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Konflikte

Taliban-Angriff trübt Friedensbemühungen

21. Oktober 2020

Dutzende Sicherheitskräfte sind bei einem Taliban-Anschlag getötet worden. Die Kämpfe in der Provinz Tachar dauern an. In der Stadt Dschalalabad starben mindestens 15 Ausreisewillige bei einer Massenpanik.

Afghanistan Sicherheitskräfte
Ein Mitglied der afghanischen Sicherheitskräfte (Symbolbild)Bild: Getty Images/AFP/W. Koshar

In der nordafghanischen Provinz Tachar haben Taliban-Kämpfer mindestens 34 Angehörige der Sicherheitskräfte getötet. Acht weitere wurden bei dem nächtlichen Angriff im Bezirk Baharak verletzt. Die Region ist zwischen den radikalislamischen Taliban und Regierungskräften umkämpft.

Laut dem örtlichen Gesundheitsdirektor Abdul Kajum ist auch der stellvertretende Polizeichef der Provinz unter den Opfern. Andere lokale Politiker sprechen von bis zu 42 Toten. Laut Kajum hatten die Taliban sich in umliegenden Häusern verschanzt und die Sicherheitskräfte aus dem Hinterhalt angegriffen. In anderen Berichten ist davon die Rede, die Taliban-Kämpfer hätten sie schlafend in ihren Baracken überrascht.

Rückschlag für Friedensbemühungen

Der Anschlag bedeutet einen weiteren Rückschlag in den innerafghanischen Bemühungen, den seit fast zwanzig Jahren andauernden Konflikt beizulegen: Seit Mitte September befinden sich die Taliban und die afghanische Regierung in direkten Friedensgesprächen. Trotz der Verhandlungen in Katar haben die Taliban aber weiter Anschläge auf Sicherheitskräfte und Zivilisten verübt.

Es ereignen sich weiter auch viele kleine Anschläge - hier detonierte eine Autobombe in der Provinz WardakBild: Ashaq Akrami/DW

Zuvor hatten die Taliban, ebenfalls in Katar, mit einem Unterhändler der US-Regierung verhandelt. Im Februar hatten sie sich in einem Abkommen zu einer erheblichen Reduzierung der Gewalt verpflichtet. Im Gegenzug sagten die USA den schrittweisen Abzug ihrer Truppen aus Afghanistan zu. Zuletzt sprach US-Präsident Donald Trump von einem Abzug noch vor Weihnachten. Generalstabschef Mark Milley bekräftigte allerdings vergangene Woche, dass zunächst die Taliban ihre Gewalthandlungen erheblich reduzieren müssten.

Stoltenberg dringt auf gemeinsame Entscheidung

NATO-Generalsekretär Jens Stoltenberg unterstrich unterdessen, dass die Militärallianz gemeinsam über den Zeitpunkt des Abzugs entscheiden werde. Die NATO unterstütze die Friedensgespräche zwischen den Taliban und der afghanischen Regierung, sagte Stoltenberg in Brüssel. Zugleich sei für das Bündnis klar, dass der Abzug an Bedingungen geknüpft sei. Die Taliban müssten auf dem Weg zu dauerhaftem Frieden "die Gewalt bedeutend verringern" und "alle Verbindungen zu Al-Kaida und anderen internationalen Terrorgruppen abbrechen", betonte Stoltenberg. "Auf dieser Grundlage" würden die NATO-Verbündeten dann "gemeinsam" über den Abzug entscheiden - "aber nicht davor".

Durch den Krieg in Afghanistan wurden nach UN-Angaben seit 2012 etwa 4,1 Millionen Menschen vertrieben. Allein in diesem Jahr mussten demnach bereits mehr als 220.000 Menschen aus ihren Häusern fliehen.

Massenpanik unter Ausreisewilligen

Angesichts des jahrzehntelangen Konflikts bemühen sich viele Afghanen um eine Zukunft im Ausland. Pakistan hatte jüngst die Einreisebedingungen für Afghanen gelockert und die suspendierte Ausgabe der Visa wieder aufgenommen. Nach Angaben der pakistanischen Botschaft in Kabul wurden allein in der vergangenen Woche mehr als 19.000 Visa erteilt.

Noch nach der Massenpanik drängten sich Tausende am Fußballstadion von DschalalabadBild: Parwiz/Reuters

In Dschalalabad, der größten Stadt zwischen Kabul und der pakistanischen Grenze, kam es zu einem tragischen Zwischenfall: In einer Menschenmenge Tausender ausreisewilliger Afghanen gab es eine Massenpanik. Mindestens 15 Menschen wurden laut Stadtverwaltung dabei getötet, mehr als ein Dutzend weitere verletzt. Elf der Opfer waren demnach Frauen, unter den Verletzten sind viele Ältere.

Weil die Behörden mit hohem Andrang gerechnet hatten, wurde ein Fußballstadion für die Visa-Ausgabe genutzt. "Als die Beamten mitteilten, dass die Tore am Morgen geöffnet werden würden, rannten alle zum Stadion, um als Erste ihre Pässe stempeln zu lassen", sagte ein Augenzeuge. Frauen hätten sich vorne anstellen dürfen.

ehl/se/kle (dpa, afp, ap)

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