Sein Studio soll bleiben, er selbst aber will weiterziehen. Der chinesische Künstler Ai Weiwei hat angekündigt, dass er nach einem neuen Wohnort sucht. Wo er hin will, weiß er noch nicht. Aber es sollte sonniger sein.
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Drei Jahre nun wohnt er schon in Berlin. Der Künstler und Menschenrechtsaktivist, der im vergangenen Jahr 60 geworden ist, hatte sich nach der Rückerstattung seines Passes durch die chinesischen Behörden 2015 hier niedergelassen und ein schon länger geplantes Atelier in den Kellerräumen einer ehemaligen Brauerei am Pfefferberg im Bezirk Prenzlauer Berg eröffnet.
Seine dreijährige Gastprofessur an der Universität der Künste läuft in diesem Sommer aus. "Berlin hat mir eine wichtige Zeit zur Neuorientierung gegeben. Mit meinem Untergrundstudio und meiner Unkenntnis der deutschen Sprache hat es mir geholfen, die notwendige Abgeschiedenheit für meine Arbeit zu bekommen", erklärte Ai und versicherte: "Mein Studio in Berlin wird immer meine Basis in Europa bleiben. Das gebe ich nie auf."
Der wichtigste Grund für die Suche nach einem neuen Wohnort sei die Sprachbarriere. Zudem wolle er in seiner verbleibenden Zeit gern irgendwo leben, wo es mehr Sonne gebe. "Wo auch immer ich mich niederlasse - ich würde es nicht Heimat nennen, sondern eher eine notwendige Entscheidung auf dieser Reise", so Ai Weiwei.
pl/so (dpa)
Ai Weiweis Kunst in Bildern
Der Konzeptkünstler und Polit-Aktivist feiert seinen 60. Geburtstag. In seinen Installationen beschäftigt er sich mit Menschenrechten, Korruption oder Unterdrückung. Eine Auswahl seiner Werke.
Bild: picture-alliance/dpa/R. De Waal
"Good Fences Make Good Neighbors"
Ai Weiwei weiß, was es heißt, ein Flüchtling zu sein: In seiner Heimat China ist er selbst ein Verfolgter. Für seine große Schau in New York hat er über fünf Stadtteile Kunstwerke verteilt, die sich mit der globalen Flüchtlingskrise auseinandersetzen. Eine der größten Installationen ist der "Vergoldete Käfig" am Rande des Central Parks (Bild), in den man durch Drehkreuze ein- und austreten kann.
Bild: picture-alliance/newscom/J. Angelillo
Die Flüchtlingskrise als wiederkehrendes Thema
Das Drama der Flüchtlinge lässt ihn nicht los. Immer wieder verarbeitet Ai Weiwei ihr Schicksal in seinen Werken. So baute er ein 70 Meter langes Schlauchboot mit 258 überlebensgroßen Insassen. Bei den Venedig-Filmfestspielen ging sein Dokumentarfilm "Human Flow" ins Rennen um den Goldenen Löwen.
Bild: picture-alliance/CTK/V. Roman
Kunst oder Selbstdarstellung?
Ende 2015 ging das Foto des dreijährigen syrischen Flüchtlingkindes Alan Kurdi, der tot am Strand angespült wurde, um die Welt. Die Aufnahme mit Ai Weiwei entstand im Januar 2016 für das News-Magazin India Today auf der griechischen Insel Lesbos. Doch nicht jeder fand diese Art des Protestes gegen die europäische Asylpolitik ethisch vertretbar. Sie sorgte für heftige Diskussion.
Bild: Rohit Chawla/India Today via AP
Luther aus Ai Weiweis Perspektive
Die Ausstellung "Luther und die Avantgarde" zeigt Werke zeitgenössischer Kunst. Bilder seien weder gut noch böse, sie könnten den Glauben und das Nachdenken über Gott und die Welt anregen, sagte der Reformator einst. Seine Haltung zu künstlerischer Freiheit ebnete der modernen Kunst den Weg. In seiner Installation zeigt Ai Weiwei seinen Blick auf Individualität, Religion und Widerstand.
