Angela Merkel gab Lisa Storcks 2017 im Fernsehen das Versprechen, dass Deutschland die Klimaziele für 2020 erreicht. Nun sieht es so aus, als würde Merkel ihr Versprechen brechen. Lisa Storcks gibt aber nicht auf.
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Während einer TV-Sendung vor der Bundestagswahl mit Angela Merkel ergriff die damals 23-jährige Umweltaktivistin Lisa Storcks etwas nervös das Mikrofon. Storcks fragte die Bundeskanzlerin, wann der Kohleausstieg beginne, damit Deutschland das Klimaziel für 2020 noch erreicht.
"Wir werden Wege finden, wie wir bis 2020 unser 40-Prozent-Ziel einhalten. Das verspreche ich Ihnen", antwortete Merkel.
Mit diesem Versprechen wurde Lisa Storcks in Deutschland bekannt. Die junge Studentin verlangt Verantwortung von Merkel, um ein Scheitern der Klimapolitik zu verhindern. "Es war total irre, dass sie mir das versprochen hat, dass sie verspricht, dass die Bundesregierung ihre Ziele erreichen würde", sagt Lisa Storcks zur DW.
Ein halbes Jahr nach diesem Versprechen gab die Regierung die Klimaziele auf. "Das war für mich enttäuschend. Es war aber auch nicht ganz überraschend. Während der TV-Debatte wussten viele, dass es schwer wird, diese Ziele zu erreichen. Wir sollten aber zumindest versuchen, es zu erreichen, anstatt es aufzugeben", findet Storcks.
Lisa Storcks denkt an die Umwelt seit sie zwölf Jahre alt ist. Sie entschied sich damals, entsprechend zu leben, ging auf ihre ersten Demos, stieg auf eine vegetarische Ernährung um und ist noch nie geflogen.
Sie engagiert sich in der Jungendorganisation des WWF, führt dort Jugendgruppen und kümmert sich um Onlineartikel. Auch bei Greenpeace ist sie aktiv und startete an ihrer Universität eine Kampagne zum sogenannten Divestment. Sie forderte die Uni auf, ihre Bankkonten offenzulegen und Geldvermögen aus Unternehmen abzuziehen, die mit fossilen Energien noch ihr Geld verdienen.
Storcks denkt aber auch schon weiter, will Brücken bauen zwischen Umweltaktivismus und einer realistisch denkenden Ökonomie. Sie hat gerade ihren Master in Economic Policy Consulting an der Ruhr-Universität Bochum angefangen. Daneben engagiert sie sich noch im lokalen Arbeitskreis des Netzwerk Plurale Ökonomik in Bochum, das Experten aus vielfältigen Bereichen zusammenbringt, mit dem Ziel, mehr Verständnis für eine nachhaltige Wirtschaft zu verbreiten.
Es geht nicht nur um eine Seite
Storcks will eine Wirtschaft, die die Grenzen dieser Erde akzeptiert – vor allem im Bereich der Energieversorgung. "Ich weiß, diese Rolle ist nicht leicht. Es geht hierbei nicht nur um eine Seite von Umwelt oder Wirtschaft."
Die 24-Jährige will beide Seiten verstehen. Sie möchte gegenseitiges Verständnis schaffen zwischen Menschen mit alternativen, grünen Idealen und der realen Welt, die von der Ökonomie bestimmt wird.
"Wenn man die Umwelt und das Klima schützen will, dann muss man dahin gehen, wo die Stimme ein Gewicht hat und Veränderungen bewirkt." Für Storcks gibt es hier noch viele Herausforderungen: Umweltthemen müssten nach vorne gebracht werden. "Politiker und Ökonomen denken nur kurzfristig und interessieren sich mehr fürs Geld als für den Aufbau eines nachhaltiges Systems," sagt sie. Ein Problem sei auch, dass die negativen Folgen der Wirtschaft nicht immer auf den ersten Blick so einfach sichtbar sind.
"Wir Jungen müssen uns wehren"
Lisa Storcks koordiniert Demos, schreibt Petitionen, ist im Netz aktiv, bindet andere junge Menschen und Politiker ein. Trotzdem findet sie noch Zeit, ihre Masterarbeit fertigzustellen. "Das Engagement ist für mich gar keine Arbeit, es ist wie mein Hobby. Ich will das Bewusstsein schärfen für Nachhaltigkeit im alltäglichen Leben."
Ein stabiles Klima sei entscheidend für die Zukunft ihrer Generation. Für Lisa Storcks ist dies ein Ansporn: "Wir sind vom Klimawandel schon massiv betroffen. Jetzt müssen wir unseren Mund aufmachen und uns dagegen wehren."
Anderseits ist ihr aber auch bewusst, dass das Leben in Deutschland relativ komfortabel ist. Daraus erwachse auch der starke Wunsch, sich besonders fü eine nachhaltige Zukunft und Gerechtigkeit zu engagieren. "Es ist unser Privileg und unsere Verantwortung in den Industrieländern. Wir haben das Klimachaos verursacht und müssen etwas dagegen tun. Wir leben ein gutes Leben auf Kosten der ärmeren Länder und letztendlich spüren diese noch viel stärker die Auswirkungen des Klimawandels als wir."
