Bei der Frauen-WM in Frankreich geht es für US-Star Alex Morgan nicht nur darum, einen weiteren Titel zu gewinnen. Eine erfolgreiche Weltmeisterschaft könnte ihren Kampf um Veränderungen im Frauensport beschleunigen.
Anzeige
Die Nummer "13" ist eine der führenden Spielerinnen in der amerikanischen Mannschaft. Alex Morgan ist schnell, furchtlos und verströmt jede Menge Torgefahr. Bei der Frauen-Weltmeisterschaft 2011 erregte die Stürmerin erstmals die Aufmerksamkeit der Nation. Als jüngste Spielerin ihres Teams erzielte sie im WM-Halbfinale und im WM-Finale wichtige Tore, auch wenn am Ende eine Finalniederlage im Elfmeterschießen gegen Japan stand.
Behindert durch eine Knieverletzung im Jahr 2015, war Morgan beim letzten WM-Sieg der US-Frauen nicht ganz so stark. Aber diesmal ist sie wieder in Bestform. Im Jahr 2018 erzielte Morgan 18 Tore, im Durchschnitt fast ein Tor pro Spiel. Mit 29 Jahren ist sie mittlerweile die Sechste in der ewigen Torjägerinnen-Liste der USA. Die US-Mannschaft hat bisher noch nie nach regulärer Spielzeit verloren, wenn Morgan getroffen hat.
Im April erzielte Morgan ihr historisches 100. Karriere-Tor für das Nationalteam. "Sie ist nahezu unvergleichlich", lobt Bundestrainerin Jill Ellis. "Aber - und ich kenne sie auf und neben dem Platz - was Alex wirklich ausmacht, ist, dass sie immer den Drang hat, sich zu verbessern. Sie ist nie zufrieden." Oft ist Morgan spielentscheidend. Ellis hofft, dass das auch in Frankreich wieder der Fall sein wird.
Lust auf mehr
Morgans Drang, ein ausschlaggebender Faktor zu sein, geht auch außerhalb des Platzes weiter: Die Co-Kapitänin war eine Schlüsselfigur im Kampf ihrer Mannschaft um gleiche Bezahlung. Ihr Name steht als erster in der Liste der Namen auf der Klage gegen den Fußballverband U.S. Soccer, die am 8. März, dem Internationalen Frauentag, von allen 28 Nationalspielerinnen eingereicht wurde. Die Spielerinnen werfen ihrem Verband vor, "nur Lippenbekenntnisse zur Gleichstellung der Geschlechter" abzugeben.
Auf internationaler Ebene übertreffen nicht nur die Erfolge der Damen-Mannschaft die der US-Herren-Mannschaft. Die US-Damen ziehen auch mehr mediale Aufmerksamkeit auf sich und bringen mehr Zuschauer in die Stadien als ihre männlichen Kollegen. Insgesamt rund 25 Millionen Menschen sahen zu, wie die US-Frauen Japan im Finale der Weltmeisterschaft 2015 in Kanada besiegten. Diese einzigartige Position, im Vergleich zu den meisten anderen Nationen, verschafft den US-Amerikanerinnen einen Vorteil im Kampf für einen Wandel. Seit März folgen die Frauenmannschaften anderer Länder dem amerikanischen Beispiel.
Die jüngste Klage der US-Spielerinnen ist Teil eines Kampfes, den die Nationalmannschaft schon seit Jahren führt. "Es erscheint uns nur fair, diesen Kampf für Frauen im Sport fortzusetzen", sagte Morgan der Deutschen Welle. "Wir sehen uns als Pioniere des Frauenfußballs und wollen damit weitermachen, die Grenzen zu verschieben." Julie Foudy, eine der ersten Pionierinnen im Kampf um mehr Rechte für die Frauen und Mitglied des US-Weltmeisterinnen-Kaders von 1999, fügte hinzu: "Es geht nicht nur um gleiche Bezahlung. Es geht um gleiches Marketing, gleiche Personalausstattung, gleiche Investitionen, gleiche Unterstützung. Zu sehen, wie die Spielerinnen von heute weiterkämpfen, ist etwas, das mich sehr stolz macht."
Vorbild für viele
Alex Morgan, seit Anfang 20 ein Medien-Star, ist ein Liebling der Fans. Horden junger Bewunderer jubeln ihr zu, unter anderem auch, weil sie die Kinderbuch-Bestseller gelesen haben, die die Kalifornierin geschrieben hat. Oder sie haben den Teenager-Film "Alex and me" aus dem Jahr 2018 gesehen, in dem Morgan sich selbst spielt. Man sieht sie auf unzähligen Zeitschriftencovern, Plakaten und in TV-Spots. Ihre Fans erkennen sie aber immer schon von Weitem, auch wegen ihres rosafarbenen Haarbands, mit dem sie auf den Kampf gegen Brustkrebs aufmerksam macht. Morgans Haarband hat sogar einen eigenen Twitter-Account.
