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Afrikas Verantwortung in der Flüchtlingskrise

Theresa Krinninger8. August 2015

Ist das Massensterben im Mittelmeer ein Problem, das Europa allein angehen sollte? Auf keinen Fall, meinen afrikanische Nutzer der DW-Facebook-Seiten und fordern ihre Regierungen heraus.

Flüchtlinge erreichen Hafen von Palermo (Foto: picture alliance)
Bild: picture alliance/ZUMA Press/A. Melita

"Afrika wird von machthungrigen Monstern regiert." So hart geht Fabien Ndayizeye aus Burundi mit den Politikern seines Kontinents ins Gericht. Sie sorgten sich nur um ihre Familien und ignorierten die Misere, in der sich die Mehrheit der Bevölkerung befinde. Sie seien die wahren Feinde Afrikas. "Es ist an den Afrikanern, sich von solchen Führern zu befreien, denn solange Afrika schlecht regiert wird, wird es mehr Schiffbrüche im Mittelmeer geben." Dass diese Befreiung nicht immer so leicht gelingt, zeigt ein Blick auf sein Heimatland: Dort hat sich Präsident Pierre Nkurunziza gerade bei umstrittenen Wahlen im Amt bestätigen lassen - trotz massiver Proteste wichtiger Teile der Bevölkerung.

Auch Padri Moshi aus Tansania sieht die Verantwortung ganz klar bei den afrikanischen Staaten: "Sie sind verpflichtet, Migration zu bekämpfen", so der Hörer des DW-Kisuaheli-Programms. Moshi zufolge sollten die Regierungen Afrikas sogar an den Rettungsaktionen auf dem Mittelmeer teilnehmen. Sein Landsmann Mbaga Karim sieht das ähnlich: "Afrikanische Staatsoberhäupter müssen das Problem Migration angehen. Das sollten sie auch ohne Druck von außen tun", schreibt er. Leider scheitere es oft daran, dass afrikanische Politiker die zugrundeliegenden Probleme selbst verursachten.

Hunderte DW-Nutzer kommentierten die Frage auf der Facebook-Seite des Kisuaheli-ProgrammsBild: facebook.de

Keine Perspektiven

Eines davon lautet: hohe Arbeitslosigkeit. Nicht nur Krieg und Armut zwingen die Menschen in die Flucht. Viele junge Afrikaner steigen auch in überfüllte Boote, weil sie keinerlei Perspektiven haben. Abba Sa'ad Mahuta aus Nigeria schreibt: "Die Regierungen sollten mehr Jobs schaffen. Die meisten Menschen gehen, weil sie keine Arbeit haben." An der Arbeitslosigkeit seien die Regierungen schuld - und besonders der korrupte Beamtenapparat, meint Keiyang Alkerim Bouïla aus dem Tschad: "Wer hier einen Abschluss hat, weiß nicht, was er machen soll. Wer keinen Beamten für einen Arbeitsplatz bestechen kann, hat keine Chance." Eine Lösung sei, Arbeitsplätze für junge Leute zu schaffen, anstatt das öffentliche Gut zum Nutzen der eigenen Clans zu plündern, so Bouïla.

Nach Ansicht des Kameruners Prince Hassan Abdubakar Kamaru gefährdet die Abwanderung sogar die gesamte Entwicklung Afrikas. "Unsere Politiker müssen die Armut, Arbeitslosigkeit und Terrorgefahr bekämpfen, wenn sie den Exodus verhindern und Afrika weiterbringen wollen", schreibt er. Laut Prince Achi, der sich im englischen Programm der DW zu Wort meldete, sollten die Regierungen Afrikas allein deshalb handeln, weil sie durch die Abwanderung junger Menschen qualifizierte Arbeitskräfte verlören: "Für die EU ist es ein Vorteil, für Afrika ein großer Nachteil."

Die Perspektivlosigkeit sei aber noch lange kein Grund, diese "Dummheit" zu begehen, kommentiert Usman Mohammed aus Nigeria die Flucht von Afrikanern nach Europa. "Diese Menschen sind wirklich unvernünftig, sie denken, sie könnten im Ausland reich werden. Niemand sollte sich für sie verantwortlich fühlen, sie haben sich selbst betrogen", so der Nutzer auf der Facebook-Seite des DW-Haussa-Programms.

Eigenes Risiko? Eritreische Flüchtlinge vor RhodosBild: picture alliance/AP Photo

Viele gehen aber nicht aus wirtschaftlichen Gründen weg. "Sie versuchen, über das Mittelmeer zu entkommen, weil sie in einem Land leben wollen, wo Demokratie, Rede- und Religionsfreiheit herrscht", schreibt die Äthiopiernin Susu Ashirak. Das seien rechtmäßige Gründe, das Land zu verlassen. Der Nutzer Ewinet Tn, ebenfalls aus Äthiopien, zeigt auf, dass viele weggingen, weil sie sonst von ihren diktatorischen Regierungen unterdrückt oder gar getötet würden. "Die Regierungen plündern ihr eigenes Land", so Ewinet Tn. Zudem sei es afrikanischen Regierungen egal, wie ihre Bürger den Lebensunterhalt verdienen oder was sie essen. "Sie spionieren die Bürger lieber aus, um an der Macht zu bleiben", berichtet Landsmann Abye Awtoparko.

Viele sind Diktatur und Verfolgung leidBild: Reuters/B. Ratner

Der Westen trägt Mitschuld

"Natürlich sollten afrikanische Regierungen aktiv werden", schreibt Agostinho Neves Capenda aus Angola. Andererseits sollten die Machtzentren im Westen damit aufhören, Kriege in "unterentwickelten" Ländern und besonders in Afrika zu finanzieren. Der Westen habe auch eine Mitschuld, dass ungerechte Staatsmänner an der Macht blieben und Kriege entstünden.

Eddy Marchal Wa Afrika aus Mosambik wird noch deutlicher: "Wenn sich Europäer mit den Migranten unwohl fühlen, müssen sie damit aufhören, Waffen an afrikanische Länder zu verkaufen und Kriege zu finanzieren." Dagegen sollten sie afrikanische Länder dabei unterstützen, ihre Staatsgelder besser zu überwachen, denn oft komme das Geld von Gebern der Entwicklungshilfe und lande auf den Bankkonten der afrikanischen Politiker, schreibt Marchal auf der Facebook-Seite des portugiesischen Programms. "Wenn sie das machen, ändert sich vielleicht etwas."

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