Das Testspiel der deutschen Frauenfußball-Nationalmannschaft gegen Australien wird zur großen emotionalen Abschiedsparty für Alexandra Popp.
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Die rund 26.000 angereisten Fans im Duisburger Stadion erhoben sich von ihren Sitzen. Schilder und Schals mit der Aufschrift "Danke Poppi" wurden in die Luft gehalten, und Sprechchöre hallten durch die Arena. Nach nur 15 Minuten war gerade das letzte DFB-Spiel der deutschen Frauenfußball-Nationalspielerin Alexandra Popp beendet worden. Die Nummer 11 wurde ausgewechselt.
Die Angreiferin lief sichtlich bewegt Richtung Außenlinie, streifte sich ihre Kapitänsbinde ab und winkte den Fans zu. "Bei der Auswechslung und bereits vorher bei der Nationalhymne musste ich echt mit mir kämpfen", sagte Popp nach dem Testspiel gegen Australien. Die eine oder andere Träne sei geflossen, gab die 33-Jährige zu.
Ihre Mitspielerinnen hatten ein Spalier gebildet, und Popp ließ sich noch einmal von allen feiern. Nach 145 Länderspielen und 67 Toren war ihre Nationalmannschaftskarriere endgültig beendet. "Die Stimmung war großartig, und ich bin sehr dankbar, dass ich die letzten Minuten noch einmal mit so vielen Emotionen erleben konnte", sagte Popp.
Auch Giulia Gwinn, die neue Kapitänin der DFB-Auswahl, freute sich über einen gelungenen Abschied ihrer Mannschaftskollegin. "Poppi ist eine Spielerin, zu der man aufschauen kann. Sie hat den deutschen Frauenfußball in den letzten Jahren geprägt. Sie ist immer vorangegangen und hat es verdient, dass man für sie Spalier steht", so die Abwehrspielerin des FC Bayern München.
Junge Mädchen spielen Fußball wegen Alexandra Popp
Auch wenn Popps letztes Spiel gegen Australien mit 1:2 (1:1) verloren ging, zeigte die deutsche Mannschaft gute Ansätze. Dennoch gibt es noch viel Arbeit für den neuen Bundestrainer Christian Wück, denn unter seiner Leitung soll der Umbruch im Team weiter vorangetrieben werden. Denn neben Popp wurden an diesem Abend auch Torhüterin Merle Frohms und Abwehrspielerin Marina Hegering verabschiedet.
"Sowohl Alex als auch Merle und Marina hinterlassen ganz große Fußstapfen. Wir müssen schauen, dass wir auf dem Platz, aber auch neben dem Platz diese Lücke schließen können", sagte Wück und würdigte seine Stürmerin: "Junge Mädchen haben wegen ihr [Alexandra Popp, Anm. d. Red.] mit dem Fußballspielen angefangen. Wenn man so etwas erreicht, dann hat man nicht so viel falsch gemacht."
Einen besseren Ort für ihren letzten Auftritt im DFB-Dress hätte die 145-malige Nationalspielerin sich nicht aussuchen können. Am 17. Februar 2010 hatte Popps DFB-Karriere an gleicher Stelle begonnen. Im Duisburger Stadion wurde die Stürmerin damals beim Testspiel gegen Nordkorea für Kim Kulig eingewechselt. Popp entwickelte sich in den vergangenen 14 Jahren zur Ikone des deutschen Frauenfußballs - und war vor allem bei den Fans extrem beliebt.
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"Sie ist eine Legende"
"Sie ist das Zugpferd, das wir aktuell haben. Sie hat 14 Jahre in der Nationalmannschaft gespielt", sagte Franzi, eine Anhängerin des DFB-Teams, am Rande des Popp-Abschieds in Duisburg. "Sie ist eine Legende. Was sie erreicht hat, erreichen nicht viele. Sie ist eine Top-Stürmerin", ergänzte Jeremie. Und Sarah fand: "Wer hier und heute nicht nasse Augen bekommt, der hat den Frauenfußball nie geliebt." Viele Fans waren extra gekommen, um Popp noch einmal auf dem Platz zu sehen und um sie zu verabschieden. Sie habe den Frauenfußball geprägt wie keine andere - da waren sich alle einig.
Für Popp ist das Kapitel Nationalmannschaft nun endgültig beendet. Für ihren Verein, den VfL Wolfsburg, wird sie aber weiterhin auf Torejagd gehen. Sie habe den Spaß am Fußball noch lange nicht verloren, sagte die Ausnahmestürmerin. Mit Blick auf die wenigen Minuten Spielzeit gegen Australien wurde sie etwas wehmütig: "Ich habe zwischendurch immer mal wieder auf die Uhr geschaut und dachte: 'Oh schade, es ist gleich schon vorbei.'"
Als der Mannschaftsbus das Stadion rund anderthalb Stunden nach dem Schlusspfiff verließ, wurde es noch einmal laut. Zahlreiche DFB-Fans, die draußen ausgeharrt hatten, jubelten und verabschiedeten Popp ein letztes Mal.
Rekordspielerinnen der deutschen Fußball-Nationalmannschaft
Die zurückgetretene DFB-Torjägerin Alexandra Popp gehört zu den zehn Nationalspielerinnen mit den meisten Länderspiel-Einsätzen für Deutschland. Wer liegt in der Rangliste noch vor ihr?
