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Afrika: Die dritte Corona-Welle ist da

Martina Schwikowski
16. Juni 2021

Die Infektionen steigen in vielen Ländern in Afrika aktuell an, es fehlt an Geld und Impfstoffen. Bundesentwicklungsminister Gerd Müller sondiert die Lage in Westafrika.

Eine Person wird in einem Zelt geimpft
In der DR Kongo sind laut Zahlen der Africa CDC bisher null Prozent der Bevölkerung vollständig gegen Corona geimpftBild: Olivia Acland

Auch in dem kleinen westafrikanischen Togo fehlt es - wie in allen afrikanischen Ländern - an Impfstoffen und medizinischen Geräten, um den notwendigen Schutz in der Pandemie zu gewährleisten. 

Einen Beitrag leistete jetzt Bundesminister Gerd Müller, der als erste Station auf seiner Westafrika-Reise am Sonntag Togos Hauptstadt Lomé ansteuerte. Mit im Gepäck hatte der deutsche Bundesminister für wirtschaftliche und entwicklungspolitische Zusammenarbeit 30 Beatmungsgeräte und 5.000 Sauerstoff-Messgeräte, um Togo im Kampf gegen das Coronavirus zu unterstützen.

Bundesentwicklungsminister Gerd Müller (rechts) besuchte in Togo ein medizinisches ZentrumBild: Noel Tadégnon/DW

Auf seiner Reise nach Togo, Gambia, Sierra Leone und Senegal will Müller die sozialen und wirtschaftlichen Auswirkungen der Pandemie vor Ort, aber auch die Möglichkeiten zur eigenen Impfstoffherstellung in Westafrika diskutieren. In Togo sprach er mit Pharmaproduzenten, besichtigte Produktionsanlagen. Dort steckt Deutschland 142 Millionen Euro in Agro-Industrie, Energie und Bildung. Das werde laut Müller beim Weg aus der Corona-Krise helfen, denn im vergangenen Jahr sei das Wirtschaftswachstum von erwarteten 5,5 auf 1,8 Prozent gesunken.

Die Zahlen steigen, doch nicht überall

Togo hat eine größere Infektionswelle im April hinter sich gebracht. Derzeit liegt die Zahl der täglichen Neuinfektionen im niedrigen zweistelligen Bereich, wie aus der Statistikplattform "Our World in Data" hervorgeht, an der auch die Universität Oxford mitwirkt.

Doch nicht überall ist die Lage derzeit moderat. Zwar gibt es weltweit einen Rückgang in der Zahl der Corona-Fälle, doch laut Tedros Adhanom Ghebreyesus, Generaldirektor der Weltgesundheitsorganisation (WHO), verschleiert dies den "besorgniserregenden Anstieg von Infektionen und Todesfällen" in vielen Ländern. "Der hohe Anstieg in Afrika ist besonders problematisch, denn die Region hat am wenigstens Zugang zu Impfstoffen, Diagnostikmitteln und Sauerstoff", so Tedros. Krisen und Konflikte wie in Äthiopien, Mali oder in der Demokratischen Republik Kongo erschweren die Situation zusätzlich.

Im ostafrikanischen Uganda schießen die Zahlen seit Ende Mai steil in die Höhe mit derzeit mehr als 1400 neuen Fällen pro Tag, wie aus der Webseite "Our World in Data" hervorgeht (Stand 15. Juni). Präsident Yoweri Museveni ordnete am 6. Juni wieder einen strikten Lockdown für 42 Tage an. "Alle Schulen bleiben geschlossen, Lehrer müssen vollständig geimpft sein, bevor sie unterrichten können. Gebete in Kirchen und Moscheen sind nicht möglich. Busse, Taxen und Boda Bodas (Motorrädertaxis, d. Red.) dürfen nicht in benachbarte Distrikte fahren", sagte der Präsident.

Die Schulen in Uganda sind geschlossen - den Unterricht gibt's per RadioBild: Nicholas Kajoba/Xinhua/picture alliance

Im Nachbarland, der Demokratischen Republik Kongo, bereitete Präsident Felix Tshisekedi die Bevölkerung auf eine "tödliche dritte Welle" vor. Er begrenzte die Zahl für Versammlungen auf 20, ließ Nachtclubs schließen und mahnte zur Vorsicht. Bisher sind laut der afrikanischen Gesundheitsbehörde CDC mehr als 35.900 Corona-Infektionen registriert worden, 845 Menschen starben. Jetzt steigen die Zahlen rasant an. "Die Lage ist ernst, unsere Krankenhäuser sind überfüllt", sagte der Präsident laut Medienberichten.

Besonders in Südafrika haben sich die Infektionszahlen innerhalb kurzer Zeit verdoppelt. Laut WHO hat der dortige Winteranfang das Risiko der Infektion erhöht. Am 15. Juni meldete das Gesundheitsministerium gut 8400 neue Fälle. Es gab bereits mehr als 58.000 Tote. Dass Impfungen in dieser Situation schon helfen, ist fraglich. Noch nicht einmal ein Prozent der Bevölkerung ist laut Africa CDC bereits vollständig geimpft. Und damit gehört Südafrika im Vergleich zu anderen Staaten des Kontinents bereits zum oberen Drittel beim Impffortschritt. 

Nur rund zwei Prozent in Afrika sind geimpft

In den meisten afrikanischen Ländern könnte das Impfziel verfehlt werden, befürchtet die WHO. Etwa 90 Prozent der afrikanischen Staaten werden es nach ihrer Einschätzung nicht schaffen, wie geplant bis September mindestens zehn Prozent ihrer Einwohner gegen das Coronavirus zu impfen. Dafür fehlten 225 Millionen Impfdosen.

Thoko Elphick-Pooley, Geschäftsführerin der Organisation "Uniting to Combat Neglected Tropical Diseases" - ein Verbund globaler Gesundheitsorganisationen -, kritisiert: "Nur rund ein Prozent der weltweit verteilten Impfdosen landeten in Afrika. Wir haben jetzt fünf Millionen Fälle in Afrika, aber rund 98 Prozent der Afrikaner sind nicht geimpft."

Corona-Leugner auf dem Vormarsch

02:57

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Die G7-Staaten, die wichtigsten westlichen Industrienationen, kündigten auf einem Gipfeltreffen am Wochenende an, den ärmeren Ländern zusammen eine Milliarde Impfdosen bereitzustellen - bis Ende 2022. Entwicklungshilfe-Organisationen kritisieren diese Pläne als unzureichend.

Elphick-Pooley findet das Ziel der G7-Staaten sehr ehrgeizig, aber es fehlten die Einzelheiten zur Infrastruktur. Die logistische Umsetzung der Verteilung von Impfstoffen, aber auch Medikamenten für andere Krankheiten sei eine große Hürde.

Aufbau eines Impfstoffzentrums im Senegal

Im westafrikanischen Sierra Leone geht es während der weiteren Reise von Bundesentwicklungsminister Müller ebenfalls um Hilfe gegen das Virus: Dort wird Müller eine Klinikpartnerschaft der Charité mit dem Princess Christian Hospital in Freetown besiegeln - in Gambia besucht er ein Gesundheitszentrum. Am Schluss seiner knapp einwöchigen Reise geht es am Freitag in Senegal neben Corona-Soforthilfen insbesondere um einen Informationsbesuch im Institut Pasteur - dort soll die Impfstoffproduktion für Westafrika aufgebaut werden.

Mitarbeit: Frank Yiga

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