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PolitikAfrika

Afrikas Bahnprojekt kämpft gegen Verspätung

Martina Schwikowski
28. September 2022

Die Afrikanische Union hat große Pläne: Bis 2033 soll ein modernes Eisenbahnnetz wichtige Hauptstädte des Kontinents verbinden. Doch das ambitionierte Projekt braucht Geld, viel Arbeit - und politischen Willen.

Marokko | Schnellzug Al Boraq
Ein französischer TGV fährt in Marokko als "Al boraq" zwischen Casablanca und Tanger - hier beim Halt in Rabat Bild: Wilfrid Esteve//Hans Lucas/IMAGO

In Windeseile saust der "Al Boraq" durch Marokkos Küstenlandschaft. Er ist nach dem magischen Reittier benannt, mit dem der Prophet Mohammed einst von Mekka nach Jerusalem geflogen sein soll. Im modernen Zeitalter "fliegt" Afrikas erster Schnellzug mit 320 Kilometern pro Stunde über die Gleise, die Reise zwischen Tanger und Casablanca dauert nur knapp zwei Stunden.

Mit der Eröffnung 2018 ist für Marokko ein Traum wahrgeworden. Diesen Traum träumt auch die Afrikanische Union (AU) - aber für den ganzen Kontinent. Vor neun Jahren wurde das Megaprojekt "African Integrated High-Speed Railway Network" aus der Taufe gehoben. Bis 2033 soll ein Hochgeschwindigkeitsnetz entstehen, das wichtige Hauptstädte und Regionen verbindet. Bis 2063 sollen noch mehr Verbindungen dazukommen.

Starke Vision - noch ein weiter Weg

Im ersten Teil, dem "Masterplan 2033", seien 19 Verbindungen mit einer Länge von 16.970 Kilometern enthalten, sagt Younes Touitha von der AU-Entwicklungsagentur NEPAD zur DW. "Das sind 25 Prozent der Streckenkilometer des Gesamtplans, die in diesem Zeitraum realisiert werden sollen." Bis 2063 sollen 62 weitere Verbindungen folgen, am Ende soll das Gesamtnetz fast 74.000 Kilometer umfassen.

Botschafter Wu Peng bei Linieneröffnung in Nairobi (2019): China finanziert viele neue Bahnprojekte in AfrikaBild: Simon Maina/AFP

Drei Verbindungen hat die AU als Pilotprojekte ausgewählt: Eine Verbindung zwischen der tansanischen Hafenstadt Dar es Salaam und Ruandas Hauptstadt Kigali, die Strecke zwischen Kampala in Uganda und Bujumbura in Burundi und eine Route zwischen Südafrikas Wirtschaftsmetropole Johannesburg und Walvis Bay in Namibia, die über Botswanas Hauptstadt Gaborone verlaufen wird. Elf andere Projekte sollen möglichst bald einer Machbarkeitsprüfung unterzogen werden.

So steht es zumindest im AU-Aktionsplan, der Anfang 2022 in Kenia vorgestellt wurde. Er verleiht dem Projekt neuen Schwung, aber zunächst hauptsächlich auf dem Papier. Denn die Realität sieht anders aus. Die Hindernisse für den Bau neuer Eisenbahnstrecken in Afrika sind vielfältig: "Sie hängen von der jeweiligen Region oder dem Land ab", so Touitha. "Wenn wir bis 2030 etwa 60 bis 70 Prozent unserer geplanten Ziele umsetzen, dann sind wir gut."

Zugstrecken mit Chinas Geld gebaut

Denn der Weg zu modernen Bahnen ist noch weit: In vielen Teilen Afrikas stammt das Schienennetz noch aus der Kolonialzeit, die Strecken verlaufen von den Küsten ins Landesinnere. Sie wurden nicht für Passagiere gebaut, sondern um Rohstoffe wie Holz oder Gold in die Häfen zu bringen und sie nach Europa zu verschiffen.

Heute soll die Eisenbahn andere Zwecke erfüllen: Der Handel zwischen afrikanischen Ländern soll gestärkt und die Mobilität vieler Menschen verbessert werden. Aber es gibt Schwierigkeiten, Gelder für die Umsetzung von Projekten zu finden, sagt Experte Touitha. Bisher habe China die meisten neueren Projekte finanziert, vor allem südlich der Sahara. Zum Beispiel den neuen Schnellzug, der Kenias wichtigsten Hafen Mombasa mit der Hauptstadt Nairobi verbindet.

