Afghanische Geflüchtete im Iran: Abschiebung ins Ungewisse
1. August 2025
Zahras Familie floh vor knapp 30 Jahren aus Afghanistan in den Iran. Heute lebt die 23-Jährige in ständiger Angst, abgeschoben zu werden. Sie ist verheiratet und hat eine kleine Tochter. Ihr Mann, auch aus Afghanistan geflohen, arbeitet auf den Feldern außerhalb einer Stadt. "Er kann jederzeit auf dem Weg zur Arbeit oder nach Hause verhaftet und nach Afghanistan abgeschoben werden, wie so viele andere", sagt Zahra. Laut den Vereinten Nationen wurden in den letzten Monaten 1,35 Millionen afghanische Geflüchtete gezwungen, den Iran zu verlassen. Viele von ihnen wurden verhaftet und abgeschoben, andere kehrten aus Angst vor willkürlichen Verhaftungen freiwillig zurück.
Zahra ist im Iran geboren und dort aufgewachsen. Trotzdem besitzt sie nur eine befristete Aufenthaltserlaubnis. "Ich stehe im Familienpass meiner Eltern, der bis September gültig ist", erzählt sie. Dieser Pass wird regelmäßig kontrolliert und alle sechs Monate verlängert.
Unabhängig davon, wie lange afghanische Geflüchtete im Iran leben - manche bereits in zweiter oder dritter Generation - erhalten sie keine iranische Staatsbürgerschaft. Seit über 40 Jahren fliehen Menschen aus Afghanistan vor Krieg, Armut und nun vor der Herrschaft der Taliban. Viele von ihnen suchen zunächst Zuflucht in Nachbarländern wie dem Iran oder Pakistan. Dort jedoch zählen sie häufig zu den ersten Opfern, die für soziale Probleme und staatliches Versagen verantwortlich gemacht werden.
Willkürlich verhaftet und abgeschoben
Nach dem zwölftägigen Krieg zwischen Iran und Israel im Frühjahr 2025 haben die iranischen Behörden eine großangelegte Abschiebekampagne gegen sogenannte "illegale Einwanderer" gestartet. Wenn von "illegalen Einwanderern" die Rede ist, sind fast immer afghanische Geflüchtete gemeint. Der Ton gegenüber Afghanen in den staatlichen Medien hat sich deutlich verschärft. Immer wieder wird ihnen vorgeworfen, Israel als Spione unterstützt zu haben.
Doch ein Blick auf die offiziellen Statistiken zeigt: Von mehr als 700 wegen Spionageverdachts festgenommenen Personen hatten lediglich 16 die afghanische Staatsbürgerschaft.
Als Reaktion auf die Abschiebekampagne haben mehr als 1.300 iranische und afghanische Aktivisten, Journalisten, Künstler und Bürger einen offenen Brief an die iranische Regierung verfasst. Sie fordern ein sofortiges Ende der Repressionen gegen afghanische Geflüchtete, die willkürlich verhaftet und abgeschoben werden. Sie rufen gleichzeitig die iranische Bevölkerung dazu auf, sich gegen diese Angriffe zu stellen, damit ihr Schweigen nicht als Komplizenschaft gewertet wird.
Flüchtlinge beklagen sich jedoch seit Langem über systematische und zunehmend verschärfte rassistische Haltungen in der Gesellschaft, die nun auch von den Behörden zusätzlich angeheizt werden.
Die anhaltend negative Berichterstattung schiebt Geflüchteten die Verantwortung für soziale und wirtschaftliche Probleme zu und trägt so dazu bei, dass sich benachteiligte Teile der Gesellschaft gegen die Schwächsten wenden. Zahra erinnert sich daran, dass sie als Geflüchtete mit Papieren nicht einmal einen Platz in der Schule bekam, mit der Begründung, es gebe nicht genug Plätze für Einheimische.