Bild: Memmler/Eibner-Pressefoto/picture alliance
Doris Fitschen - 144 Spiele
Nach ihrem Debüt im Oktober 1986 bleibt Fitschen 15 Jahre lang eine feste Stütze des deutschen Teams. Fitschen holt 1989, 1991 und 1997 mit den DFB-Frauen den EM-Titel. Im Jahr 2000 gewinnt sie bei den Olympischen Spielen in Sydney Bronze. Nach ihrer Karriere arbeitet sie als Managerin der DFB-Frauen (2009 - 2016). Seit 2022 ist sie beim DFB als Gesamtkoordinatorin Frauen im Fußball angestellt.
Bild: Sven Simon/imago images
Alexandra Popp - 145 Spiele
Die Stürmerin des VfL Wolfsburg ist nicht nur eine der Rekordspielerinnen, sondern auch bei den erfolgreichsten Torschützinnen vorne mit dabei. Popp spielt seit 2010 für die A-Nationalmannschaft und ist seit 2019 Kapitänin. 2022 wird sie Vize-Europameisterin. 2016 holt sie in Rio mit den DFB-Frauen den Olympiasieg, 2024 in Paris Bronze.
Bild: Alessandra Tarantino/AP/picture alliance
Nadine Angerer - 146 Spiele
Die Torhüterin gewinnt mit den DFB-Frauen insgesamt sieben große Titel, kommt aber bei vier Turnieren als Ersatzkeeperin gar nicht zum Einsatz: bei der WM 2003 sowie den Europameisterschaften 1997, 2001 und 2005. Umso größer ist Angerers Anteil am WM-Erfolg 2007, als Deutschland ohne ein einziges Gegentor bleibt. Auch bei den EM-Siegen 2009 und 2013 steht sie zwischen den Pfosten.
Bild: Carmen Jaspersen/dpa/picture-alliance
Sandra Minnert - 147 Spiele
Sandra Minnert debütiert 1992 in der deutschen Nationalmannschaft und entwickelt sich dort bald zur Stammkraft in der Abwehr. Zweimal wird sie mit Deutschland Weltmeisterin (2003, 2007), viermal gewinnt sie mit den deutschen Frauen den EM-Titel (1995, 1997, 2001, 2005).
Bild: Thomas Frey/dpa/picture-alliance
Renate Lingor - 149 Spiele
Auch die dribbelstarke Mittelfeldspielerin ist bei beiden WM-Erfolgen der DFB-Frauen dabei. Dazu gewinnt Lingor mit der deutschen Elf die EM-Titel 2001 und 2005. Bekannt und gefürchtet ist sie vor allem für ihre gefährlichen Freistöße. 2008 beendet Lingor nach den Olympischen Spielen in Peking ihre DFB-Karriere.
Als Regisseurin im Mittelfeld zieht sie zwischen 1989 und 2003 die Fäden bei den DFB-Frauen. Sie wird 2003 Weltmeisterin und gewinnt 1991, 1995, 1997 und 2001 den EM-Titel. Nach ihrer aktiven Karriere bleibt Wiegmann dem DFB treu: Sie arbeitet als Jugendtrainerin und coacht verschiedene Nachwuchsmannschaften des DFB.
Bild: PanoramiC/imago images
Anja Mittag - 158 Spiele
Die Stürmerin aus Chemnitz ist die einzige Spielerin unter den Top-Ten, die in der damaligen DDR geboren wird. Zwischen 2004 und 2017 spielt sie für die DFB-Frauen. Dabei trägt die Torjägerin mit ihren Treffern zu einem WM-Titel (2007) und drei Europameisterschaften bei (2005, 2009, 2013). Im August 2017 tritt sie aus der Nationalmannschaft zurück.
Bild: Anke Fleig/SVEN SIMON/picture alliance
Ariane Hingst - 174 Spiele
Obwohl sie oft nicht Stammkraft in der Nationalmannschaft ist, sondern als Einwechselspielerin von der Bank kommt, bringt es die Abwehr- und Mittelfeldspielerin auf eine stattliche Anzahl an Einsätzen. Zwischen 1996 und 2011 wird Hingst mit dem deutschen Team zweimal Weltmeisterin (2003, 2007) und holt vier EM-Titel (1997, 2001, 2005, 2009).
Bild: Helge Prang/GES-Sportfoto/picture alliance
Kerstin Stegemann - 191 Spiele
Die defensive Mittelfeld- und Abwehrspielerin sammelt mit der Nationalmannschaft zwischen 1995 und 2009 zwei WM-Titel (2003, 2007) und vier EM-Erfolge (1997, 2001, 2005, 2009). Stegemann ist seit 2006 Berufssoldatin und Leiterin einer Sportfördergruppe der Bundeswehr. Zudem trainiert und betreut sie die Bundeswehr-Fußball-Nationalmannschaft der Frauen, mit der sie 2008 den WM-Titel gewinnt.
Bild: Roberto Candia/AP Photo/picture alliance
Birgit Prinz - 214 Spiele
Die Stürmerin ist nicht nur Rekordspielerin, sondern auch Rekordtorschützin des Nationalteams. Mit den DFB-Frauen gewinnt sie zwei Weltmeisterschaften (2003, 2007) und fünf EM-Titel (1995, 1997, 2001, 2005 und 2009). Nach der WM 2011 tritt sie zurück. Eine Rückkehr zum Team gibt es einige Jahre später: Von 2019 bis Oktober 2023 arbeitet Prinz als Sportpsychologin der Nationalmannschaft.