Morgan ist eine der bekanntesten Sportlerinnen der USA, und ist sich bewusst darüber, welchen Einfluss sie dadurch besitzt. 5,8 Millionen Menschen folgen ihr auf Instagram. Daher legt Morgan Wert darauf, nie etwas Negatives zu sagen. "Sie nimmt ihren Job als Vorbild ernst", bestätigte ihre Mutter, Pam Morgan. "Jeden Tag denkt sie bewusst darüber nach." Durch ihre vielen Aktivitäten abseits des Spielfeldes hat Morgan aus sich eine Multi-Millionen-Dollar-Marke geschaffen, hat aber auch dafür gesorgt, dass es ein größeres Interesse am Frauensport gibt. Als Mitglied von der Initiative "Common Goal" spendet sie ein Prozent ihrer Einnahmen an fußballbezogene Wohltätigkeitsorganisationen.
Showtime in Frankreich
Es wird allgemein angenommen, dass die Weltmeisterschaft in Frankreich für die weltweite Entwicklung des Frauenfußballs einen Sprung nach vorne bedeuten könnte. Ausverkaufte Stadien und Zuschauerrekorde werden erwartet. Das Team USA und Morgan erwarten nichts weniger als das.
Morgan ist auch in Frankreich keine Unbekannte. Im Jahr 2017 bestritt sie als Leihspielerin einige Partien für Olympique Lyon und gewann dabei den Titel in der Champions League. Nach Lyon zurückzukehren, in die Stadt, in der das Finale der Weltmeisterschaft stattfindet, ist das erklärte Ziel Morgans. Eine Menge Druck, Druck, den sie sich vor allem selbst auferlegt. Aber nur wenige sind darauf besser vorbereitet und können besser damit umgehen als Alex Morgan.
Die Top-Spielerinnen der Frauenfußball-WM
Welche Spielerin drückt der Frauen-WM ihren Stempel auf? Wer avanciert zum Superstar des Turniers? In den Kadern der 16 WM-Teilnehmer finden sich viele sehr gute Spielerinnen - diese zwölf stechen heraus.
Bild: picture-alliance/Citypress24/S. Chamid
Lieke Martens (Niederlande)
Die 26-Jährige war schon beim Gewinn des EM-Titels im eigenen Land der Star der Niederländerinnen: Lieke Martens, Stürmerin der "Oranjevrouwen" und beim FC Barcelona, weswegen sie mittlerweile den Spitznamen "Messis kleine Schwester" trägt. Martens bestimmt das Spieltempo, sie dribbelt, und sie sucht den Abschluss. 2017 wurde sie zur Weltfußballerin des Jahres gewählt.
Bild: picture-alliance/Citypress24/S. Chamid
Christine Sinclair (Kanada)
Die Rekordspielerin und -torschützin der kanadischen Mannschaft tritt in Frankreich bereits zur fünften Weltmeisterschaft ihrer Karriere an. Sinclair, die trotz ihrer fast 36 Jahre nach wie vor die wichtigste Spielerin ihres Teams ist, debütierte vor 19 Jahren für Kanada. Ihre Bilanz von 282 Länderspielen und 181 Toren* spricht für sich. (*Stand 24.05.2019)
Bild: picture-alliance/empics
Wendie Renard (Frankreich)
Wendie Renard (l.) ist das Herzstück von Olympique Lyon und des französischen Nationalteams. Die Innenverteidigerin holte mit Lyon 13-mal in Folge den französischen Titel und insgesamt sechsmal die Champions League. Die 28-Jährige gilt als eine der besten Defensivspielerinnen der Welt und für Frankreich unersetzbar bei dem Ziel, die Frauenfußball-Weltmeisterschaft 2019 im eigenen Land zu gewinnen.
Bild: Getty Images/AFP/Jonathan Nackstrand
Lucy Bronze (England)
Ein großartiger Treffer der Verteidigerin von Olympique Lyon gegen ihren ehemaligen Verein Manchester City im Halbfinale der Champions League 2018 brachte Lucia Roberta Tough Bronze die Nominierung für das UEFA-Tor der Saison ein. Die 27-Jährige gilt als eine der besten Fußballerinnen der Welt und verspricht, bei der Weltmeisterschaft 2019 eine Schlüsselspielerin für England zu werden.
