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PolitikAfrika

Wie Religion in Afrika zur Familienplanung beitragen kann

Daniel Pelz
20. Februar 2022

Afrikas Bevölkerung wächst rasant. Verhütungsmittel und Familienplanung sind für viele Menschen ein Tabu. Religiöse Organisationen könnten das ändern - und leisten mancherorts bereits jetzt einen wichtigen Beitrag.

Sechs Mädchen, eins mit einem Säugling im Tragetuch, posieren in Tamale, Ghana an Eid Al-Adha (Foto: Musa Alcan/Anadolu Agency/picture alliance)
Bild: Musa Alcan/AA/picture alliance

Rund 36 Millionen Kinder werden pro Jahr in Afrika südlich der Sahara geboren. Damit gehört der Kontinent zu den am schnellsten wachsenden Regionen der Welt. Bis 2050 könnte sich die Bevölkerung auf über 2,5 Milliarden Menschen verdoppeln. 

Kampf um knappe Ressourcen

Bevölkerungsforscher warnen vor den Folgen, falls die Prognosen wahr werden. Schon jetzt gibt es nicht genug Schulen und Krankenhäuser. Immer mehr Menschen müssten um knappe Ressourcen wie Wasser, Ackerland oder Jobs kämpfen. Die Armut würde weiter wachsen.

Priester oder Imame könnten helfen, den Trend umzukehren. "Religiöse Organisationen spielen eine Schlüsselrolle, um das Bevölkerungswachstum in Westafrika zu verlangsamen, weil sie den notwendigen kulturellen Wandel anstoßen, aber auch forcieren können", sagt Catherina Hinz vom Berlin-Institut für Bevölkerung und Entwicklung. In einer neuen Studie hat das Institut im Auftrag der CDU-nahen Konrad-Adenauer-Stiftung untersucht, welchen Beitrag religiöse Organisationen in 16 westafrikanischen Ländern zur demografischen Entwicklung leisten.

Schon jetzt gibt es nicht genügend Jobs für junge Menschen in AfrikaBild: Thomas Lohnes/epd/imago images

Drei Viertel aller Menschen in Westafrika hören laut Studie auf religiöse Vertreter, wenn es um Themen wie Verhütung oder Kinderzahl geht. Damit könnten sie aus Sicht der Forscher einen wichtigen Beitrag leisten, um die Mitsprache von Frauen bei der Familienplanung zu stärken oder über Verhütungsmittel aufzuklären. 

Und religiöse Organisationen haben noch aus anderen Gründen einen besonderen Zugang zu vielen Menschen: "Sie stellen zwischen 30 und 70 Prozent aller Gesundheitsdienstleistungen in vielen Entwicklungsländern, vor allem in Afrika. Wenn Familienplanung in solchen Einrichtungen nicht angeboten wird, werden viele Menschen keinen Zugang dazu haben, weil es keine anderen Einrichtungen gibt", sagt Peter Munene vom Faith to Action Network mit Sitz in Kenias Hauptstadt Nairobi, dem 110 religiöse Einrichtungen auf vier Kontinenten angehören.

Moralische Vorbehalte

Doch viele religiöse Organisationen lehnen zum Beispiel moderne Verhütungsmittel ab. "Verhütung ist falsch, weil sie eine bewusste Verletzung des göttlichen Plans für die Menschheit ist, der oft als 'Naturgesetz' bezeichnet wird", heißt es etwa auf der Website der Organisation "Nationaler Katholischer Gesundheitsdienst" in Ghana. Laut einer Studie des US-amerikanischen Forschungsinstituts Pew aus dem Jahr 2013 gehört Afrika zu den Kontinenten, auf denen Verhütung besonders stark kritisiert wird. In Nigeria und Ghana gaben damals mehr als die Hälfte aller Befragten an, dass es moralisch falsch sei, Verhütungsmittel zu verwenden.

Religiöse Vertreter genießen in Afrika großes VertrauenBild: Philippe Lissac/Godong/picture alliance

Auch André Gueye, katholischer Bischof von Thiès im Senegal, betont: Künstliche Verhütungsmittel sind für seine Kirche tabu. Trotzdem engagiert sich die katholische Kirche im Senegal längst für die Familienplanung: "Bei der Vorbereitung einer Hochzeit sagen wir den Eltern, dass sie eine Pflicht haben, ihre Kinder zu versorgen. Wir sagen ihnen, dass die Zahl der Kinder im Verhältnis zu den Mitteln stehen muss, die sie zum Überleben zur Verfügung haben", so Gueye bei der Vorstellung der Studie. 

Trainings für Imame

"Viele religiöse Organisationen haben unterschiedliche Auffassungen von Familienplanung oder dem Gebrauch von modernen Verhütungsmethoden. Es ist eine Herausforderung", sagt Peter Munene vom Faith to Action Network. Allerdings sieht er auch positive Zeichen: Gemeinsam mit dem Hohen Rat kenianischer Muslime hat seine Organisation Imame geschult. "Sie unterstützen jetzt das Konzept der Familienplanung in ihren Gemeinschaften und predigen sogar darüber in den Moscheen." 

Die Studienautoren plädieren dafür, dass solche Beispiele Schule machen. Sie plädieren für mehr Arbeit mit Imamen und Priestern, um über Mythen und Missverständnisse über das Konzept der Familienplanung aufzuklären. Außerdem schlagen sie vor, dass Behörden und religiöse Organisationen gemeinsame Projekte zur Familienplanung auflegen. 

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