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Afghanische Taliban vor Einnahme von Kundus

27. April 2015

Die Taliban stehen offenbar vor der Einnahme der Stadt Kundus. Auch in der gleichnamigen Provinz sind sie auf dem Vormarsch. Vor der Intervention des Westens war die Region eine Hochburg der radikalen Islamisten.

Afghanische Soldaten versuchen die Taliban zu stoppen (Foto: picture alliance)
Afghanische Soldaten versuchen die Taliban zu stoppenBild: picture-alliance/epa/G. Habibi

Der frühere Bundeswehrstandort Kundus in Nordafghanistan droht an die Taliban zu fallen und das nur rund eineinhalb Jahre, nachdem die deutschen Soldaten abgezogen sind. Taliban-Kämpfer seien bereits in den Bezirk Gul Tepa vorgedrungen, rund sechs Kilometer südlich des Stadtzentrums von Kundus, teilten Vertreter der Provinzregierung mit. In der Stadt sei schweres Artilleriefeuer der afghanischen Streitkräfte zu hören. Bei den Gefechten seien allein am Montag mindestens 30 Kämpfer und Soldaten getötet worden.

Auch in der gleichnamigen afghanischen Nordprovinz sind die Taliban auf dem Vormarsch. Viele Kämpfer der radikalen Islamisten haben nach Behördenangaben die Streitkräfte in schwere Gefechte verstrickt. "Etwa 2000 Aufständische kämpfen rund um das Zentrum des Bezirks gegen unsere Soldaten", sagte der Gouverneur des Bezirks Imam Saheb in der Provinz Kundus, Imamuddin Koraischi. Sollte nicht bald Verstärkung eintreffen, drohe der Bezirk an die Taliban zu fallen, warnte Koraischi. Die Taliban-Kämpfer attackierten Polizei- und Armeeposten.

Frühjahrsoffensive der Taliban

Bereits am Wochenende hatte es schwere Kämpfe in der Provinz gegeben. Erste Verstärkung für die Armee sei inzwischen eingetroffen und werde derzeit auf verschiedene Gebiete verteilt, sagte Provinzgouverneur Omar Safi. Er hatte schon vor Tagen eine zusätzliche Brigade von 3000 bis 4000 Soldaten angefordert. "Das ist die schlimmste Situation in Kundus seit 2002", warnte jüngst auch Vizegouverneur Hamdullah Daneschi. "Die Taliban sind stärker geworden und sie werden die gesamte Provinz erobern, wenn unsere Sicherheitskräfte nicht Unterstützung aus Kabul erhalten. Der Vorstoß ist offenbar Bestandteil der alljährlichen Frühjahrsoffensive der Taliban, der ersten seit dem Ende des NATO-geführten ISAF-Einsatzes in Afghanistan. Schon seit Jahren starten die Taliban-Kämpfer nach den kalten Wintermonaten eine Offensive, um ihre Macht am Hindukusch auszuweiten.

Angesichts der Lage in Kundus habe Präsident Aschraf Ghani eine Reise nach Indien verschoben, hieß es aus Regierungskreisen.

Afghanische Armee auf sich gestellt

Der Kampfeinsatz des Westens wurde zum Jahreswechsel nach 13 Jahren von der kleineren Mission "Resolute Support" abgelöst, die der Ausbildung und Unterstützung afghanischer Sicherheitskräfte dient. Basis dafür war ein Sicherheitsabkommen mit den USA. Vor der militärischen Intervention der NATO-geführten ISAF-Truppe war Kundus eine Hochburg der Islamisten. Die letzten Bundeswehrsoldaten verließen bereits im Herbst 2013 nach zehn Jahren die Unruhe-Provinz. Kundus war jahrelang der gefährlichste Einsatzort der Bundeswehr, wo zeitweise bis zu 1900 deutsche Soldaten stationiert waren. Nirgendwo anders seit dem Zweiten Weltkrieg wurden so viele deutsche Soldaten im Gefecht und bei Anschlägen getötet. Nach Angaben der Bundeswehr starben beim Einsatz in Afghanistan insgesamt 55 deutsche Soldaten. 35 sind durch Fremdeinwirkung gefallen, 20 durch sonstige Umstände gestorben.

Seit dem Abzug der Bundeswehr hat sich die Lage in Kundus immer weiter verschlechtert. Viele Afghanen hatten schon kurz nachdem die Deutschen den Stützpunkt verlassen haben den Abzug der Bundeswehr als verfrüht kritisiert und die Sorge geäußert, die Taliban könnten dann wieder Boden gutmachen.

qu/kle (rtr, dpa, APE, BW)

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