Was kann man für den Klimaschutz tun?
Drei Viertel aller globalen Treibhausgase entstehen bei der Verbrennung von Kohle, Öl und Gas, ein Viertel durch Landwirtschaft und Abholzung. Wie kann man Klimagase vermeiden? Was kann jeder tun? Wir geben 10 Tipps.
Bild: picture-alliance/dpa
1. Raus aus Kohle, Öl und Gas
Die meisten Klimagase kommen aus Kraftwerken, Industrie und dem Verkehr. Das Heizen von Gebäuden verursacht ein Viertel der globalen Treibhausgasemissionen. Wer Energie effizient nutzt und Kohle, Öl und Gas durch erneuerbare Energien ersetzt, schützt das Klima.
Bild: picture-alliance/dpa
2. Sauberen Strom selbst erzeugen
Strom muss inzwischen nicht mehr aus Kohle-, Öl- und Gaskraftwerken kommen. Es gibt Alternativen - und die sind inzwischen sogar meist deutlich preiswerter. Strom lässt sich leicht selber produzieren und auch mehr als man selbst braucht. Auf den Dächern gibt es für Solarmodule viel Platz, die Technik ist etabliert.
Bild: Mobisol
3. Gute Ideen unterstützen
Immer mehr Kommunen, Firmen und Genossenschaften investieren in erneuerbare Energien und verkaufen sauberen Strom. Dieser Solarpark gehört Saerbeck. Die deutsche Gemeinde mit 7200 Einwohnern produziert mehr Strom als sie braucht und ist ein Vorbild für die zukunftsweisende dezentrale Energieversorgung. Hier ist gerade eine Delegation aus den USA zu Besuch und erfährt wie das geht.
Bild: Gemeinde Saerbeck/Ulrich Gunka
4. Kein Geld für klimaschädliche Unternehmen
Immer mehr Bürger, Pensionsfonds, Versicherungen, Universitäten und Städte ziehen ihr Geld aus fossilen Brennstoffunternehmen ab. Münster ist in Deutschland die erste Stadt, die sich der sogenannten Divestment-Bewegung angeschlossen hat. Weltweit haben sich mittlerweile über 180 Städte und Universitäten dazu verpflichtet. Die globale Bewegung hat viel Dynamik, auch weil jeder mitmachen kann.
Bild: 350.org/Linda Choritz
5. Umsteigen auf Rad, Bus und Bahn
Fahrräder, Bus und Bahn sparen viel CO2. Im Vergleich zum Auto ist ein Bus fünf Mal klimafreundlicher und ein elektrisch betriebener Zug mit Ökostrom sogar über 20 Mal. In Amsterdam fahren die meisten Bürger Rad. Die Stadt fördert mit breiten Radwegen und Fahrradstraßen diesen Verkehr und ist Vorbild für andere Städte.
Bild: DW/G. Rueter
6. Nicht fliegen
Fliegen ist äußerst klimaschädlich. Die Fakten zeigen das Dilemma: Zur Einhaltung des Klimaziele sollte jeder Erdbewohner im Durchschnitt nur noch rund eine Tonnen CO2 pro Jahr verursachen. Ein Hin- und Rückflug zwischen Berlin und New York verursacht pro Person jedoch schon eine Klimawirkung von 6,5 Tonnen CO2. In den Urlaub sollte man deshalb nicht mehr fliegen.
Bild: Getty Images/AFP/P. Huguen
7. Weniger Fleisch essen
Für das Klima ist auch die Landwirtschaft ein Problem. Beim Reisanbau und in den Mägen von Rindern, Schafen und Ziegen entsteht das sehr klimaschädliche Gas Methan. Kritisch sind Viehhaltung und weltweit wachsender Fleischkonsum auch wegen des zunehmenden Bedarfs an Soja für die Fütterung. Für den Soja-Anbau werden Regenwälder abgeholzt oder in Brand gesetzt.
Bild: Getty Images/J. Sullivan
8. Biolebensmittel kaufen
Besonders klimaschädlich ist Lachgas. Sein Anteil am globalen Treibhauseffekt liegt bei sechs Prozent. Es entsteht in Kraftwerken und Motoren, vor allem aber durch die Verwendung von Kunstdünger in der Landwirtschaft. Beim ökologischen Anbau ist das verboten und deshalb wird weniger Lachgas freigesetzt. Das hilft dem Klimaschutz.
Bild: imago/R. Lueger
9. Nachhaltig bauen und konsumieren
Bei der Herstellung von Stahl und Zement entsteht viel CO2, beim Wachstum von Holz und Bambus wird CO2 dagegen gebunden. Die bewusste Wahl von Baumaterialien hilft dem Klima. Das gleiche gilt für den Konsum. Für eine Massage und Frisur braucht man keine fossile Energie, für einen Plastikbecher etwas und für ein neues Auto viel.
Bild: Oliver Ristau
10. Verantwortung übernehmen
Wie kann man Treibhausgase vermeiden, damit Kinder und Enkel keine katastrophalen Folgen der Erderhitzung erleben? Diese Schüler sind fasziniert von sauberer Energie und sehen sie als Chance für ihre Zukunft. Jeder kann helfen, dass dies gelingt.