Bild: Daniel Biskup
Legosteine im Gefängnis von Alcatraz
Auch andere Ausstellungen Ais hatten klare politische Aussagen. Von September 2014 bis April 2015 war auf der früheren US-Gefängnisinsel Alcatraz eine Werkschau zu sehen, in denen der Künstler auf die Situation politisch Verfolgter aufmerksam machen wollte. Aus 1,2 Millionen Legosteinen hatte er Porträts von Menschen im Exil oder in Haft geformt. Dabei waren auch Edward Snowden und Nelson Mandela.
Bild: Getty Images/J. Sullivan
"Berlin, ich liebe dich."
Während der Berlinale 2015 drehte Ai Weiwei per Fernregie aus Peking eine achtminütige Episode des Kinofilms "Berlin, I love you". Darin beschreibt er, wie er über die große Distanz die Beziehung zu seinem damals sechsjährigen Sohn Ai Lao, der mit der Mutter in Berlin lebt, aufrecht erhalten hat. Die technische Herausforderung gelang über Satellit und Skype.
Bild: picture-alliance/dpa/L. Schulze
Die erste Ausstellung in China
Ai Weiweis Werke durften lange nicht in China gezeigt werden. Doch im Juni 2015 lockerte sich die starre Haltung der Behörden. Am 6. Juni eröffnete in Peking die erste Einzelausstellung Ais in China. Obwohl klar war, dass Ai in der Schau keine politisch motivierten Werke zeigen würde, fand die Eröffnung erst zwei Tage nach dem Jahrestag des Massakers vom Tiananmen Platz (1989) statt.
Bild: picture-alliance/AP Photo/Ng Han Guan
Sonnenblumenkerne
100 Millionen Sonnenblumenkerne aus Porzellan ließ Ai für die Londoner Tate Gallery herstellen. Zwei Jahre lang arbeiteten 1600 Menschen an der Installation, die ab Herbst 2011 ein halbes Jahr lang in London zu sehen war. Die "Sunflower Seeds" erinnern an die Zeit der Kulturrevolution, während der das Symbol der Sonnenblume ein beliebtes Propagandamotiv war.
Bild: L. Gene/AFP/Getty Images
"Circle of Animals / Zodiac Heads"
Die zwölf Tierkreiszeichen sind die Reproduktion eines Brunnens in einem alten chinesischen Königspalast, der 1850 von französischen und britischen Truppen zerstört wurde. Als Ai diese Skulpturen in New York ausgestellte, gab es Interpretationsspielräume: Reizte er China mit der symbolischen Ausfuhr eines Kulturschatzes? Oder spielte er auf die Plünderungszüge westlicher Kolonialmächte an?
Bild: picture-alliance/dpa/F. Arrizabalaga
6000 Hocker
Selbst aus dem Hausarrest heraus konnte Ai Weiwei seine Ausstellungen im Ausland organisieren. Die Installation "Stools" war 2014 im Berliner Martin Gropius-Bau zu sehen. Tausende Hocker aus seiner Heimat China - zum Teil uralte Stücke, die beim Umzug in die Stadt zurückgelassen wurden - sollten auf den Verlust chinesischer Traditionen, vor allem im ländlichen Gebiet, aufmerksam machen.
Bild: Johannes Eisele/AFP/Getty Images
"Very Yao"
Immer mehr Chinesen fahren eigene Autos. Das traditionelle Verkehrsmittel - das Fahrrad - verschwindet immer mehr aus dem Straßenbild. Radfahrern wird oft die Schuld für Verkehrsunfälle gegeben. Diese Installation aus 150 Rädern soll an Yang Jia erinnern, der auf einem angeblich geklauten Fahrrad erwischt wurde. Man hängte ihm den Mord an sechs Polizisten an. Dafür erhielt er die Todesstrafe.