In sieben Wochen geht es für Alexander Gerst wieder rauf zur ISS - als erster deutscher Commander. Angst? Aufregung? Weit gefehlt. Bei seinem letzten öffentlichen Auftritt wirkte Gerst gelassener und cooler denn je.
Bild: DW/F. Schmidt
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Alexander Gerst wirkt entspannt, völlig gelöst steht er da in seinem blauen ESA-Overall. Es ist seine letzte Pressekonferenz, vor seiner wohl wichtigsten Mission. Am 6. Juni startet er zum zweiten Mal zur ISS. Mit dem großen Unterschied, dass er dieses Mal das Kommando übernehmen wird. Als der erste Deutsche überhaupt. Das ist schon was. Ob er gar nicht aufgeregt ist?
Gerst lächelt sein Gerst-Lächeln: "Man wird entspannter je näher der Start rückt, weil dann weniger schief gehen kann", beschreibt er seine Stimmungslage. Das meine er nicht nur gesundheitlich und technisch, sondern auch politisch. Steht der Start kurz bevor, sei es eher unwahrscheinlich, dass eine politische Verstimmung zwischen den ISS-Mitgliedsstaaten - etwa Russland, den Europäern und den USA - der Mission noch einen Strich durch die Rechnung macht. Aber natürlich, fügt er hinzu, passe er auch auf, dass er sich in den letzten Wochen nicht doch noch ein Bein bricht.
Aber faulenzen ist auch in den letzten Wochen nicht drin. Es gebe noch allerlei zu tun, erzählt Gerst der Journalistenschar. Viele, sehr viele sind sind ins Europäische Astronautentrainingszentrum nach Köln gekommen, um Astro-Alex noch einmal live zu erleben.
In den nächsten Wochen, so Gerst, werde er hier in Köln noch zahlreiche Briefings durchlaufen, in denen er zum Beispiel die verschiedenen Experimente auf der ISS nochmal durchspielt. Dann werde er drei Wochen in Russland verbringen, um zu lernen, wie das Sojus-Raumschiff gesteuert wird - vor allem das Andockmanöver sei kompliziert, verrät er.
Die momentanen politischen Spannungen zwischen Russland, den USA und Europa seien keine Gefahr für die Zusammenarbeit auf der ISS, versichert der Astronaut. Im Zentrum stünden immer die wissenschaftliche Kooperation und die Forschung. "Man sieht am Leuchten in den Augen der Forscher, dass der Spirit da ist, dass wir alle zusammenarbeiten. Darauf freue ich mich riesig, es macht wirklich Spaß", schwärmt er.
Etliche Experimente
Irgendein Lieblingsexperiment hat Gerst nicht. Die Frage danach kontert er mit: "Das ist so als würden Sie fragen, ob sie Mama oder Papa lieber haben."
Insgesamt wird Gerst 65 Experimente durchführen. An 48 davon sind auch deutsche Forscher beteiligt. "Es sind alles Experimente, die wir mit keinem Aufwand der Welt auf der Erde durchführen könnten", betont Gerst. Es gehe stets darum, Dinge zu erproben, die nur in Schwerelosigkeit möglich sind aber auch große Bedeutung haben für unser Leben auf der Erde. Gerst sieht sich dabei durchaus als Versuchskaninchen für medizinische Experimente - Osteoporose, Muskelschwund, so etwas könne man sehr gut im Weltraum erforschen, betont der 41-Jährige. Daneben gebe es zahlreiche Experimente in den Bereichen Umwelt, Klima, Energie, Technologie.
Die Jugend begeistern
Besonders wichtig ist Alexander Gerst, junge Menschen für die Raumfahrt zu begeistern. Für die ganz Kleinen nimmt er zwei in Deutschland berühmte Stofftiere mit zur ISS: Die orangefarbene Maus und den blauen Elefanten aus der Kindersendung "Die Sendung mit der Maus".
Natürlich wird er auch wieder twittern: Bilder schicken und Videos von da oben drehen, um junge Menschen zu begeistern. Für den Weltraum aber auch für die Erde. Denn wir haben nur eine, sagt Gerst. Wir müssen auf unseren fragilen, blauen Planeten aufpassen - diese Botschaft ist ihm wichtig.
