Alexander Zverev: Neuausrichtung nach French-Open-Niederlage
10. Juni 2024Deutschlands bester Tennisspieler Alexander Zverev wusste bereits zwei Stunden nach seiner Fünf-Satz-Niederlage im Endspiel der French Open gegen Carlos Alcaraz, dass er sich den Spanier zum Vorbild nehmen muss. "Wir sind beide körperlich stark, aber er ist ein Biest. Er ist definitiv ein Tier", sagte Zverev über den 21-jährigen Alcaraz, der in Paris sein drittes Grand-Slam-Turnier gewann.
Zverev selbst wartet dagegen noch auf seinen ersten Sieg bei einem der vier wichtigsten Turniere. "Die Intensität von ihm ist das, was einen killt", sagte Zverev über seinen sechs Jahre jüngeren Gegner. Er wolle sich nun mit seinem Team beraten "und sehen, was ich tun kann, um auf das gleiche Niveau zu kommen".
Zverevs Aussage nach dem 3:6, 6:2, 7:5, 1:6, 2:6 am Sonntag in Paris bei seinem zweiten Grand-Slam-Finale überrascht. Der Hamburger gilt als einer der fittesten Spieler auf der Tour, in den zwei Wochen im Stade Roland Garros stand der Olympiasieger insgesamt 23 Stunden und 46 Minuten auf dem Platz. Dreimal ging er über die volle Distanz von fünf Sätzen. Dennoch sagte er: "Was ich hier gelernt habe: Dass ich physisch nochmal auf ein ganz anderes Niveau kommen muss."
Die Anstrengungen seiner vorherigen Matches habe er ab dem vierten Satz gespürt. Er habe "den Fokus verloren, und bei meinem Aufschlag habe ich nicht mehr die Power aus meinen Beinen bekommen, was seltsam ist, denn normalerweise werde ich nicht müde. Ich bekomme keine Krämpfe."
Ob er Stolz empfinde, wurde Zverev gefragt. "Ja und nein", antwortete er: "Am Ende des Tages möchte man gewinnen und eine Trophäe hochheben. Das habe ich nicht gemacht."
Planänderung nach Strapazen in Paris
Ursprünglich hatte Zverev vor, nach dem Höhepunkt der Sandplatz-Saison in Paris direkt in die Rasen-Saison zu starten und sich für das Rasenturnier in Stuttgart angemeldet, das an diesem Montag startet. Dort wäre er der Topgesetzte gewesen und wäre dank eines Freiloses erst Mitte der Woche im Achtelfinale ins Turniergeschehen einsteigen.
Doch dass er nach den kräftezehrenden zwei Wochen in Paris praktisch nahtlos den Wechsel von Sand auf Rasen vollzieht, sei "in etwa so wahrscheinlich, wie dass ich jetzt nochmal rausgehe und das Finale gewinne", scherzte er.
Stattdessen macht Zverev nun eine Pause und beginnt die kurze Rasensaison in Halle/Westfalen (17. bis 23. Juni). Höhepunkt ist dann der nächste Grand Slam in Wimbledon (1. Juli bis 14. Juli). Anschließend geht es für Zverev schon wieder zurück auf den Sand von Paris. Bei den Olympischen Spielen (26. Juli bis 11. August) startet Zverev als Titelverteidiger. Davor steht in seiner Heimatstadt Hamburg für ihn noch das ATP-500-Sandplatzturnier an, bei dem er ebenfalls Titelverteidiger ist.
Prozess gegen Zverev vorläufig eingestellt
Zverev verlässt Paris zwar als Final-Verlierer, einen kleinen Erfolg hatte er aber bereits zwei Tage vor dem Endspiel von Paris verbuchen können. Das Amtsgericht Berlin-Tiergarten stellte den Körperverletzungsprozess gegen den Tennisstar vorläufig ein. Hintergrund der Entscheidung sei eine außergerichtliche Einigung, gab das Gericht bekannt. Dem 27-jährigen Zverev war in der Anklageschrift eine Tat zum Nachteil seiner ehemaligen Freundin vom Mai 2020 vorgeworfen worden.
Nach Angaben des Gerichts muss Zverev im Gegenzug für die Einstellung des Verfahrens 200.000 Euro zahlen. Davon fließen 150.000 Euro an die Staatskasse und 50.000 an einen Sammelfonds für gemeinnützige Einrichtungen. Die Entscheidung erfolgte auf Antrag der Staatsanwaltschaft, der Angeklagte und die als Nebenklägern an dem Verfahren teilnehmende Ex-Freundin des Hamburgers stimmten der Einstellung demnach zu.
"Alexander Zverev gilt weiterhin als unschuldig (...). Die Einstellung beinhaltet keine Schuldfeststellung und kein Schuldeingeständnis. Die gesetzliche Unschuldsvermutung bleibt unberührt", stellten Zverevs Anwältinnen fest.
Das Amtsgericht hatte im vergangenen Oktober einen Strafbefehl gegen Zverev erlassen und eine Geldstrafe von 450.000 Euro festgesetzt. Da Zverev Einspruch gegen den Strafbefehl einlegte, kam es zum Prozess vor dem Amtsgericht. Seine Verteidigung wies den Vorwurf in dem am 31. Mai begonnenen Verfahren zurück.
asz/toe (dpa, SID)