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Politik

Afrika will mit Deutschland wachsen

Daniel Pelz
9. Februar 2017

Angst und Zurückhaltung prägten bisher den Blick der deutschen Wirtschaft auf Afrika. Damit soll jetzt Schluss sein, signalisiert ein hochkarätig besetzter Gipfel in Kenia. Daniel Pelz berichtet.

Kenia Nairobi Amina Mohamed und Brigitte Zypries
Bild: picture-alliance/AP Photo/S. A. Azim

Einen kleinen Einblick in Afrikas wirtschaftliche Dynamik bekommen die deutschen Politiker schon bei der Anreise. An der Straße vom Flughafen in Nairobis Innenstadt reihen sich die Werbeschilder für Autos, Handys und Mobilfunkanbieter aneinander. Wo vor einigen Jahren noch eine Brachfläche war, steht nun ein Einkaufszentrum. Aber deutsche Firmen machen in Kenia selten das große Geschäft. Auf den Straßen: viele Autos aus Fernost, ein Werbeschild preist Produkte aus China an.

Der Gipfel soll das ändern. Zumindest das Interesse ist groß. Gut 500 Teilnehmer sind gekommen - das sind rund 100 mehr als erwartet. Der afrikanische Kontinent stehe auf der Agenda der Bundesregierung weit oben, verspricht Wirtschaftsministerin Brigitte Zypries bei ihrer Eröffnungsrede. "Bis zum Jahr 2050 werden in Afrika gut 2 Milliarden Menschen leben", so Zypries. "Schon heute entwickelt sich das Wirtschaftswachstum auf dem Kontinent beachtlich und das Potenzial Afrikas ist enorm." Doch um das voll auszuschöpfen, braucht Afrika Investitionen. Die Bundesregierung werde ihre G-20-Präsidentschaft nutzen, um mehr Privatinvestitionen für Afrika zu mobilisieren, verspricht die Ministerin. Auch über eine Ausweitung der Absicherungen für deutsche Investitionen in Afrika denkt die Bundesregierung nach. Doch auch Afrika müsse mehr tun, fordert Zypries: "Damit meine ich ein verlässliches Rechtssystem, eine transparente Verwaltung und auch die Gleichbehandlung inländischer und ausländischer Unternehmen."

Mehr Investitionen!

Ähnlich sieht es auch Entwicklungsminister Müller. Er stellt bei dem Gipfel seinen "Marshallplan mit Afrika" vor - zum ersten Mal auf dem Kontinent. Mehr Privatinvestitionen in Afrika sind ein Kernstück seines neuen Konzepts für die Zusammenarbeit zwischen Afrika und Deutschland. Müller fordert von der deutschen Wirtschaft mehr Engagement in Afrika. Aber: "Wir haben auch Erwartungen an die afrikanischen Partner. Afrika muss mehr leisten, als es bisher der Fall ist", so Müller zur DW. 

Erstmals präsentiert Bundesminister Müller seinen "Marshallplan mit Afrika" auf dem Kontinent.Bild: picture-alliance/AP Photo/S. A. Azim

Denn vielen deutschen Firmenchefs ist ein Afrika-Engagement zu riskant. Von ihren Direktinvestitionen im Umfang von fast einer Billion Euro hatten deutsche Firmen 2016 weniger als ein Prozent in Afrika platziert. Das deutsche Handelsvolumen mit Afrika lag 2015 bei knapp 26 Milliarden Euro. Das entspricht fast genau dem deutschen Handel mit der Slowakei.

"Viele deutsche Firmenvertreter waren zurückhaltend, fast ängstlich, wenn es um ein mögliches Engagement in Afrika ging", erinnert sich Dennis Awori, Vizepräsident des Verbands der kenianischen Privatwirtschaft, an den ersten deutsch-afrikanischen Wirtschaftsgipfel, der im September 2015 in Berlin stattfand. Doch er gibt sich zuversichtlich, dass sich das nach diesem Treffen ändern werde. "Ich kenne die Deutschen. Sie würden nicht kommen, wenn sie nicht ernsthaft interessiert wären", so Awori lachend.

Zufrieden: Wirtschaftsministerin Brigitte Zypries mit Heinz-Walter Große, dem Organisator des ForumsBild: picture-alliance/AP Photo/S. A. Azim

Abkehr von China

Das hofft auch Kenias Regierung. Investitionen aus dem Ausland braucht das Land dringend. Fast die Hälfte der Bevölkerung lebt unter der Armutsgrenze. 100.000 neue Arbeitsplätze pro Jahr wären nötig, um alle jungen Kenianer zu versorgen, die auf den Arbeitsmarkt drängen. Davon ist Kenia aber weit entfernt.

Bei seinem Staatsbesuch in Deutschland im April letzten Jahres hatte Präsident Uhuru Kenyatta bereits deutsche Wirtschaftsvertreter umworben. In den letzten Jahren hatte Kenias Regierung eher auf die Zusammenarbeit mit China gesetzt. Zum Beispiel baut eine chinesische Staatsfirma eine 14 Milliarden Euro teure Bahnstrecke vom Seehafen Mombasa in die Hauptstadt Nairobi. Doch Kenias Regierung will sich nicht mehr allein auf den Partner aus Fernost verlassen. Viele afrikanische Regierungsvertreter sehen Chinas Engagement in Afrika kritischer als noch vor einigen Jahren. Denn: Viele chinesische Unternehmen bringen für Großprojekte ihre eigenen Arbeiter mit. Zum Abbau der hohen Arbeitslosigkeit tragen viele Projekte daher nicht bei. Und: Als Gegenleistung für den Bau von Straßen, Flughäfen oder Krankenhäusern sichert sich China den Zugriff auf Afrikas begehrte Rohstoffe.

Für die Straßen sorgt oft ChinaBild: Imago

Partnerschaft mit Tradition

"Deutschland ist lange Kenias traditioneller Partner gewesen. Wenn die Wirtschaft wächst, muss man nach zusätzlichen Partnern suchen", sagt Außenministerin Amina Mohamed zur DW. Sie vertrat auf dem Gipfel Präsident Kenyatta, der kurzfristig abgesagt hatte. "Die Beziehungen zu Deutschland sind uns immer wichtig gewesen und wir wollen sie auf ein ganz neues Niveau bringen."

Das hören die Wirtschaftsvertreter gerne. "Die ostafrikanische Region wird eine der Fokusregionen beim weltweiten Wachstum sein. Es gibt für uns keine Möglichkeit, nicht Teil dieser Entwicklung zu sein", sagt Stefan Liebing vom Unternehmerverband Afrika-Verein. Doch ob die deutschen Investitionen in Afrika nach dem Gipfel steigen, ist trotzdem unsicher. Zurzeit sind nur rund 4000 deutsche Unternehmen in Afrika aktiv. Hinter vorgehaltender Hand klagen viele Firmenchefs noch immer über Korruption und Behördenwillkür. Gastgeber Kenia bestätigt diese Sorge am ersten Gipfeltag - wenn auch ungewollt: Kenias größte Tageszeitung Daily Nation berichtet an diesem Tag gleich auf ihrer Titelseite über einen Korruptionsskandal. 

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