Und da gibt es noch etwas, das er für junge Menschen mit nach oben nehmen wird: Astro-Pi, einen kleinen pädagogischen Lerncomputer. Er ist mit zahlreichen Sensoren und einer optischen sowie einer Infrarot-Kamera bestückt.
Schüler können nun in ihrer Klasse Programme für diesen Computer schreiben und diese bei der ESA in einem Wettbewerb einreichen. Die Gewinner dürfen ihre Software im Weltall auf dem Astro-Pi laufen lassen und bekommen die Ergebnisse zurück auf die Erde. "Vieles ist möglich!" Das ist Astro-Alex Botschaft an die nächste Generation: "Ich habe als Kind gesehen, wie die Astronauten im Space Shuttle flogen. Und da habe ich gedacht: Wenn die das können, dann kann ich das vielleicht auch. Diese Einstellung möchte ich an die Kinder weitergeben."
Foto-Album eines Astronauten
2014 war der deutsche Astronaut Alexander Gerst zum ersten Mal für ein halbes Jahr auf der Internationalen Raumstation. Aus dem All hat er wichtige Forschungsergebnisse mitgebracht - aber auch beeindruckende Fotos.
"Hallo Berlin, von hier oben sieht man keine Grenzen!", twitterte Alexander Gerst am 9. November 2014, dem 25. Jahrestag des Mauerfalls. In 166 Tagen führte er Experimente in zahlreichen wissenschaftlichen Disziplinen durch. Eine wichtige Forschungs-Leistung! Aber Alexander Gerst berührt Menschen auch emotional - durch das Bild, das er von unserem "Blue Dot" vermittelt.
Bild: Alexander Gerst/ESA/picture-alliance/dpa
Gerst beobachtete Polarlichter
"Durch Polarlichter zu fliegen lässt sich nicht in Worte fassen", meint Alexander Gerst. Er hat dieses Naturphänomen von der ISS aus beobachtet. Und er verfolgte ein wissenschaftliches Ziel dabei: Er wollte den Einfluss elektromagnetischer Strahlung auf elektronische Geräte erforschen.
Die Sahara wird oft als endlose Wüste bezeichnet. Die Aufnahmen von Alexander Gerst über Libyen zeigen, dass auch die sandigsten Dünen einen Ausgangs- und Endpunkt haben.
Bild: ESA/NASA
Zeit zum Aufstehen!
Die meisten Menschen in Florida schliefen wahrscheinlich noch, als Alexander Gerst und seine Kollegen diesen Schnappschuss kurz vor Sonnenaufgang machten. Wenn sie wüssten, dass sechs Astronauten im All sie beim Schlummern beobachteten ...
Bild: picture-alliance/dpa/NASA
Meteoritenkrater aus dem All betrachtet
Es ist weder ein Berg, noch ein Vulkan. Auf diesem Foto von Gerst ist ein Meteoritenkrater in Arizona zu sehen. Der Krater misst 1186 Meter im Durchmesser und ist ganze 180 Meter tief.
Es scheint nur ein winziges Loch in der Wolkendecke zu sein - doch tatsächlich hat dieses Loch einen Durchmesser von 80 Kilometern! Obwohl es sehr faszinierend aussieht, richten Taifune wie dieser regelmäßig enormen Schäden an der Erdoberfläche an.
Alexander Gersts Bilder zeigen unverfälschte Momentaufnahmen. Dieses Foto zeigt eine besorgniserregende Entwicklungen: den Konflikt zwischen Israel und Gaza - fliegende Raketen und Explosionen.
Bild: picture-alliance/dpa/ESA/NASA
Glühende Atmosphäre
Ein besonderes Phänomen: Auch auf der Erde hat man selten die Chance, Nordlichter beobachten zu können. Gerst hatte das Glück, dieses wunderbare Bild aus dem Weltraum schießen zu können.
Bild: ESA/NASA
Fotos kein reiner Zeitvertreib
Astronauten stellen ihre Fotos auch für wissenschaftliche Zwecke zur Verfügung: Die Bilder der vom Wind zerklüfteten Täler in Nordafrika können zu Vergleichsstudien herangezogen werden. So kann man Veränderungen in der Landschaft feststellen - und analysieren, welchen Anteil der Mensch an solchen Veränderungen hat.
