Eine China-Strategie für Afrika
21. Juli 2012Riesige Vorräte an Aluminium- und Eisenerz schlummern unter der Erde in Guinea im Westen Afrikas. Doch dem Land mangelte es bislang an Geld und Transportwegen, um seine Rohstoffe im ganz großen Stil auszubeuten. Wer hat das geändert? Die Chinesen, meint Amara Camara, der Guinea als Botschafter in Frankreich vertritt. "China ist für uns der große Partner, der uns bei unseren Bergbauprojekten begleitet", erklärt er im Gespräch mit der DW. Außerdem bauten die Chinesen den Kaléta-Damm, der ab 2015 mit drei gewaltigen Wasserturbinen die Elektrizitätsprobleme des Landes lösen soll.
Guinea ist nur ein Beispiel von vielen für das chinesische Engagement in Afrika. Längst trifft man chinesische Ingenieure nicht mehr nur bei den großen Partnern, in Angola, Südafrika, Sudan oder Nigeria. Auch in eher entlegenen Regionen des Kontinents bauen sie Straßen und Staudämme, treiben neue Stollen in die Bergwerke. Finanziert mit Krediten aus Peking.
Neuer Brennstoff für die Dampfmaschine
Dass China seine Kreditzusagen nun verdoppelt und Afrika in den kommenden drei Jahren mit 20 Milliarden US-Dollar für neue Infrastruktur- und Wirtschaftsprojekte versorgt, überrascht Martin Ziguélé nicht. "China ist ein Land, das seit 15 Jahren zweistellige Wachstumsraten aufweist", erklärt der Wirtschaftsexperte und ehemalige Premierminister der Zentralafrikanischen Republik im DW-Interview. "Das ist ein Land, das dringend Rohstoffe und neue Absatzmärkte für seine Produkte braucht", so Ziguélé weiter. Die Wirtschaft Chinas sei heiß gelaufen wie eine Dampfmaschine und brauche jetzt neuen Brennstoff, um sich weiter zu drehen. "Deshalb sind die Chinesen auf Afrika und seine Rohstoffe angewiesen."
Genau das ist es jedoch, was vielen Afrikanern Sorge bereitet. China sei vor allem an den Rohstoffen des Kontinents interessiert und nicht an einem echten Wirtschaftswachstum auf dem Kontinent, sagen Kritiker. Und dazu brauche es mehr als den Export von Erzen, Öl und Diamanten. Die echte Herausforderung für Afrika sei nämlich die Weiterverarbeitung der Rohstoffe und der Export von fertigen Produkten, erklärt Martin Ziguélé. "Man braucht zunächst den Transfer von Wissen, damit es in Afrika eine Mittelklasse gibt die Motor der wirtschaftlichen Entwicklung wird." Nur so könne es langfristig Wachstum geben.
Rohstoffe gegen Wissen?
Dafür werde sein Land ebenfalls Sorge tragen, verkündete Chinas Präsident Hu Jintao beim Gipfel in Peking. Man werde tausende Krankenpfleger und andere Fachkräfte aus Afrika ausbilden, so Hu. Außerdem werde man 18.000 Stipendien an Studenten aus Afrika vergeben. Auch damit wolle sich Peking nur Macht und Einfluss auf zukünftige Eliten sichern, um weiter seinen Rohstoffhunger stillen zu können, meinen Kritiker.
Der südafrikanische Präsident Jacob Zuma mahnte in seiner Rede auf dem China-Afrika-Gipfel deshalb zur Vorsicht. "Das lehrt uns die Erfahrung aus den Wirtschaftsbeziehungen zu Europa", so Zuma. Man dürfe die Fehler aus der Kolonialzeit nicht wiederholen, denn auch mit China seien ungleiche Handelsbeziehungen auf Dauer nicht tragfähig.
Deshalb brauche es endlich eine echte Strategie der afrikanischen Länder gegenüber China, fordert der senegalesische Politologe Alioune Badara Fall im Gespräch mit der DW. "Man kann den Chinesen nicht vorwerfen, dass sie ihre Beziehungen mit Afrika ausbauen", so Fall. Aber die afrikanischen Länder müssten eine Strategie entwickeln, um von Krediten und Investitionen zu profitieren, ohne dass sie dabei ihre Seele verkaufen." Wie solch eine Strategie aussehen kann? Jedenfalls müssten die afrikanischen Regierungen darauf drängen, dass China nicht nur Rohstoffe ausbeutet, sondern verstärkt in verarbeitende Industrien investiert.
Das Selbstbewusstsein steigt
Amara Camara, der guineische Botschafter in Frankreich, setzt für sein Land voll auf die Kraft des Kaléta-Damms, der 2015 fertig werden soll. Mit der Elektrizität, die dem Land dann zur Verfügung stehe, könne Guinea endlich selbst Aluminium herstellen, anstatt das Ausgangsmaterial Bauxit nach China zu verschiffen. Ob sich China darauf einlässt? "Wir leben nicht mehr in den 60er Jahren", so Camara. "Afrika ist in der Lage, selbst zu entscheiden, wie es dieses Geld investiert." Wie jedes Land verfolgt China natürlich seine eigenen Interessen. "Aber diese Interessen müssen mit unseren im Einklang stehen."