Seitdem versucht die Polizei herauszufinden, wie es zu dem Unfall kommen konnte. Wieso war die Waffe mit scharfer Munition geladen? Wer trägt die Schuld? Wer übernimmt die Verantwortung? Im November äußerten die Anwälte der Waffenmeisterin den Verdacht, jemand hätte den Film sabotieren wollen. Bisher ist das alles nicht belegt. Die Ermittlungen dauern an.
Immerhin: Alec Baldwins Anwalt Aaron Dyer gab bekannt, dass sein Mandant noch in dieser Woche den Behörden sein Smartphone zur Verfügung stellen werde. So berichtet es die "New York Times". Baldwin hatte lange gezögert und jetzt zugestimmt. Denn noch immer gibt es in dem Fall mehr Fragen als Antworten.
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Waffenmeisterin vs. Waffenlieferant
Unterdessen hat die Waffenmeisterin Hannah Gutierrez Reed am zuständigen Gericht in New Mexico Klage gegen den Requisiteur und Waffenlieferanten Seth Kenney und seine Firma PDQ Arm & Prop eingereicht. Laut Anklage habe er eine falsch beschriftete Munitionskiste ans Set gebracht. Auf der Kiste habe "Dummies" gestanden, obwohl auch echte Munition darin gewesen sei. Seth Kennedy bestritt diesen Vorwurf bereits im November gegenüber der Zeitung "Los Angeles Times". Seine Firma habe Waffen, Platzpatronen und einen Teil der Scheinmunition zur Verfügung gestellt, aber keine scharfe Munition an den Drehort geliefert, sagte er seinerzeit. Gemäß der Sicherheitsvorschriften in der Filmindustrie ist scharfe Munition an Sets ohnehin verboten.
Fakt ist aber laut Ermittlungen der Polizei, dass in der Waffe eine echte Patrone steckte. Die Frage ist, wie sie da hineingekommen ist und warum dies niemand bemerkt oder vor den Proben überprüft hat. Laut Klage der Waffenmeisterin habe die Requisitenabteilung die Waffen sicher verschlossen, nicht aber die Munition. Offenbar sei der Wagen mit den Requisiten, in dem auch die Munition lagerte, "vor den Dreharbeiten praktisch immer unverschlossen und für jeden zugänglich" gewesen.
Tragische Unfälle bei Dreharbeiten
Schauspieler Alec Baldwin schießt am Set zu "Rust" versehentlich auf zwei Menschen. Nicht zum ersten Mal kommt es bei Dreharbeiten zu so einem tragischen Unfall.
Bild: Rich Polk/Getty Images for IMDb
Alec Baldwin - "Rust"
Bei den Dreharbeiten zu "Rust" löst sich ein Schuss aus einer Requisitenwaffe, die Alec Baldwin in der Hand hält. Später gibt der Schauspieler an, nicht gewusst zu haben, dass sie mit echter Munition geladen war: Die Schüsse treffen Kamerafrau Halyna Hutchins, die kurz darauf ihren Verletzungen im Krankenhaus erliegt. Filmregisseur Joel Souza wird bei dem Vorfall ebenfalls angeschossen.
Bild: Rich Polk/Getty Images for IMDb
Brandon Lee - "The Crow"
Es ist nicht das erste Mal, dass ein Unglück mit Todesfolgen an einem Filmset geschieht: 1993 stirbt Brandon Lee, der Sohn von Kampfsportlegende Jason Lee, bei Dreharbeiten zu "The Crow". In einer Requisitenwaffe steckt eine echte Patronenhülse. Die Kugel trifft raf Lee in den Bauch. Er erliegt kurz darauf seinen Verletzungen. Lee wurde 28 Jahre alt. Der Film wurde dennoch fertig gestellt.
Bild: United Archives/IMAGO
"Twilight Zone"
Beim letzten Drehtag zu "Twilight Zone" sterben drei Menschen bei einem schrecklichen Unfall: Schauspieler Vic Morrow (53) und die beiden Kinderschauspieler Renee Shinn Chen (6) und Myca Dinh Le (7) fliehen in einer Kriegsszene vor einem Helikopter. Spezialeffekte in Form von Explosionen werden gezündet. Der Pilot des Helikopters verliert die Kontrolle und stürzt auf die drei Darsteller.
Bild: AP Photo/picture alliance
"In tödlicher Mission"
Auch die James-Bond-Reihe wird von einem Unfall mit Todesfolgen überschattet: In "In tödlicher Mission" wird Roger Moore als James Bond durch eine Bobbahn in Cortina d‘Ampezzo verfolgt. Beim Dreh dieser Szene wird der beteiligte Viererbob an der falschen Stelle aus der Bahn geschleudert und prallt auf einen Baum. Der junge Stuntman Paolo Rigon, der vorne im Schlitten sitzt, kommt ums Leben.