Die Linie vom kenianischen Seehafen Mombasa nach Nairobi kann aus Kostengründen nicht fertig gebaut werdenBild: Tony Karumba/AFP

Allerdings erhöht sich dadurch die Verschuldung der Länder - manche Experten befürchten, dass die geforderten Rückzahlungen an China für die betroffenen Regierungen häufig in kritische Höhen steigen. Marokkos Hochgeschwindigkeitszug Al Boraq dagegen ist mit europäischen Krediten und einem eigenen Zuschuss aus der Staatskasse finanziert worden.

Züge kommen nur langsam voran

Afrikanische Regierungen trieben den Ausbau der Eisenbahninfrastruktur aus eigenem Interesse und nicht unbedingt als Folge des AU-Masterplans voran, sagt George Kaulbeck vom kanadischen Beratungsunternehmen CPCS: "Vielleicht hatte der Plan gewissen Einfluss, doch die Regierungen suchen eher die Vorteile einer transkontinentalen Eisenbahn, um Teil davon zu sein. In den meisten Fällen wurden sie im nationalen Interesse entwickelt, in einigen Fällen sind sie grenzüberschreitend oder werden es bald sein", sagt Kaulbeck im DW-Interview.

Im Auftrag von NEPAD entwickelte CPCS 2018 die Rahmenpläne für das panafrikanische Schienenprojekt. Derzeit erarbeitet CPCS weitere Machbarkeitsstudien für afrikanische Länder, beispielsweise für eine mögliche Strecke von Äthiopien in den Sudan: Es gebe eine Menge Aktivitäten im Eisenbahnsektor. Dafür müssten Regierungen oft internationale Partnerschaften eingehen, sagte Kaulbeck. Die Umsetzung der Vision gehe nur langsam voran, doch es gebe Fortschritte.

So ist nun die Bahnstrecke zwischen Äthiopien und Dschibuti elektrifiziert. Tansania baut mit einem türkischen Kredit eine Schnellzug-Strecke. Auch Ghana will nach Jahrzehnten des Verfalls seine Eisenbahn erneuern und eine 340 Kilometer lange Strecke zwischen dem Seehafen Takoradi und Kumasi im Landesinneren bauen. Das Projekt hat ein Volumen von 3,2 Milliarden US-Dollar, auch die Deutsche Bahn ist mit dabei. Zu den Kreditgebern gehört die Deutsche Bank.

Auch Younes Touitha bestätigt, dass sie innovativere Finanzstrategien für den Ausbau der Infrastruktur entwickeln müssen. Die Afrikanische Entwicklungsbank (AfDB) wolle den Ländern helfen, ihre Projekte zu strukturieren, damit sie finanzierbar werden könnten, sagt er. Wichtig seien auch Partnerschaften im öffentlichen und privaten Bereich.

Sambia hofft auf Partner

Das fordert auch Sydney Mwamba, Direktor der sambischen Staatsbahn PMRC. Es fehle Geld, die Lokomotiven seien veraltet, die Infrastruktur schlecht. "Einer der wichtigsten Aspekte, den die Regierung zur Entwicklung dieses Sektors nutzen kann, ist die Anwendung eines neuen Gesetzes über öffentlich-private Partnerschaften. Dies wird als eine der vielversprechendsten Optionen für die Entwicklung des Eisenbahnsektors angesehen, besonders mit Blick auf die afrikanische Freihandelszone", sagt Mwamba im DW-Interview.

Die Tazara-Linie verbindet Sambia und TansaniaBild: Autentic

Durch diese Zone soll Sambia mehr Handel mit den Nachbarstaaten treiben können. Das bedeute, dass mehr Güter auf der Schiene transportiert werden. Sambia müsse sich, wie viele Länder, durch Investitionen in den Eisenbahnsektor als attraktive Route für den Waren- und Dienstleistungsverkehr positionieren. Das fördere wiederum Investitionen und Wachstum im Transport und in der Industrialisierung. Doch die meisten Länder hätten - wie Sambia auch - keine robusten Finanzierungsmodelle, oft stünden auch Krisen oder andere Probleme der Regierungen stärker im politischen Fokus.

Auch der NEPAD-Experte sieht diese Herausforderungen für viele afrikanische Länder: "Wir sind manchmal mit politischen Problemen konfrontiert, die über technische Probleme hinausgehen", gibt Touitha zu. Die AU, zusammen mit NEPAD, unternähmen große Anstrengungen, um sich den Visionen anzunähern. "Aber der politische Wille der Länder ist sehr wichtig, wenn wir das Afrika sehen wollen, das wir wollen."

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