Airlines meiden den Luftraum über Iran
8. Januar 2020Den Anfang machte Air France, die deutsche Lufthansa folgte am Mittwoch wenig später. Dann zog die niederländische KLM nach, und die russische Luftfahrtbehörde riet den Fluggesellschaften des Landes, den Luftraum über dem Irak, dem Iran, dem Persischen Golf und dem Golf von Oman zu meiden. Die US-Luftfahrtaufsicht verbot Airlines aus den USA den Überflug über die gesamte Golfregion.
"Bis auf Weiteres", will auch die KLM den gesamten Luftraum über Iran und Irak meiden, sagte ein Airline-Sprecher der Zeitung NRC Handelsblad.
Auch Qantas aus Australien, Singapore Airlines, Malaysia Airlines und die indischen Airlines Air India und Air India Express teilten mit, sie hätten ihre Flüge über der Golfregion bis auf weiteres umgeleitet. Vietnam Airlines, ANA und JAL aus Japan sowie Cathay Pacific mit Sitz in Hongkong fliegen nach eigenen Angaben nicht über den Iran und Irak.
"Wegen erhöhter militärischer Aktivitäten"
Der Iran hatte in der Nacht zum Mittwoch mit Raketen US-Militärstützpunkte im Irak angegriffen. Daraufhin untersagte die amerikanische Luftfahrtbehörde FAA US-Flugzeugen die Nutzung des Luftraums in Teilen des Nahen Ostens. Über dem Persischen Golf, dem Golf vom Oman, im Irak und im Iran dürften in den USA registrierte Flugzeuge "wegen erhöhter militärischer Aktivitäten und steigender politischer Spannungen" nicht mehr operieren, hieß es in einer Mitteilung am Dienstag.
Auch die Lufthansa begründete ihren Schritt mit der Sperrung des dortigen Luftraums: "Wir überfliegen derzeit weder Iran noch Irak." Dies sei "vorsorglich" wegen der derzeitigen Lage in der Region geschehen, sagte eine Lufthansa-Sprecherin auf Anfrage in Frankfurt. Die Lufthansa strich den einen für Mittwoch geplanten Flug von Frankfurt in die iranische Hauptstadt Teheran. Am Donnerstag sollte der Linienverkehr in die Hauptstadt wieder aufgenommen werden. Lufthansa will allerdings bei Überflügen den Luftraum der Region meiden. Wie das Bundesverkehrsministerium mitteilte, hatte die Deutsche Flugsicherung schon am Montag an die Fluggesellschaften eine Warnung über Sicherheitsrisiken wegen der Militäroperationen in der Region herausgegeben.
Jede Einschätzung "verfrüht"
Ob ein Zusammenhang zwischen den steigenden Spannungen in der Region und dem Absturz einer Maschine der ukrainischen Fluggesellschaft Ukraine International Airlines in Teheran bestehen könnte, ist derweil völlig unklar. Vorläufigen Angaben zufolge waren 167 Passagiere und neun Besatzungsmitglieder an Bord der Unglücksmaschine, teilte die Gesellschaft am Mittwoch mit. Niemand überlebte. Der Absturz geschah wenige Stunden, nachdem Iran mehrere Mittelstreckenrakten auf US-Stützpunkte in Irak abgefeuert hatte. Ukraine International Airlines stellte nach dem Absturz ihres Passagierflugzeuges alle Flüge nach Teheran ein.
Zu der Streichung von Flügen in die Region sagte der Luftfahrtexperte Arno Schulke von der Hochschule Bad Honnef gegenüber DW, es handele sich dabei offenbar um eine "reine Vorsichtsmaßnahme". Insbesondere im Blick auf den Flugzeugabsturz sei jede weitere Aussage verfrüht, solange nicht genauere Informationen vorlägen.
Die etwa vier Jahre alte Maschine des Typs Boeing 737-800 sei zuletzt vor zwei Tagen technisch überprüft worden, hieß es von Seiten der ukrainischen Airline. Informationen zur Absturzursache sollten zeitnah bekanntgegeben werden. Sowohl ukrainische als auch iranische Behördenvertreter hatten zunächst die Vermutung geäußert, die Boeing 737-800 sei wegen mechanischer Probleme abgestürzt. Später hieß es von diplomatischer Seite der Ukraine in Bagdad, jegliches Urteil über die Ursache des Unglücks sei verfrüht.
In Perth in Australien sagte der Luftfahrtexperte Geoffrey Thomas der DW, Videoaufnahmen eines iranischen Augenzeugen am Boden ließen darauf schließen, die Maschine habe bereits beim Start in Teheran gebrannt. "Dann gab es offenbar eine kleinere Explosion, bevor das Flugzeug aufschlug und dann eine viel stärkere, tragische Explosion", so Thomas. Der seien dann die Menschen an Bord zum Opfer gefallen, mutmaßte der Fachmann.
Von der Boeing des Typs 737-800 sind laut Geoffrey Thomas mehr als 7000 Maschinen im Einsatz: "Sie haben eine ausgezeichnete Sicherheitsbilanz", so der Experte zur DW. Die Maschine sei derzeit "das verlässlichste in der zivilen Luftfahrt". Am Vormittag wurde die Blackbox der Absturzmaschine sichergestellt.
ar/hb (dpa, rtr, ap, afp)