Von den Tiefen des Ozeans bis in unser Bier - Mikroplastik wurde bereits fast überall gefunden. Eine neue Studie weist jetzt nach, dass sich die kleinen Plastikpartikel auch in unseren Fäkalien befinden.
Im Durchschnitt waren es 20 Mikroplastikpartikel pro zehn Gramm Fäkalien, die zwischen 50 und 500 Mikrometer groß waren.
"Plastik ist in unserem Alltag allgegenwärtig und Menschen sind Plastik in den verschiedensten Formen ausgesetzt", sagt Philipp Schwabl, Hauptautor der Studie, er habe jedoch nicht erwartet, "dass jede Probe positiv ausfällt."
Plastik ist überall. Seit den 50er Jahren wird es immer häufiger benutzt.
Mikroplastik sind kleine Plastikpartikel, die im Durchmesser fünf Millimeter oder kleiner sind. Manche werden absichtlich hergestellt und zum Beispiel für Gesichtspeelings oder Zahncrèmes verwendet. Andere lösen sich von größeren Plastikobjekten ab: zum Beispiel Fasern, die beim Waschen von unserer Kleidung fallen.
Insgesamt wurden in der Studie neun verschiedene Plastiktypen in den Stuhlproben identifiziert. Am häufigsten kamen Plastikpartikel vor, die für Verpackungen, Gewebe und Wasserflaschen genutzt werden: Polypropolyen und Polyethylenterephthalat.
"Es ist sehr wahrscheinlich", vermutet Schwabl, "dass unser Essen während der verschiedenen Verpackungsstufen in der Lebensmittelverarbeitung mit Plastik verseucht wird". Die meisten Teilnehmer hatten in ihrem Alltag aus Plastikflaschen getrunken oder Fisch oder Meeresfrüchte gegessen".
Fast jedes Tier nimmt beim Fressen regelmäßig Mikroplastik auf. Die winzigen Plastikpartikel wandern von Algen zum Thunfisch und letztendlich bis zum Menschen. Die Forscher warnen, dass Mikroplastik auch die Gesundheit von Menschen beeinträchtigen könnte.
"Was uns besonders beunruhigt ist, welche Auswirkungen das Mikroplastik für Patienten mit Magen- und Darmkrankheiten haben könnte", sagt Schwabl. Denn bei Untersuchungen mit Tieren wurde die größte Anzahl an Plastikpartikeln im Darm gefunden. Besonders kleine Mikroplastikteilchen fanden sich sogar im Blutkreislauf, im Lymphsystem und in der Leber.
Mikroplastik: Wie groß ist die Gefahr?
Plastik erobert die Welt: Immer mehr Verpackungen, Spielzeuge und Alltagsgegenstände sind aus Plastik. Mikroplastik gibt es auch in Textilien, Reifen, Farben und Kosmetika. Was bedeutet dies für uns und unsere Umwelt?
Bild: picture alliance/JOKER/A. Stein
Klein wie Sand
Mikroplastik sind kleine Kunsstoffteilchen. Sie sind kleiner als fünf Millimeter und werden Produkten zugesetzt. Auch entsteht Mikroplastik beim Zerfall von Plastikmüll, und durch Abrieb, beim Wäschewaschen und Autofahren.
Bild: picture alliance/JOKER/A. Stein
Zahnpasta mit Mikoplastik
Einigen Herstellern ist es egal, viele Menschen wissen es nicht: Die kleinen blauen Punkte sind winzige Plastikkügelchen. Sie scheuern beim Zähneputzen und sollen bei der Reinigung helfen. Später landen diese Kügelchen mit großer Wahrscheinlich im Meer. Kläranlagen können Mikroplastik meist nicht herausfiltern.
Bild: picture-alliance/dpa/S. Sauer
Kosmetika mit viel Kunststoff
Plastikkügelchen in Peelings oder Duschgel, Mikroplastik als Trübungsmittel. Die Verbraucher werden von den Herstellern nicht richtig informiert, ob Plastik und synthetische Kunststoffe in ihren Kosmetika sind. Umweltschützer und auch Behörden fordern ein Verbot der kleinen Kunststoffe.
Bild: picture-alliance/empics/Y. Mok
Aus Synthetikfasern wird Mikroplastik
Weltweit wird das meiste Mikroplastik durch synthetische Textilien freigesetzt. Rund 60 Prozent der Kleider enthalten Kunstfasern, der Trend zur Nutzung des günstigen Garns geht steil nach oben. Beim Waschen einer Fliesjacke werden bis zu einer Millionen Fasern freigesetzt. In Europa landen laut einer EU-Studie so rund 30.000 Tonnen Synthetikfasern pro Jahr im Abwasser.
