In einem spannenden Finale auf dem heiligen Rasen von Wimbledon gewinnt der Spanier Carlos Alcaraz und beendet damit eine bemerkenswerte Serie des Serben Novak Djokovic. Ist das der Beginn einer Wachablösung?
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Der König ist tot, es lebe der König: Carlos Alcaraz hat die jahrelange Herrschaft von Novak Djokovic auf dem Center Court beendet. Der spanische Monarch Felipe VI. sowie Prinzessin Kate und Prinz William mit ihren Kindern George und Charlotte waren Augenzeugen, als sich der 20 Jahre alte Herausforderer in einem faszinierenden Endspiel 1:6, 7:6 (8:6), 6:1, 3:6, 6:4 gegen den 16 Jahre älteren Serben durchsetzte. Mit seinem Triumph in Wimbledon verteidigte Alcaraz auch Platz eins in der Weltrangliste.
Wimbledon - bestes Tennis, feiner Stil
Das Rasenturnier von Wimbledon ist das wichtigste und bedeutendste Tennisturnier der Welt. Es hat eine bewegte Geschichte, es stehen große Namen in den Siegerlisten - und ganz besonders wichtig ist dabei die Etikette.
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Der "heilige Rasen" an der Church Road
Wimbledon ist das älteste und bedeutendste Tennisturnier der Welt. 1877 findet die Premiere statt. Der Grund: Der All England Lawn Tennis and Croquet Club will mit dem Turnier Geld einnehmen, um eine 10 Pfund teure neue Rasenwalze anschaffen zu können. 1922 zieht man an die Church Road um, wo das Turnier auch heute noch seine Heimat hat. Gespielt wird auf zwei Haupt- und 16 Nebenplätzen.
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Königliche Loge
Beim Umzug ins neue Stadion wird 1922 auch an die englischen Royals gedacht, indem man der Königsfamilie auf der Tribüne des Centre Courts eine eigene Loge, die sogenannte "Royal box", einrichtet. Englands König Georg V. ist 1907 der erste royale Gast bei den Wimbledon Championships. In den vergangenen Jahren sind Herzogin Catherine und Prinz William regelmäßig beim Turnier dabei.
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Siegerehrung durch die Prinzessin
Catherine, die Prinzessin von Wales, übernimmt seit 2022 auch die Siegerehrungen. 52 Jahre lang hatte diese ehrenvolle Aufgabe Edward, Herzog von Kent - bis 2001 war dabei stets seine Frau, die Herzogin, an seiner Seite. Er war ein Cousin der verstorbenen Queen Elisabeth II. 2021 dankte er als Klubpräsident in Wimbledon ab. Nun ist die jüngere Generation an der Reihe.
Wer in Wimbledon auf den Platz möchte, dessen Kleidung hat zu 90 Prozent weiß zu sein. Das ist seit den Anfängen des Turniers so und gilt in den 90er Jahren auch für "Paradiesvogel" André Agassi, der normalerweise in Neonfarben auf dem Platz steht. Für Wimbledon macht er eine Ausnahme - nur auf die Radlerhose unter den Tennis-Shorts will er dann doch nicht verzichten.
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Harte Schule
Bevor die Balljungen und -mädchen in Reih und Glied auf die Courts von Wimbledon marschieren dürfen, haben sie ein strenges Auswahlverfahren durchlaufen. Fünf Monate lang dauert der Drill der 14- bis 18-Jährigen, denen beigebracht wird, Bälle perfekt zu rollen und Handtücher richtig zu reichen. Von 1000 Bewerbern schaffen es jedes Jahr nur 250 auf den heiligen Rasen.
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Handarbeit
Wer spielt wann und in welcher Runde auf welchem Platz gegen wen? Bei einem Turnier mit den Ausmaßen Wimbledons, wo neben der Einzel- auch noch die Doppel- und Mixed-Konkurrenz ausgespielt werden, ist es gar nicht so leicht, den Überblick zu behalten. An der Church Road überlässt man aber nichts dem Zufall, oder dem Computer, sondern hält das Scoreboard stets von Hand auf dem neuesten Stand.
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Guten Appetit!
Beliebteste Zwischenmahlzeit sind bei den Wimbledon-Besuchern Erdbeeren mit Sahne. Täglich gehen unzählige Portionen "Strawberries and cream" über die Theken der Verkaufsstände. Das "Erdbeer-Team" in Wimbledon besteht aus 40 Personen. Angeblich werden mittlerweile pro Turnier rund 28.000 Kilogramm der roten Früchte und etwa 7000 Liter Schlagsahne verbraucht.