"Die Abschiebungen der letzten Monate erfolgten oft ohne Rücksicht auf internationale Standards", kritisiert der afghanische Menschenrechtsaktivist Abdullah Ahmadi. "Viele der Abgeschobenen wurden über Nacht an die Grenze gebracht - ohne Unterkunft, medizinische Hilfe oder ausreichend Nahrung. Manche mussten sogar selbst für die Fahrt bezahlen."
Unter den Rückkehrern sind auch zahlreiche Familien, die aus Angst vor willkürlichen Verhaftungen selbstständig nach Afghanistan zurückgekehrt sind. Viele von ihnen haben ihre ausstehenden Löhne oder die hinterlegten Kautionen für ihre Wohnungen nicht zurückerhalten.
Kooperation mit Taliban
Als Reaktion auf die zunehmende Kritik betonen die Behörden, dass sie bereits vor sechs Monaten alle "illegalen" Geflüchteten aufgefordert hätten, das Land zu verlassen. Nader Yarahmadi, der Leiter des Zentrums für Ausländer- und Flüchtlingsangelegenheiten im Innenministerium, erklärte Anfang Juli gegenüber der staatlichen Nachrichtenagentur IRNA: "Wir haben im März angekündigt, dass sich alle illegalen Migranten bis spätestens 15. Juli aus dem Land zurückziehen müssen."
Die gestiegene Zahl sogenannter illegaler Einwanderer aus Afghanistan nach der Machtübernahme der Taliban stelle eine enorme Belastung für die begrenzten Ressourcen des Landes dar. Im Januar reiste Außenminister Abbas Araghchi nach Kabul, um Kooperationen mit den Taliban zu vereinbaren - darunter auch zur Abschiebung der Geflüchteten.
Auch Irans Präsident Massoud Pezhikian erklärte im Juli, er sei "bereit, nach Afghanistan zu reisen, um ein neues Kapitel in den Beziehungen zwischen beiden Ländern aufzuschlagen". Diese Ankündigung wurde als mögliches Signal für eine Anerkennung der Taliban gewertet. Der Regierungssprecher betonte jedoch am 28. Juli in einer Pressekonferenz, die Aussage sei lediglich Ausdruck eines persönlichen Interesses gewesen, es gebe keine offizielle Reiseplanung.
Humanitäre Krise mit Ansage
Die massenhaften Abschiebungen haben in der afghanischen Gesellschaft zu wachsender Kritik am Iran geführt. "Die gegenwärtige Situation ist nicht günstig für eine diplomatische Reise", sagt Ahmad Ehsan Sarwaryar, Experte für internationale Beziehungen.
"In nur 40 Tagen wurden fast eine Million Menschen abgeschoben. Das überfordert die Grundversorgung im Westen Afghanistans." Sarwaryar unterstützt die Unterbringung von Rückkehrern in Herat und spricht von einer sich zuspitzenden humanitären Katastrophe.
Tatsächlich sind bereits fast 23 Millionen Menschen in Afghanistan auf humanitäre Hilfe angewiesen. Nun kommen Hunderttausende Rückkehrer hinzu, die kein Obdach, keine Arbeit und keine Zukunftsaussichten haben.
"Mein Plan war immer, nach der Schule nach Afghanistan zurückzukehren und dort zu studieren", sagt Zahra im Gespräch mit der DW. "Im Iran muss ich für das Studium bezahlen, weil ich keinen iranischen Pass habe. In Afghanistan kamen die Taliban im August 2021 an die Macht und zerstörten meine Träume."
Vier ihrer Freunde und Bekannten, die in den letzten Monaten mit ihren Familien aus dem Iran abgeschoben wurden, leben nun mit ihren kleinen Kindern gemeinsam in einem kleinen Haus – ohne Strom und mit kaum vorhandener Einrichtung. Zahra und ihre Familie wurden bereits vor 20 Jahren einmal gezwungen, den Iran zu verlassen. Nach einem kurzen Aufenthalt kehrten sie zurück. Die 950 Kilometer lange Grenze zu Afghanistan kann von den Behörden kaum kontrolliert werden.