Bild: Imago/Mint Images
Kunststoff im Trinkwasser
Mikroplastik verunreinigt nicht nur Flüsse und Weltmeere - Millionen Menschen nehmen täglich unsichtbare Kunststofffasern schon mit dem Leitungswasser auf. US-Forscher hatten über 150 Leitungswasserproben in Städten aus fünf Kontinenten untersucht und fanden in 83 Prozent der Proben mikroskopisch kleine Kunststofffasern.
Bild: Colourbox
Mikroplastik im Meer
Aus dem Abrieb von Kunststoffen wird Mikroplastik. Ein Teil davon gelangt ins Meer. Die größten Mengen stammen von synthetischen Textilien, gefolgt von Autoreifen, Stadtstaub und Fahrbahnmarkierungen. Der Anteil von Mikroplastik aus Köperpflegeprodukten ist im Vergleich gering.
Tickende Zeitbombe
Auch aus Plastikmüll wird Mikroplastik: Eine Tüte braucht bis zu 20 Jahre, eine Plastikflasche bis zu 450 Jahre. Jeder Erdbewohner "verbraucht" im Durchschnitt rund 60 KG Plastik pro Jahr, Nordamerikaner und Westeuropäer sogar über 100 Kg. Rund zwei Prozent der weltweit produzierten Kunststoffe landen im Meer.
Bild: Getty Images/M.Clarke
Gefangen in Plastik
Die Plastikflut trifft Tier und Mensch, wie genau, das wissen wir noch nicht. Die Forschung steckt noch in den Kinderschuhen. Klar ist allerdings, dass Plastik und Mikroplastik in allen Mägen landet. Tiere verhungern deshalb zum Teil. Nach bisherigem Wissensstand ist eine Gesundheitsgefährdung für den Menschen nicht bekannt.
Bild: Reuters/Francis Perez/Courtesy of World Press Photo Foundation
Weniger Plastik?
Plastik ist in der Herstellung günstig und im Alltag oft praktisch. Weltweit wird aber auch zunehmend darüber nachgedacht, was die Politik tun kann: Tüten, Einwegbecher und Mikroplastik in Kosmetika verbieten, eine Pflicht zum Recycling einführen oder eine Plastiksteuer? Am besten ist aber: Selbst freiwillig auf umweltfreundliche Alternativen zurückgreifen.
Bild: picture-alliance/dpa/S. Pilick
9 Bilder1 | 9
Was wir noch nicht wissen
In einem kürzlich veröffentlichten Bericht über Mikroplastik kritisiert Alistair Boxall, Professor für Umwelt und Geografie an der York Universität, dass Tiere unter Laborbedingungen oft viel höheren Mikroplastikmengen ausgesetzt waren als sie in der Natur vorkommen.
"Obwohl Mikroplastik in der Umwelt vorkommt und wir es sowohl im Salzwasser als auch im Trinkwasser finden, glaube ich, dass es noch keine Beweise gibt, dass die Partikel tatsächlich einen Einfluss auf die Gesundheit von Tieren und Menschen haben", meint Boxall und fügt hinzu: "Ich glaube, dass es andere Chemikalien in der Umwelt gibt, über die wir uns viel mehr Sorgen machen sollten als über Mikroplastik."
Auch der Wiener Studienleiter Schwabl gibt zu bedenken, dass weitere Forschungen nötig sind.
"Jetzt, wo wir den ersten Beweis haben, dass sich Mikroplastik im Menschen befindet, brauchen wir mehr Recherche, um zu verstehen, was das für unsere Gesundheit bedeutet".
.
Die Welt versinkt in Plastik – und was tust du?
Das Plastikproblem bekommt immer mehr Aufmerksamkeit. Auch die EU hat inzwischen eine Strategie vorgelegt, um Plastik zu reduzieren. Ohne Mitarbeit der Industrie wird es nicht gehen – aber mithelfen kann jeder.
Bild: Imago/Zumapress/S. Chung
Wie viel Plastik konsumierst du?
Muss es denn ständig Plastik sein? Nein, denken sich immer mehr Menschen. Die Unternehmen reagieren: McDonald’s und Starbucks haben angekündigt, ihre Plastikstrohhalme bald durch nachhaltigere Modelle auszutauschen. Auch Brotdosen und umweltfreundliche To-go-Becher sind "in", aber da geht noch mehr! Hier ein paar Tipps.
Bild: picture-alliance/dpa/I. Zoehrer
Faul versus nachhaltig
In den 1970ern wurde To-go-Essen zum Trend. Die Idee verbreitete sich von den USA aus wie ein Lauffeuer. Schnell was zum Mitnehmen holen oder bringen lassen, um gemütlich zuhause auf der Couch zu speisen. Dabei den Plastikmüll konsequent ignorierend. Tipp: Lieber mit Freunden zusammen Essen gehen oder kochen, anstatt Lieferdienste durch die ganze Stadt zu jagen.
