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Politik

Afghanistan-Lösung ohne Frauenrechte?

Nasim Saber
17. Dezember 2018

Würde ein Friedensabkommen mit den Taliban auf der Kosten der Frauen geschlossen? Solche Befürchtungen sind nicht von der Hand zu weisen.

Afghanistan Theateraufführung in zerstörtem Kino in Kabul
Bild: DW/H. Sirat

Die Gelegenheit für Friedensverhandlungen zwischen der afghanischen Regierung und den Taliban sei derzeit vielleicht günstiger als je zuvor, hatte Bundesaußenminister Heiko Maas Ende November in Genf bei einer UN-Konferenz erklärt. In der Tat wurden in den vergangenen Wochen vermehrte diplomatische Aktivitäten gemeldet, alle mit dem Ziel, die Taliban und die afghanische Regierung an den Verhandlungstisch zu bringen.

So hat der US-Afghanistanbeauftragte Zalmay Khalilzad nach seinen Angaben mehrere Treffen "mit allen beteiligten Afghanen" geführt; die Taliban bestätigten, im November dreimal mit ihm in Katar zusammengetroffen zu sein. Und in den vergangenen Tagen hat es nach Angaben der afghanischen Regierung sowie der Taliban in den Vereinigten Arabischen Emiraten ebenfalls Gespräche in verschiedenen Zusammensetzungen gegeben: Am Sonntag zwischen Vertretern der afghanischen Regierung sowie der USA und Pakistans, am Montag zwischen Vertretern der Taliban, Pakistans und Saudi-Arabiens, die VAE waren als Gastgeber an beiden Runden beteiligt.

Auslegungssache: Afghanische Verfassung und SchariaBild: DW

"Rechte nur im Rahmen der Scharia"

Viele einflussreiche Akteure scheinen auf eine Friedenslösung zu drängen. Wie aber wäre es um die Frauenrechte unter einer afghanischen Regierung mit Beteiligung der Taliban bestellt? Eine Antwort darauf gibt der frühere Talibanfunktionär Sayed Akbar Agha, der sich von Zeit zu Zeit zu einem möglichen Friedensschluss mit den Taliban äußert. Er sagte im Gespräch mit der DW in Kabul: "Ich glaube, dass die Taliban den Frauen ihre Rechte nur innerhalb der Scharia gewähren möchten. Sie werden ihnen nicht jene Rechte gewähren, die die Ausländer fordern. Die Taliban werden es nicht akzeptieren, dass die Schamlosigkeit in dieses Land einkehrt. So etwas gibt es schon jetzt, etwa gemeinsame Schulen für Jungen und Mädchen. Das werden die Taliban meiner Meinung nach niemals akzeptieren."

Auch der ranghöchste Taliban-Vertreter bei der Moskauer Afghanistan-Konferenz vom 10. November, Abbas Stanikzai, hatte gegenüber der Presse klargestellt: "Wenn die Welt erwartet, dass wir ihnen (Anm.: den Frauen) jene Rechte gewähren, die sie in Amerika oder im gesamten Westen haben, dann ist zu sagen, dass diese Rechte weder mit unserer Kultur und Tradition, noch mit unserer Religion vereinbar sind. Aber jene Rechte, die der Islam ihnen gewährt, so das Recht auf Bildung, Arbeit oder Besitz, werden wir ihnen gewähren."

Prominente Mudschahidin-Führer (im Bild neben dem Ex-Präsidenten Karsai) ideologisch nahe bei TalibanBild: Reuters/O.Sobhani

Islamistische Koalition wittert Chance zur Machtübernahme

Doch werden diese Rechte von den Taliban nicht konkretisiert und bewusst sehr allgemein formuliert. Vor allem stehen sie immer unter dem Scharia-Vorbehalt, der auch in der neuen Verfassung von 2004 enthalten ist. Dort heißt es in Artikel 3, dass "in Afghanistan […] kein Gesetz dem Glauben und den Bestimmungen der heiligen Religion des Islam widersprechen [darf]."

Besonders lautstark hatte sich der früher als Bindeglied zu den freiwilligen arabischen Kämpfern im Afghanistan-Krieg der 80er Jahre fungierende Abdulrab Rasul Sayyaf (2. v.r.) dafür eingesetzt, dass einerseits der Scharia-Vorbehalt in die Verfassung eingebracht wird und außerdem für alle Straftaten der Mudschahidin-Gruppen während des Bürgerkriegs der 1990er Jahre und danach eine Amnestie gilt.

Damit konnte eine starke islamistisch ausgerichtete Koalition aus früheren Mudschahidin-Führern ihre Position stärken. Ohne die diplomatische US-Intervention wäre sie möglicherweise schon nach den Präsidentschaftswahlen von 2014 an die Macht gekommen. Zu diesen Kräfte gehören auch die Taliban, sind sie doch aus einer Bürgerkriegsfraktion mit einem programmatischen Namen hervorgegangen, der Harakat-e Inqelab-e Islami (Bewegung der islamischen Revolution) des Mohammad Nabi Mohammadi, in deren Reihen Mullah Omar, der Begründer der Taliban, damals kämpfte.

Bald wieder vorbei? Koedukation in Afghanistans SchulenBild: Kobalt

Frauenrechte in der Defensive

Diese Kultur der starken kriegerischen Männer und einer strengen Koranauslegung hat das Afghanistan der letzten vier Jahrzehnte über die Zäsuren des Bürgerkriegs und der Taliban-Zeit  hinweg stark geprägt. Über die zahlreichen starken Frauen im Land, die allen Widrigkeiten zum Trotz ihre Kinder großziehen und trotz Einschüchterungen für hohe Posten in Politik und Gesellschaft kandidieren, spricht kaum noch jemand im innerafghanischen Diskurs: Der Grund: Man will ein mögliches Friedensabkommen mit den Taliban nicht gefährden. Aber die Frauen wollen ihre hart erstrittenen Rechte nicht wieder abgeben.

Beispielsweise die 22-jährige Kabuler Studentin Sara Azizi, die gegenüber der der DW sagt: "Wenn Frieden mit den Taliban geschlossen wird und dann das Gesetz so abgeändert wird, dass wir unsere Freiheiten verlieren, kann ich einen solchen Friedensschluss nicht akzeptieren."

Mitarbeit: Hussain Sirat

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