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Erfolgreiche Brüder
Anfangs ist das Turnier fest in britischer Hand - ausländische Spieler werden erst 1910 zugelassen. William Renshaw (r.) gewinnt zwischen 1881 und 1886 sechsmal in Folge, zweimal gegen seinen Zwillingsbruder Ernest (v.l.). William Renshaw erringt insgesamt sieben Einzeltitel in Wimbledon, womit er Rekordsieger bleibt, bis Roger Federer 2017 seinen achten Erfolg im Einzel feiert.
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Rekordsieger
Neben William Renshaw darf auch der US-Amerikaner Pete Sampras (2.v.l.) den Siegerpokal siebenmal in die Höhe stemmen. Einen Sieg mehr hat Federer (2.v.r.), der bei den Zuschauern in Wimbledon äußerst beliebt ist, gewinnt zwischen 2003 und 2007 sogar fünfmal in Serie. Gleiches schafft auch Björn Borg (l.) in den 1970er Jahren.
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Ikone aus Schweden
Der langhaarige Schwede ist damals ein echter Popstar und wird vor allem von den weiblichen Fans verehrt. Borg spielt unorthodox und revolutioniert das Tennisspiel: So führt er beispielsweise die beidhändige Rückhand ein. An der Church Road heimst er zwischen 1976 und 1980 alle Titel ein und steht 1981 noch einmal im Finale, das er allerdings gegen John McEnroe verliert.
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Australische Dominanz
Bevor Borg die Kontrolle in Wimbledon übernimmt, ist das Turnier bei den Herren jahrzehntelang fest in australischer Hand. In den 26 Ausgaben zwischen 1946 und 1971 steht nur fünfmal kein Australier im Finale. Zehnmal ist das Endspiel in dieser Zeit sogar rein australisch. 1968 beginnt die Open-Ära, auch Profis dürfen jetzt mitspielen. Erster Sieger: Rod Laver aus Australien (Foto).
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In die Herzen gehechtet
Einen Wimbledonsieg weniger als Laver - nämlich drei - hat Boris Becker auf dem Konto. Der rothaarige Deutsche gewinnt 1985 überraschend als 17-Jähriger und erobert die Herzen der Londoner Zuschauer im Sturm. Sein Markenzeichen: der Becker-Hecht. Becker nennt den Centre Court sein Wohnzimmer. Allerdings verliert er insgesamt mehr Wimbledon-Endspiele (4), als er gewinnt (3).
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Kein Duell unter Freunden
Die bitterste Finalniederlage ist wohl die von 1991 gegen Michael Stich. Die beiden spielen zwar gemeinsam in einem Davis-Cup-Team, Freunde sind sie aber nicht - eher im Gegenteil. Stich, stets im Schatten Beckers stehend, zieht eiskalt sein Spiel durch und gewinnt glatt in drei Sätzen. Becker lässt seinem Frust freien Lauf: "Ich spiele einen Mist", brüllt er über den Court. "Ich mag nicht mehr."
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Endlich wieder ein Brite
Besonders glücklich macht Andy Murray die Zuschauer in Wimbledon, als er das Turnier 2013 gewinnt. Endlich, wird der überwiegende Großteil der Tennisfans von der Insel damals gedacht haben. 77 Jahre nach dem Engländer Fred Perry darf mit dem Schotten Murray wieder ein Brite den goldenen Siegerpokal in Empfang nehmen und seinen Kuss darauf drücken.
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Deutsches Finale
Für die deutschen Spielerinnen und Spieler sind zunächst die 1930er Jahre die erfolgreichste Zeit in Wimbledon. Gottfried von Cramm steht zwischen 1935 und 1937 dreimal im Finale. 1931 gewinnt Cilly Aussem (l.) in einem deutschen Endspiel gegen Hilde Krahwinkel-Sperling. Danach folgt eine ähnlich lange Durststrecke wie bei den Briten. Erst 57 Jahre später gibt es den nächsten deutschen Erfolg.
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Die Ära der Gräfin
Dann allerdings kommen die Erfolge direkt in Serie: Steffi Graf feiert ihre sieben Wimbledonsiege zwischen 1988 und 1996 (Foto) und ist damit in dieser Phase die dominante Figur des Turniers. Ihr erstes Endspiel im Jahr 1987 verliert sie noch. 1999 erreicht sie zum letzten Mal das Finale, zieht aber gegen die US-Amerikanerin Lindsay Davenport den Kürzeren.
