Taliban

Amnesty International fordert die Taliban zu einem Politikwechsel auf. Zudem sollten weltweit alle Regierungen und internationale Organisationen, darunter die Vereinten Nationen, dringend eine effektive und koordinierte Strategie entwickeln, um die Islamisten unter Druck zu setzen. Möglich seien Sanktionen wie Einreisesperren.

Schulbesuch nicht mehr möglich

Die Mehrzahl der Mädchen über zwölf darf seit knapp einem Jahr keine Schule besuchen. Die für März versprochene Öffnung der Sekundarschulen wurde am angekündigten Öffnungstag von den Taliban mit Verweis auf technische Probleme zurückgenommen. An den Universitäten sind Frauen laut dem Amnesty-Bericht aufgrund der Repression nicht mehr sicher. Viele hätten das Studium aufgegeben. 

Freiwillige unterrichten in der Provinz Kandahar Mädchen, denen von den Taliban der Schulbesuch untersagt wurdeBild: Mohammad Noori/AA/picture alliance

Die Verdrängung von Frauen aus dem Berufsleben stelle vor allem ein Problem in Familien dar, in denen Frauen bisher die Alleinverdienerinnen waren. Frauen, die gegen die Verhältnisse protestieren, würden verschleppt und gefoltert. Die Zahl der Kinder- und Zwangsehen habe signifikant zugenommen, kritisiert die Menschenrechtsorganisation. Auch die Bewegungsfreiheit von Frauen haben die Taliban eingeschränkt: Frauen dürfen weitere Reisen nur noch in Begleitung eines männlichen Angehörigen unternehmen. 

Für den Bericht befragten Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter 90 afghanische Frauen und elf Mädchen zwischen 14 und 17 Jahren in 20 der 34 afghanischen Provinzen. 

qu/wa (dpa, epd, kna)

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