In vielen Regionen der Welt ist Süßwasser Mangelware. Die Kreise auf dem Bild sind nicht das Werk von Außerirdischen, sondern Bewässerungsanlagen in trockenen Gebieten Mexikos. Einige Experimente von Gerst beschäftigten sich auch mit Nahrungsversorgung. Die Astronauten pflanzten auf der ISS Salat an und arbeiteten daran, den Wasserverbrauch der Pflanzen zu verringern.
Bild: ESA/NASA
Wie ein Ölgemälde
Einige von Gersts Bildern sehen aus wie Meisterwerke berühmter Maler. Dieses Foto zeigt tatsächlich einen kurvenreichen Fluss in Kasachstan, der sich durch die Landschaft frisst. Auch Altarme, die vom Hauptfluss abgeschnitten sind, kann man auf dieser Aufnahme entdecken.
Bild: ESA/NASA
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Alexander Gerst im Außeneinsatz
Nach vier Monaten in der Internationalen Raumstation (ISS) war der deutsche Astronaut Alexander Gerst am Dienstag (7.10.2014) erstmals im freien All. Mit dabei: NASA-Astronaut Reid Wiseman.
Bild: NASA
Perspektivenwechsel
Vier Monate konnte Alexander Gerst in der relativen Sicherheit der Internationalen Raumstation verbringen. Am Dienstag (7.10.2014) ging es raus - ins freie All. Eine der drei Aufgaben: Der Roboterarm, der hier zu sehen ist, bekam ein Modul, welches dazu dient, den Arm auch dann noch mit Energie zu versorgen, wenn er von einem Ort zum anderen verlagert wird.
Bild: NASA
Nur für Schwindelfreie
Solch einen Ausblick konnten Gerst und sein Kollege Reid Wiseman auch schon von innerhalb der ISS genießen. Aber wenn es keine Wand mehr zwischen Astronaut und dem Erdboden gibt, fühlt es sich wohl doch etwas anders an: Bleibt da noch ein Blick für die Schönheiten der Natur, oder konzentrieren sich die Astronauten eher ganz auf ihre zweite Aufgabe: Die Entsorgung einer Kühlpumpe?
Bild: NASA
Kein Problem
Alexander Gerst ist jedenfalls schwindelfrei - und war von Anfang an zuversichtlich, dass alle Aufgaben gelingen. So kam es dann auch: Die defekte Kühlpumpe wurde an einem endgültigen Ort fest installiert. Während Wiseman den neuen Einbauort vorbereitete, holte Gerst die Pumpe von ihrem bisherigen Platz ab.
Bild: NASA/ESA
Gründliche Vorbereitungen
Damit bei einem Raumspaziergang alles nach Plan läuft, sind gründliche Vorbereitungen nötig. Hier kontrolliert Wiseman seinen Anzug. Nichts durfte dem Zufall überlassen werden. Die intensive Vorbereitungsphase, an der die Kontrollzentren in Houston und Moskau beteiligt sind, begann bereits vor zwei Wochen.
Bild: NASA/ESA
Dekompressionsphase vor dem Ausstieg
Ähnlich wie Taucher, die aus großen Wassertiefen aufsteigen, gehen die Astronauten vor, bevor sie sich aus der Druckkammer der ISS in die druckfreie Umgebung des Weltalls begeben. Sie atmen über zwei Stunden vor dem Ausstieg reinen Sauerstoff, um den Stickstoff, der im Blut gelöst ist, abzuatmen.
Bild: NASA/ESA
Fitness ist alles
Sechs Stunden dauerte der Weltraumspaziergang. Dafür muss man sich schon an Bord der ISS fit halten - zum Beispiel mit so einem Trainingsgerät. Die Arbeit außerhalb der Station ist jedenfalls nicht leicht. Einmal in 90 Minuten umrundet die ISS die Erde. In dieser Zeit kommt ein Astronaut aus gleißendem Sonnenlicht in absolute Dunkelheit, sodass er nur noch mit Taschenlampe arbeiten kann.
Bild: NASA
Der Ausblick entschädigt für die Mühe
Die beiden Astronauten waren schneller mit ihren Aufgaben fertig als ursprünglich geplant. Da hatten sie wohl noch etwas Zeit, den Ausblick zu genießen. Allerdings gab es auch so noch genug Kleinigkeiten außerhalb der ISS zu erledigen: Etwa herumfliegende Kabel sauber zu verlegen oder andere Ausrüstungsteile zu warten.