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Afrikaner als Attraktion im Zoo

11. Juni 2009

Kaum 100 Jahre ist es her, da wurden afrikanische Stämme in europäischen Zoos zur Schau gestellt. Eine Praxis, gegen die der Schriftsteller Peter Altenberg protestierte. Eines seiner Werke wurde nun neu aufgelegt.

Afrikanische Frau mit Kind
Afrikaner in Wien um 1900Bild: Löcker Verlag

Peter Altenbergs berühmtestes Buch "Ashantee", eine Sammlung von etwa 40 Kurztexten, dokumentiert eine reale Begebenheit, die das habsburgerische Wien wochenlang in Atem hielt. Im Jahre 1896 gastierte ein ganzes afrikanisches Dorf von der Ethnie der Aschanti samt ihrer Strohhütten im Wiener Tiergarten. Derartige Spektakel, auch Völkerschau genannt, waren damals in europäischen Hauptstädten gang und gäbe. Altenberg allerdings gibt sich nicht mit der Rolle des stummen Betrachters zufrieden. Er hält sich tagtäglich im Aschanti-Dorf auf und lebt mit den Afrikanern ihren Alltag. Außerdem organisiert er für einige Dorfbewohner Besuche im Wiener Opernhaus, in Kaffeehäusern oder zum Abendessen bei Bekannten.

Das Spektakel auf den Kopf gestellt

All dies hält Altenberg in seinen Texten fest. Es sind Situationen und Begegnungen, die das Völkerschau-Spektakel auf den Kopf stellen. So beschwert sich etwa einer der Dorfbewohner darüber, dass Tiergarten-Besucher Nachts zum Spaß an die Holzwände ihrer Hütten schlagen. "Sir", sagt er, "wenn Ihr zu uns nach Akkra kämet als Ausstellungsobjekte, würden wir nicht des Abends an eure Hütten klopfen!". Ein anderer Afrikaner - ein vermeintlich Wilder - bemängelt wiederum die Manieren der Europäer. Für Altenberg sind es im Grunde Letztere, die zur Schau gestellt werden. Gerade die Praxis der Völkerschau, die eigentlich die Kolonialisten in ihrer kulturellen Überlegenheit bestätigen soll, entlarvt sie als die wahren Barbaren. So heißt es in einem Gespräch mit der Aschanti-Frau Tioko: "Wilde müssen wir vorstellen, Herr, Afrikaner. Ganz närrisch ist es. In Afrika könnten wir nicht so sein. Alle würden lachen. Wie "men of the bush", ja, diese. In solchen Hütten wohnt niemand. Für dogs ist es bei uns. Quite foolish. Man wünscht es, dass wir Tiere vorstellen."

Hier nimmt Altenberg auf die schon damals existierende Kritik Bezug, dass es sich bei den Teilnehmern der Völkerschauen teilweise um professionelle Darsteller handle. Ist Tioko von der Goldküste in Wirklichkeit vielleicht eine Lehrerin oder gar eine professionelle Schauspielerin?

Auch heute noch aktuell

Peter Altenbergs "Ashantee" ist auch heute noch aktuell. Die Praxis der Völkerschau gehört zwar der Vergangenheit an. Das heißt jedoch noch lange nicht, dass sich der Umgang mit Fremden normalisiert hat. Nicht ohne Grund berichten Migranten in Deutschland und anderswo, dass sie sich wie auf einem Präsentierteller fühlen würden - von allen begafft. Und, wenn wir ehrlich zu uns selbst sind, so spielen für uns Europäer mitunter dieselben Vorurteile eine Rolle, die schon zu Altenbergs Zeit ausschlaggebend waren.

Die Neuauflage von Peter Altenbergs "Ashantee" ist im Verlag Löcker erschienen und kostet 19,80 Euro. Sie enthält zusätzlich Briefe des Autors, Schwarzweißfotos und eine Reihe wissenschaftlicher Essays, die sein Werk in Bezug zur Zeit um die Jahrhundertwende setzen.

Autor: Mahmoud Tawfik

Redaktion: Michaela Paul