Noch einmal Glück gehabt, hat Jason Statham (2.v.l.) beim Dreh zum Actionfilm "The Expendables 3". Der Schauspieler sollte einen LKW am Rand eines Piers entlang manövrieren. Als er das Auto stoppen will, versagen die Bremsen. Statham rast mit voller Geschwindigkeit ins Meer. Glücklicherweise kann er sich selbstständig aus der Fahrerkabine befreien, bevor der Wagen untergeht.
Bild: Ian Langsdon/EPA/picture alliance
Tom Cruise - "Mission Impossible 6"
Auch Tom Cruise kam noch mal mit einem blauen Auge davon. Der Schauspieler ist dafür bekannt, dass er seine Stunts selbst macht. Beim Dreh zu "Mission Impossible 6" springt Cruise von einem Hausdach auf ein anderes. Bei seiner Landung rammt er mit dem Fuß in einem so ungünstigen Winkel gegen die Hauswand, dass der Knöchel bricht. Cruise war gesichert, sonst wäre er in die Tiefe gestürzt.
Bild: Paramount Pictures/Zuma Press/IMAGO
Jackie Chan
Auch Actionstar Jackie Chan ist dafür bekannt, seine Stunts selbst zu realisieren. Schon mehrmals hat er sich schwere Verletzungen zugezogen. Unter anderem erleidet er beim Dreh zu "Der rechte Arm der Götter" einen Schädelbasisbruch, als er von einem Baum fällt. Trotz eines sofortigen chirurgischen Eingriffs bleiben Folgeschäden zurück: Seit dem Unfall hört Jackie Chan auf dem rechten Ohr schwer.
Bild: Constantin/dpa/picture alliance
Margaret Hamilton - "Der Zauberer von Oz"
In "Der Zauberer von Oz" soll sich Margaret Hamilton in Rauch auflösen. 1939 gibt es noch keine Computerspezialeffekte; die Szene soll mit Rauch, Pyrotechnik und einer exakt platzierten Falltür entstehen. Die Falltür öffnet sich allerdings nicht schnell genug, wodurch Flammen Hamiltons Gewand erfassen und ihr schwere Brandverletzungen zufügen. Die Szene wird trotzdem für den Film verwendet.
Bild: Mary Evans Picture Library/picture-alliance
Leonardo DiCaprio - "Django Unchained"
Es kommt häufig vor, dass Szenen, in denen sich die Stars verletzten, dennoch für den fertigen Film verwendet werden. So auch jene Szene, in der sich Leonardo DiCaprio in "Django Unchained" die Hand verletzt, als er sie auf einen Glastisch schmettert. DiCaprio spielt trotz blutender Hand weiter und lässt sich erst verarzten, als die Szene im Kasten ist.
Bild: Andrew Cooper/SMPSP/The Weinstein Company/AP Photo/picture alliance
Martin Sheen - "Apocalypse Now"
Auch die Anfangsszene aus Francis Ford Coppolas Kriegsfilm "Apocalypse Now" ist echt: Martin Sheen (l.) war während des Drehs alkoholabhängig. Er taucht betrunken am Set auf und zerschlägt mit bloßer Hand einen Spiegel. Dann verteilt er das Blut auf dem Bett und in seinem Gesicht. Die Szene passt so gut zu der Persönlichkeit, die Sheen im Film verkörpert, dass Coppola sie nicht rausschneidet.
Bild: United Archives/Mary Evans/IMAGO
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Mangelnde Sicherheit am Filmset
Gegenüber den Ermittlern räumte die Waffenmeisterin ein, dass sie die Waffe an jenem Schicksalstag vor dem Proben nicht so intensiv überprüft habe, weil sie zuvor in einem Safe eingeschlossen gewesen sei. Auch Regieassistent David Halls, der am Set für die Sicherheit zuständig war und Alec Baldwin die Waffe ausgehändigt haben soll, gab zu Protokoll, dass er nicht alle Patronen überprüft habe. Er habe nicht gewusst, dass sich in der Waffe echte Munition befunden habe. Waffenmeisterin Gutierrez Reed forderte nun Schadenersatz in unbekannter Höhe.
Bereits im November ging bei einem Gericht in Los Angeles eine Zivilklage gegen Alec Baldwin ein, den Hauptdarsteller und Produzenten des Westerns "Rust". Der Chefbeleuchter Serge Svetnoy erklärte, er habe durch Hutchins Unfalltod "schwere seelische Schäden" erlitten. Ihr Tod sei "durch fahrlässige Handlungen und Unterlassungen" Baldwins und anderer verursacht worden. Es hätte keinen Grund dafür gegeben, dass eine scharfe Kugel in dem Colt steckte.
Alec Baldwin hatte in einem TV-Interview mit dem US-Sender ABC Anfang Dezember die Verantwortung für den Tod der Kamerafrau zurückgewiesen, die eine Freundin von ihm gewesen sei. Er zeigte sich erschüttert über die Tragödie und betonte, nicht abgedrückt zu haben. Darüber hinaus sei ihm versichert worden, dass die Waffe keine scharfe Munition enthalten würde.
rey/pg (dpa/afp/latimes.com)
Dies ist eine aktualisierte Version des Artikels vom 13.01.2022.