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Air Berlin: Alles halb so wild

14. Juni 2017

Die schwer angeschlagene Fluggesellschaft widerspricht Gerüchten über eine drohende Pleite: "Kein Thema für uns". Gleichzeitig kündigt die Airline an, im nächsten Jahr wieder schwarze Zahlen zu schreiben.

Flugzeug von Air Berlin Boeing B737
Bild: airberlin

Air Berlin will nächstes Jahr wieder in den schwarzen Zahlen landen. 2017 sei ein Jahr des Übergangs, doch für 2018 peile das Unternehmen auf operativer Ebene (Ebit) schwarze Zahlen an, sagte Finanzchef Dimitri Courtelis am Mittwoch auf der Hauptversammlung in London.

Die hoch verschuldete Fluggesellschaft ist nach eigener Darstellung weiter zahlungsfähig. "An unserer Aussage vom April 'Die Liquidität des Unternehmens ist gesichert' hat sich nichts geändert", betonte Unternehmenschef Thomas Winkelmann.

Die Voranfrage auf Prüfung einer Bürgschaft an die Bundesländer Nordrhein-Westfalen und Berlin gehöre "zu unserer vorausschauenden Unternehmensführung. Wir loten alle Möglichkeiten aus - für alle Fälle", erklärte Winkelmann.

Die Bürgschaftsanfrage habe auch nichts mit den jüngst geplatzten Verhandlungen zwischen Etihad und dem Tui-Konzern über eine gemeinsame Ferienfluggesellschaft der Air-Berlin-Tochter Niki mit Tuifly zu tun, sagte Winkelmann.

Verstaatlichung? Ohne uns!

Wegen der schwierigen Lage lotet der Lufthansa-Rivale seit vergangener Woche die Möglichkeit aus, von zwei Bundesländern Bürgschaften zu erhalten. "Eine Landesbürgschaft von Nordrhein-Westfalen und Berlin wäre als Unterstützung für den Umbau willkommen", sagte Thomas Winkelmann. Er könne nichts zur erhofften Höhe der Bürgschaft sagen, da die Sache vertraulich sei, sagte der frühere Lufthansa-Manager der Nachrichtenagentur Reuters.

Air Berlin sei aber nicht auf das Geld der Steuerzahler aus und wolle auch nicht verstaatlicht werden. Bei der Suche nach einem Partner halte man sich alle Optionen offen. Die Fluglinie sei Marktführer im bevölkerungsreichen Nordrhein-Westfalen und der Bundeshauptstadt Berlin. "Die starke Position macht uns interessant für ein paar Branchenvertreter in Europa."

Hilfe aus Frankfurt?

Öffentlich an einem Kauf interessiert ist die größte deutsche Fluglinie Lufthansa. Bedingung sei aber, dass die Berliner vorher ihre Schulden von 1,2 Milliarden Euro komplett abbauten, hatte Lufthansa-Chef Carsten Spohr Anfang Mai gesagt. Die beiden Firmen sind bereits im Geschäft: Die Kranich-Linie mietet vom Rivalen 38 Flugzeuge einschließlich deren Crews. Die Flotte der restlichen Air Berlin zählt 75 Flugzeuge.

Die Folgen jahrelangen Missmanagements

Deutschlands zweitgrößte Fluggesellschaft steckt nach strategischen Fehlern in einer existenziellen Krise. In den vergangenen neun Jahren flog Air Berlin nur einmal einen Konzernüberschuss ein. Allein vergangenes Jahr standen unter dem Strich knapp 800 Millionen Euro.

Damit die Hauptstadt-Airline über die Runden kommt, muss Großaktionär Etihad seit dem Einstieg 2011 immer wieder tief in die Taschen greifen. Etihad ist mit einem Anteil von 29,2 Prozent der größte Einzelaktionär der Airline, will diese Beteiligung Medienberichten zufolge aber loswerden.

Großaktionär Etihad hat der angeschlagenen Airline im April in einem "Letter of Support" weitere Unterstützung für mindestens 18 Monate zugesagt. Die staatliche Fluglinie der Vereinigten Arabischen Emirate mit Sitz in Abu Dhabi sucht aber gleichzeitig nach Wegen, das glücklose Engagement in Deutschland zu beenden. Die Hauptversammlung von Air Berlin fand in London statt, da die Fluglinie juristisch als britisches Unternehmen (PLC) firmiert.

Entschädigungszahlungen in Millionenhöhe

Die Buchungen bei Air Berlin sind dem Unternehmen zufolge sicher. "Reisende können beruhigt bei uns buchen", sagte Air-Berlin-Sprecherin Krohn. Air Berlin fliege wieder verlässlich und habe seine "operativen Probleme in den Griff bekommen". Aus Ärger über ausgefallene Flüge und Verspätungen verlangen Kunden Medienberichten zufolge Schadenersatz in Millionenhöhe.

Die Kunden von Air Berlin können auf Kulanz hoffen.Bild: picture alliance/dpa/R.Schlesinger

Die Fluggesellschaft bestätigte der Nachrichtenagentur AFP, dass es in den vergangenen Monaten ein erhöhtes Beschwerdeaufkommen gegeben habe. Krohn zufolge könnte es deshalb länger dauern, bis alle Fälle bearbeitet sind. "Aber Air Berlin wird alle berechtigten Ansprüche seiner Kunden erfüllen", erklärte sie.

"Beschwerden bitte direkt an uns!"

Die Fluggesellschaft rät ihren Kunden, sich bei Entschädigungsansprüchen direkt beim Unternehmen zu melden, über ein entsprechendes Onlineformular auf der Internetseite. Neben den in der EU-Fluggastrechteverordnung festgelegten Ausgleichszahlungen gewährt Air Berlin seinen Kunden demnach auch höhere Entschädigungen in Form von Fluggutscheinen - "bei einer Kompensation von 250 Euro etwa einen Gutschein in Höhe von 350 Euro", versprach Sprecherin Krohn.

Sie riet Reisenden gleichzeitig davon ab, Klageportale mit der Abwicklung von Ausgleichszahlungen zu beauftragen: "Kunden haben mehr davon, wenn sie sich mit ihren Entschädigungsansprüchen direkt an uns wenden." Fluggastrechte-Portale steckten "bis zu 30 Prozent der Kompensation selbst ein", sagte die Unternehmenssprecherin.

dk/hb (rtr/dpa/afp)

 

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