Aktivisten besetzen Gleise am Tagebau Hambach
27. Oktober 2018Rund 6500 Braunkohlegegner demonstrieren in der Nähe des Tagebaus Hambach, wie das Aktionsbündnis "Ende Gelände" mitteilte. Es handele sich um die bisher größte "Massenaktion zivilen Ungehorsams der Klimagerechtigkeitsbewegung", hieß es. An einer Solidaritätsveranstaltung im nahegelegenen Ort Buir, die von Umweltverbänden initiiert worden war, beteiligten sich rund 3000 Menschen. Die Veranstalter hatten auf 5000 Teilnehmer gehofft, allerdings sind einige Anwohner in Buir zunehmend genervt von den seit Monaten regelmäßig stattfindenden Protesten vor ihrer Haustür.
Mit seinen bis Montag geplanten Protestaktionen will das Bündnis "Ende Gelände" zum wiederholten Mal im rheinischen Tagebaugebiet Front gegen die Kohleverstromung machen. "RWE und die Regierung klammern sich an eine zerstörerische Technologie von gestern", erklärte eine Sprecherin.
Die Polizei ist mit einem Großaufgebot vor Ort. Sie rechnete mit Blockaden von Baggern, Bandanlagen und Schienen. Ein Bagger wurde zwischenzeitlich von Umweltaktivisten besetzt. Die Polizei nahm 38 von ihnen fest.
Ihnen droht Strafverfolgung wegen Hausfriedensbruchs. Die Polizeisprecherin begründete das Vorgehen der Sicherheitsbeamten zum einen mit den Gefahren auf dem Gelände, vor denen die Demonstranten geschützt werden sollten. Zum anderen hätten sie mit dem unerlaubten Betreten des Geländes des Energiekonzerns RWE Hausfriedensbruch begangen. Daher müssten die Personalien der Aktivisten festgestellt werden.
Am Nachmittag besetzten Aktivisten die Gleise der von RWE betriebenen "Hambachbahn", die Braunkohle aus dem Tagebau zu den benachbarten Kraftwerken Niederaußem und Neurath transportiert. Laut Polizei beteiligten sich rund 2500 Menschen an der Aktion. Auf der A4 bei Kerpen hatte die Polizei zuvor Wasserwerfer eingesetzt, als Aktivisten über die gesperrte Autobahn zum Tagebau liefen.
Etwa 250 Personen versuchten, in den einige Kilometer entfernten Tagebau Inden einzudringen. Die Polizei hinderte sie mit Schlagstöcken und Pfefferspray daran und nahm die Menschen fest. Zwischenzeitlich drangen Aktivisten zum Rand des Hambacher Tagebaus vor. Die Polizei warnte vor "akuter Lebensgefahr", weil es an der Abbruchkante zu Erdrutschen kommen könnte.
Straftaten "konsequent verfolgen"
19 Umweltverbände und entwicklungspolitische Organisationen unterzeichneten eine Solidaritätserklärung mit "Ende Gelände", in der es unter anderem hieß: "Ziviler Ungehorsam gegen existenzielle Gefahren und Missstände hat eine lange und bedeutende demokratische Tradition."
Bei früheren Protestaktionen von "Ende Gelände"-Aktivisten im Braunkohlerevier zwischen Aachen und Köln hatte es Auseinandersetzungen mit der Polizei gegeben. Die Aachener Polizei kündigte an, sie werde friedliche Proteste schützen und Straftaten "konsequent verfolgen". Der am Rande des Tagebaus liegende Hambacher Wald hat hohen symbolischen Wert für die deutsche Energiepolitik. RWE hatte angekündigt, den ursprünglich viel größeren Wald weiter roden, um den Tagebau voranzutreiben, während die sogenannte "Kohlekommission" über den Ausstieg aus dem klimaschädlichen Energieträger verhandelt. Ein Gericht entschied vor vier Wochen, dass RWE den restlichen Wald unangetastet lassen muss, bis ein weiteres Verfahren abgeschlossen ist.
ehl/jv/jj/stu (dpa, afp)