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Ungläubige Nachfolgerin
Erst 22 Jahre nach Steffi Graf gewinnt mit Angelique Kerber erneut eine Deutsche das Turnier an der Church Road und kann ihren 6:3, 6:3-Erfolg gegen Serena Williams, die erst wenige Monate zuvor aus der Babypause zurückgekehrt ist, kaum fassen. Es ist der dritte Anlauf auf die Graf-Nachfolge: 2013 verliert Sabine Lisicki gegen Marion Bartoli, 2016 muss sich Kerber Serena Williams geschlagen geben.
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Die Queen von Wimbledon
Williams hat sieben Einzelerfolge in Wimbledon erreicht. Die erfolgreichste Spielerin aller Zeiten ist aber Steffi Grafs Dauerrivalin Martina Navratilova. Die gebürtige Tschechin gewinnt das Turnier neunmal. Zwischen 1982 und 1990 steht sie immer im Finale. Auch ihre sechs Siege in Serie zwischen 1982 und 1987 sind Rekord.
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"Es ist ein Traum, der für mich wahr wird", sagte der sichtlich ergriffene Alcaraz: "Auch wenn ich verloren hätte, hätte ich stolz auf mich sein können. Für mich ist das unglaublich für einen 20 Jahre alten Jungen gegen diese Legende zu gewinnen. Ich bin wirklich sehr stolz." Djokovic habe ihn sehr inspiriert: "Ich war ein kleiner Junge und habe Dir zugeschaut."
Djokovic: "Ganz, ganz starke Leistung"
Djokovic hätte mit einem Sieg in London zu Rekordsieger Roger Federer aufgeschlossen. Zudem hätte er mit seinem 24. Erfolg bei einem der vier Grand-Slam-Turniere die Bestmarke der Australierin Margaret Court eingestellt. Doch daraus wurde nichts. Alcaraz verwandelte nach 4:42 Stunden seinen ersten Matchball und krönte sich zum König von Wimbledon. Er nahm damit auch Revanche für seine Halbfinale-Niederlage bei den French Open. Durch den Sieg gegen den Serben beendete Alcaraz eine sensationelle Serie seinen Kontrahenten.
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Djokovic nahm die Niederlage gefasst und sogar mit ein bisschen Humor. "Ich dachte, ich hätte mit dir Probleme auf Sand oder auf Hartplatz, aber doch nicht auf Rasen", sagte er bei der Siegerehrung an die Adresse seines 16 Jahre jüngeren Bezwingers, dem er eine "außergewöhnliche, ganz, ganz starke Leistung" bescheinigte. Er habe "heute nicht gewonnen, aber gegen einen besseren Spieler verloren". Djokovic geriet nach der Niederlage regelrecht ins Schwärmen und sagte er habe "noch nie" gegen einen wie Alcaraz gespielt, der Spanier vereine das Können von Roger Federer, Rafael Nadal und Djokovic selbst, sagte der Serbe. Alcaraz habe "das Beste aus drei Welten", vor allem aber diese "spanische Stierkampf-Mentalität".
Alcaraz bleibt die Nummer eins der Welt
Djokovic, der in Wimbledon seit 34 Matches und auf dem Centre Court seit 2013 nicht mehr verloren hatte, wäre der älteste Wimbledonsieger der Open-Ära (seit 1968) gewesen. Alcaraz ist nun der jüngste Champion im Rasenmekka seit Boris Becker und der erste seit 2003, der nicht Roger Federer, Rafael Nadal, Andy Murray oder Djokovic heißt.
Seit Boris Becker, der bei seinen Triumphen 1985 und 1986 noch keine 19 war, war kein Wimbledonsieger jünger als Alcaraz. Er ist erst der fünfte Spieler neben Becker, Mats Wilander, Björn Borg und Rafael Nadal, der vor seinem 21. Geburtstag mindesten zwei Grand Slams gewonnen hat. Alcaraz sei derzeit der "beste Spieler der Welt", er habe "alles für eine lange Karriere auf allen Belägen", betonte Djokovic. Zugleich aber äußerte er die Hoffnung, dass das Endspiel von Wimbledon, das dritte Duell der beiden, "der Beginn einer großen Rivalität" sei. "Ich hoffe, wir spielen auch bei den US Open gegeneinander, es ist gut, wenn sich die Nummer eins und die Nummer zwei in einem fast fünfstündigen Thriller duellieren".