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Politik

Die alte Generation bleibt am Ruder

Daniel Pelz
28. Dezember 2017

Kein Kontinent hat einen so jungen Bevölkerungsdurchschnitt wie Afrika. Doch die jungen Leute haben nichts zu sagen: 2018 stehen Wahlen in Simbabwe, Kamerun und Guinea an. Ein Generationswechsel ist nicht in Sicht.

Kamerun Präsidenten Paul Biya und Nigerias Muhammadu Buhari laufen auf einem roten Teppich an Soldaten in Tarnanzügen vorbei
Kameruns Präsident Paul Biya (links) mit Nigerias Staatschef Muhammadu BuhariBild: Getty Images/AFP/R. Kaze

Egal ob Kamerun, Simbabwe oder Guinea: Afrikas Staatschefs denken offenbar nicht an Rente. Kameruns Präsident Paul Biya ist 85 Jahre alt, Guineas Präsident Alpha Conde 80. Mit 75 Jahren ist Simbabwes neuer Staatschef Emmerson Mnangagwa noch der jüngste im Bunde. "In Afrika ist die Lücke zwischen dem Alter der politischen Führer und der jungen Bevölkerung größer als irgendwo sonst", sagt Zachariah Mampilly, Professor für Afrikastudien am Vasser College in den USA. "Aber es gibt keine Anzeichen dafür, dass die junge Generation bald übernimmt."

Denn die ist unzufrieden. "Wir werden von altersschwachen Führern regiert", schimpft die simbabwische Aktivistin Linda Masarire im DW-Gespräch. Die 35-Jährige hat schon gegen das Regime des autoritären Ex-Präsidenten Robert Mugabe gekämpft. Auch sein Nachfolger Emmerson Mngangagwa kommt bei ihr nicht gut weg. Die alten Politiker ignorierten die Bedürfnisse ihrer jungen Bürger, meint Masarire. "Im Simbabwe gibt es 35-Jährige, die noch nie in ihrem Leben gearbeitet und noch nie ein Gehalt bekommen haben, die keine soziale Sicherheit genießen. Viele nehmen schon Drogen, weil sie keine Hoffnung haben, weil es keine Zukunft für sie gibt", so Masarire. Nicht nur in Simbabwe ist die Lage für die junge Generation düster: 200 Millionen Afrikaner sind zwischen 15 und 24 Jahren alt. Doch zudem stellen sie 60 Prozent aller Arbeitslosen auf dem Kontinent. Viele von denen, die Arbeit haben, gehören zu den sogenannten "Working Poor" - sie können von ihren Löhnen kaum leben.

Viele junge Afrikaner finden nur im informellen Sektor ArbeitBild: picture-alliance/dpa/N. Bothma

"Das System lässt sich nicht von innen ändern"

Linda Masarire will das nicht hinnehmen. Im September 2018 sollen Parlamentswahlen stattfinden. Sie will als unabhängige Kandidatin teilnehmen. Mit Gleichgesinnten plant sie die Gründung einer Jugendpartei. Aber viele andere junge Simbabwer schreckten vor politischem Engagement zurück, sagt sie - egal ob in der Regierungspartei oder in der Opposition. "Es gibt viel Gewalt, viele verbale Übergriffe," so Masarire, "gerade junge Frauen halten es nicht aus. Am Ende des Tages kommen junge Menschen nicht in die höheren Ebenen der politischen Meinungsbildung in Simbabwe."

Auch Job Shipululo Amupanda aus Namibia hat schlechte Erfahrungen mit einer Partei gemacht. Der 30-jährige Politikwissenschaftler war früher Vorstandsmitglied der Jugendliga der Regierungspartei SWAPO. Heute demonstriert er mit seiner Organisation "Affirmative Repositioning" gegen Armut und Korruption. Auch seine eigene Regierung schließt er dabei nicht aus. Nur dank eines Gerichtsurteils darf er trotzdem weiter SWAPO-Mitglied bleiben. Wenn ein junger Mensch aufstehe und innerhalb einer Partei mit neuen Ideen auffiele, passiere Folgendes: "Sie fragen dich: 'Wo warst Du, als wir für die Unabhängigkeit gekämpft haben?' Das ist wichtiger als dein Bildungsgrad oder deine Ehrlichkeit und Integrität", so Amupanda im Gespräch mit der DW.

In vielen Ländern kommt es zu Protesten gegen Armut und KorruptionBild: Getty Images/AFP/S. Kambou

Immer mehr Proteste

Mit der Parteiendemokratie scheinen viele junge Afrikaner abgeschlossen zu haben. Nach einer Umfrage des panafrikanischen Forschungsnetzwerks Afrobarometer nahmen 2016 gerade mal 65 Prozent der 18- bis 35-Jährigen an der letzten Wahl in ihrem Land teil. "Viele junge Menschen glauben zu Recht nicht, dass sich durch Wahlen etwas ändert. Sie suchen nach alternativen Möglichkeiten, um ihrer Stimme Gehör zu verschaffen. Demonstrationen sind eine Möglichkeit", sagt US-Professor Mampilly. 2015 und 2016 gab es in fast der Hälfte aller afrikanischen Länder Proteste. In Simbabwe und der Demokratischen Republik Kongo demonstrierten immer wieder vor allem junge Menschen gegen die ungeliebten Präsidenten. Im Senegal und in Burkina Faso schafften es die Demonstranten, autoritäre Präsidenten zu verjagen. Sonst sind die Proteste selten erfolgreich. "Es ist aber herzzerreißend, wenn junge Menschen auf die Straße gehen und mit der geballten militärischen Macht zurückgedrängt werden", sagt Mampilly.

Die Afrikanische Union hat das Problem - zumindest offiziell - erkannt: 2006 wurde die "Afrikanische Jugendcharta" verabschiedet. Von 2009 bis 2018 läuft die "Afrikanische Jugenddekade".

Doch Linda Masarire aus Simbabwe will von freundlichen Worten nichts mehr wissen. Junge Menschen hätten eine Verantwortung, unfähige politische Führer zur Verantwortung zu ziehen, sagt sie. "Wir können es doch nicht zu lassen, dass ein Kontinent leidet, der so reich an Ressourcen ist. Wir brauchen endlich kompetente Führer, die Afrika wirklich ernsthaft entwickeln wollen."

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