Mikroplastikteilchen gelangen von unserer Wäsche in die Abwassersysteme und so in den Wasserkreislauf der Stadt. Vor allem Sportkleidung besteht aus Polyester, Nylon und anderen künstlichen Fasern. Aber auch in der Alltagskleidung sind sie zunehmend zu finden. Nachhaltig produzierte Kleidung ist meist etwas teurer. Das wollen sich nur Wenige leisten. Es gibt aber erschwingliche Alternativen.
Bild: REUTERS/H. Hanschke
Stop Micro Waste
Ein Unternehmen aus Berlin hat den "Guppyfriend" entwickelt. Ein Waschbeutel für alles, was künstliche Fasern wie Polyester und Co. enthält. Der Beutel filtert angeblich die kleinen Teilchen aus dem Waschwasser. Er soll die Partikel auffangen. Mit der Hand ließen sich die Überreste entnehmen und im Müll entsorgen, wirbt das Unternehmen.
Bild: Stop! Micro Waste
Zähneputzen auf ökologische Art
Wo wir schon beim Thema Hygiene sind: Zahnärzte raten, dass wir alle drei Monate die Zahnbürste wechseln. Das ist auch richtig so, allerdings sorgt dieser Zyklus auch für eine Menge Plastikmüll. Also beim nächsten Mal nicht zur Plastik-Zahnbürste greifen, sondern eine Holz- bzw. Bambusbürste mit Naturborsten anschaffen. Dann ist Zähneputzen gleich doppelt gut!
Bild: picture alliance/dpa/I. Kjer
Klein, aber igitt
Eine noch kürzere Lebenszeit als Zahnbürsten haben wohl Wattestäbchen. Die landen zuhauf erst auf dem Müll und dann oft auch im Meer. Tipp: Es gibt bereits Wattestäbchen mit Papierstiel. Das ist definitiv die ökologischere Lösung.
Bild: picture-alliance/dpa/B. Marks
Es geht noch kleiner
Shampoo, Make-up, Duschgel, Zahncreme - in vielen dieser Produkte steckt Mikroplastik, aber es gibt ebenso viele Alternativen. Es gilt: Augen auf beim Einkauf. Stoffe wie Polyethylen (PE), Polypropylen (PP), Polyamid (PA) und Polyethylenterephtalat (PET) sollten nicht unter den Inhaltsstoffen auftauchen.
Bild: picture-alliance/dpa/S. Sauer
Mikroplastik aus Autoreifen
Aber genug der Kosmetika. In Deutschland stammt der höchste Anteil Mikroplastik aus dem Abrieb von Autoreifen. Verrückt, oder? Laut der TU Berlin gelangen in Deutschland pro Jahr etwa 120.000 Tonnen Autoreifenabrieb in die Umwelt. Die Stoffe, darunter auch Weichmacher, werden von Pflanzen aufgenommen. Ein Grund mehr, weniger Auto zu fahren.
Bild: Getty Images/P. Macdiarmid
Bier schmeckt besser aus Gläsern
Auch unsere Feierwut trägt ihren Teil zur Umweltverschmutzung bei. Beinahe auf allen Festivals werden nur noch Plastikbecher und -flaschen angeboten. "Rock am Ring" beispielsweise produziert in drei Tagen etwa 500 Tonnen Müll – der größte Teil davon ist Plastik. Aus Gründen der Sicherheit sind Glasflaschen natürlich verboten, doch gibt es reichlich Alternativen zum Einwegbecher.
Bild: picture-alliance/empics/D. Thompson
Coffee-to-go-Becher
Wegwerfbecher sind bei Umweltschützern schon fast die Inkarnation des Bösen. Insbesondere nachhaltigere Optionen für Kaffee erobern jetzt Deutschland. Aber nicht jeder nutzt diese Becher, weshalb Umweltschützer weiter kräftig dafür werben - solange, bis in Deutschland nicht mehr 320.000 Becher pro Stunde weggeschmissen werden. EU-weit gehören wir damit zu den größten Müllproduzenten.
Bild: dirkmathesius
Essbare Wasserkugeln
Übrigens: Einweg-Plastikflaschen aus PET sind zwar gut recycelbar, eine absolut nachhaltige Lösung sind sie aber trotzdem nicht. Ganz im Gegensatz zu diesen Wasserkugeln. Eine essbare Membran hält das Ganze zusammen. Eine unvorstellbare Menge Plastik ließe sich mit dieser Innovation einsparen, werben die Londoner Erfinder von Ooho. Aber ob sich das wirklich durchsetzen wird?