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Gesellschaft

Afghanische Mädchen durchbrechen Cyber-Grenzen

Jennifer Collins | Storay Karimi
19. April 2017

In Afghanistan glauben viele noch, das Frauen nur ins Haus gehören. Doch zwei Schwestern wollen eine digitale Revolution starten - sie zeigen Mädchen das Programmieren und machen sie am Computer fit.

Global 3000 Frauen in Afghanistan | Digital Literacy
Bild: Digital Citizen Fund

In einem hellblauen Klassenzimmer sitzen junge Frauen in Gruppen an Computern, einige tippen, andere browsen Blogs über die neuesten Modetrends. Direkt vor der Tür, mitten im Herzen der lebendigen Stadt Herat, der drittgrössten Stadt Afghanistans, gehen die Menschen ihrem Alltag im Schatten der alten Festung und der mit blauen Kacheln geschmückten Moschee nach.

Nur wenig Monate zuvor wussten diese Teenager nicht einmal, wie man einen Computer anschaltet.

Heute können die Mädchen der Goharshad Begum High School auf Facebook und Twitter posten, eigene Blogs updaten und sogar selber programmieren.  

Möglich ist das dank der Organisation Digital Citizen Fund (DCF), die 2012 ein umfassendes Computer- Trainingsprogramm ins Leben gerufen hat. Die Idee dafür hatte eine Gruppe einheimischer Unternehmensgründerinnen. Diese Frauen sind Pioniere, die die Mädchenbildung in Afghanistan fördern - in einem Land, in dem viele Mädchen immer noch ihr Leben riskieren um zur Schule zu gehen.

Bild: Valerie Plesch

„Wir habe Filmprogramme, Gmail, Twitter und Viber gelernt,“ erzählt die Schülerin Hilai während sie an ihrem PC im belebten Computer-Raum arbeitet. „Es hat unser Verständnis und Wissen über Technologie erweitert.“

Die Veränderungen im Straßenbild von Kabul zeigen, dass es mit den Rechten von Frauen vorangeht in Afghanistan. Einige Frauen kleiden sich noch von Kopf bis Fuß in den taubenblauen afghanischen Tschador, doch viele andere tragen enge Röhrenjeans zu langärmligen Oberteilen, darüber Lederjacken und an den Füßen offene Sandalen, während sie, ihre Handtasche fest im Griff, zur Arbeit oder Schule eilen.

Emanzipation durch IT

Allerdings glauben besonders in den von Taliban kontrollierten Gegenden noch viele, dass der Platz der Frau am Herd – und nicht online ist. Die Schwestern Roya und Elaha Mahboob wollen das ändern und Frauen den Einstieg in den wachsenden Technologe-Sektor ermöglichen. Deshalb statten sie Mädchenschulen mit Computern und anderen Geräten aus, und zeigen den Mädchen wie man mit Computern umgeht.

„IT ist zur Zeit der wichtigste Berufszweig,’ sagt Elaha Mahnoob. Sie sitzt in ihrem hellen, luftigen Büro in Afghanistans Hauptstadt Kabul, immer ein Auge auf ihrem ständig klingelnden Smartphone. „Wir wollen Frauen durch IT emanzipieren, denn es ist für sie und ihre Zukunft wichtig ist.“

Bild: DW/J. Collins

Bisher hat die gemeinnützige Organisation DCF dreizehn Computer- und Programmierzentren in Herat and Kabul gegründet. Und sie haben es geschafft 55.000 Studentinnen online zu bringen - in einem Land wo die Alphabetisierungsrate von Frauen bei nur 18 Prozent liegt und Frauen in öffentlichen Internet-Cafés verbal belästigt werden. In den nächsten zwei Jahren plant DCF 5.000 Studentinnen in den Bereichen Finanz- und Digitale Kompetenz und Programmieren zu trainieren. Das eröffnet den jungen Frauen viele Möglichkeiten. 

„Sie lieben es, weil sie so in Verbindung bleiben können, sie können mit Freundinnen reden, ihre Ideen und Blogs teilen,“ sagt Mahboob. „Nach jedem unserer Trainings haben wir eine Veränderung in ihren Köpfen gesehen, und in ihrem Interesse an Computern. Einige haben beschlossen IT weiter zu studieren. Sie waren auf einmal viel besser verbunden mit anderen Teilen der Welt.“

Schulen werden bedroht

Elaha Mahboob und ihre Schwester Roya sind selber Teil dieser immer stärker verbundenen Welt. Ihre Familie floh während der sowjetischen Besatzung Aghanistans in den Iran. Sie blieben bis 2003, zwei Jahre nach dem Zusammenbruch des Taliban Regimes. Nach ihrer Rückkehr studierten die Schwestern Informatik an der Universität von Herat. In ihren Zwanzigern gründeten sie die IT-Beratungsfirma Afghan Citadel Software. Gegen die herrschende Konvention stellen sie fast nur Frauen ein. Zu ihren Kunden zählen inzwischen die Nato und zahlreiche afghanischen Ministerien.

Doch die Mahboob-Schwestern und alle, die im Cyber-Programm für Mädchen mitarbeiten, sind immer noch mit Widerstand und Rückschlägen konfrontiert. So brachten Drohanrufe und bedrohliche E-Mails eine der Trainerinnen im Computer-Kurs dazu, nicht weiter zu unterrichten. Aber die DCF-Pionirinnen lassen sich nicht aufhalten. Stattdessen bemühen sie sich, Eltern und lokalen Anführern die Angst zu nehmen, wenn es darum geht, Mädchen und Frauen mit Computern vertraut zu machen.

„Wir reden mit ihnen, um sie davon zu überzeugen, dass es nichts Schlechtes ist, sondern dass es ihren Töchtern nur helfen wird: es bereichert ihr Wissen und kann sogar eine finanzielle Hilfe sein,“ sagt Mahboob. Und diese Taktik scheint zu wirken. „Sie vertrauen uns und Ihren Töchtern immer mehr.“

Dieser Artikel wurde über das Innovation in Development Reporting Grant Programm des European Journalism Centre finanziert. 

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