Bild: Getty Images/N. Baker
Irene Paredes (Spanien)
Die 27-Jährige ist schnell, zweikampf- und kopfballstark, dazu auch noch torgefährlich. Die Innenverteidigerin, die seit 2016 für Paris St. Germain spielt, erzielte in der WM-Qualifikation für Spanien vier Treffer und war damit die erfolgreichste Torschützin ihres Teams. Paredes gilt als eine der besten Abwehrspielerinnen der Welt. Bei der WM trifft sie mit Spanien in der Vorrunde auf Deutschland.
Bild: picture-alliance/NurPhoto/J. Breton
Marta (Brasilien)
"Kämpfe gegen ihre Vorurteile, fehlende Unterstützung, gegen alles - die Leute, die sagen, dass du es nicht kannst", schrieb Marta Vieira da Silva in einem Artikel für "The Players' Tribune". Sechsmal wurde die 33-Jährige als Weltfußballerin geehrt. Für viele Experten ist die Stürmerin aus Brasilien, die ihr Geld beim US-Klub Orlando Pride verdient, immer noch die beste Spielerin der Welt.
Bild: Getty Images
Carli Lloyd (USA)
Die 36 Jahre alte Angreiferin ist immer dann zur Stelle, wenn es wirklich darauf ankommt. 2008 und 2012 erzielte sie entscheidende Tore zum Olympiasieg der USA. 2015, beim letzten WM-Finale, gelangen ihr beim 5:2-Sieg der Amerikanerinnen gegen Japan drei Treffer. Ihre Bilanz: 273 Länderspiele, 110 Tore und 52 Vorlagen*. 2015 und 2016 war sie Weltfußballerin des Jahres. (*Stand 28.05.2019)
Bild: Getty Images/P. Vilela
Asisat Oshoala (Nigeria)
Der Stern der wuchtigen Stürmerin ging 2014 bei der U20-WM in Kanada auf. Oshoala verlor damals zwar mit den Nigerianerinnen das Finale, gewann aber den Goldenen Ball als beste Spielerin und den Goldenen Schuh als beste Torschützin des Turniers. Mittlerweile spielt die 24-Jährige beim FC Barcelona. Sie gewann mit Nigeria zweimal den Afrika Cup und war dreimal Afrikas Fußballerin des Jahres.
Bild: Getty Images/AFP/A. Kisbenedek
Dzsenifer Marozsan (Deutschland)
Die deutsche Nummer 10 ist die perfekte Spielmacherin: stark im Dribbling, torgefährlich und gut bei Standards. Marozsan ist eine der am höchsten dekorierten Fußballspielerinnen aus Deutschland. Viermal gewann die gebürtige Ungarin bereits die Champions League. 2016 gab es Olympia-Gold, drei Jahre zuvor den EM-Titel. Jetzt soll es mit den DFB-Frauen für die 27-Jährige auch bei der WM klappen.
Bild: picture-alliance/GES/T. Eisenhuth
Amandine Henry (Frankreich)
Fast jeder Angriff läuft über die Mittelfeldspielerin Amandine Henry (r.), egal ob im Verein bei Olympique Lyon oder in der französischen Nationalmannschaft. Sie ist eine Ballerobererin, die von der Defensive schnell auf Offensive umschalten kann. Die Art und Weise, wie sie ein Spiel lesen kann, ist ein Grund dafür, warum die 29-Jährige zu den besten Fußballerinnen der Welt zählt.
Bild: Reuters/V. Ogirenko
Samantha Kerr (Australien)
Samantha Kerr hält den Rekord von 50 Toren in der National Women's Soccer League in den USA. Bereits im Alter von 15 Jahren debütierte sie in der australischen A-Nationalmannschaft der Frauen. Seitdem führte sie die "Matildas" auf den sechsten Platz in der FIFA-Weltrangliste und zur Qualifikation für die Frauen-Weltmeisterschaft 2019. Jeden Treffer feiert die 25-Jährige mit einem Salto.
Bild: Getty Images/G. Denholm
Saki Kumagai (Japan)
Mit Olympique Lyon gewann die 28 Jahre alte Innenverteidigerin sechs französische Meisterschaften und vier Champions-League-Titel in Folge. Zuvor spielte Kumagai zwei Jahre für den 1. FFC Frankfurt und holte auch hier den Titel in der Königsklasse. Mit dem Nationalteam gewann sie 2014 und 2018 die Asien-Meisterschaft. Im WM-Finale 2011 gegen die USA gelang ihr der Siegtreffer im Elfmeterschießen.