Torjägerin Alexandra Popp hat in ihrem Karriere-Buch das Kapital Nationalmannschaft beendet. Die DFB-Frauen verlieren eine ihrer besten Spielerinnen - und eine Führungspersönlichkeit.
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"Ich als Fußball-Romantikerin denke: Es gibt nichts Schöneres, das Ganze dort zu beenden, wo es auch angefangen hat", sagte Alexandra Popp vor ihrem letzten Länderspiel. Am Montag (28. Oktober) streifte sie zum 145. Mal das Trikot der DFB-Frauen über, im Spiel gegen Australien (1:2) in Duisburg. Dort hatte ihre Nationalmannschaftskarriere am 17. Februar 2010 angefangen, als sie beim 3:0-Erfolg gegen Nordkorea in der zweiten Halbzeit eingewechselt worden war.
Nicht nur wegen ihres Debüts im Nationaldress vor 14 Jahren spielt Duisburg in Popps Karriere eine besondere Rolle. Geboren und aufgewachsen im Ruhrgebiet, unterschrieb sie 2008 beim damaligen Bundesligisten FCR Duisburg ihren ersten Profivertrag. Popps großes Talent als Torjägerin hatte sich damals schon international herumgesprochen. Unter anderen Vereinen wollte auch der französische Topklub Olympique Lyon, der später achtmal die Champions League gewann, die Deutsche verpflichten. Doch sie entschied sich für die Option vor der Haustür.
14 Jahre später ist Popp die international bekannteste aktive deutsche Fußballerin - und auch in Deutschland fast schon populärer, als es ihr selbst recht ist. Gefühlt habe sie kaum noch ein Privatleben, sagt Popp. Auf der Straße werde sie regelmäßig erkannt und angesprochen, obwohl sie nach eigenen Worten "eigentlich ja mal gerne abschalten möchte von diesem ganzen Trubel".
Olympiasiegerin in Rio, Bronze in Paris
In ihrer langen Karriere hat die 33-Jährige vor allem als Vereinsspielerin jede Menge Titel gesammelt. Zweimal gewann Popp die Champions League, einmal den Vorläufer-Wettbewerb UEFA Women's Cup. Siebenmal wurde sie deutsche Meisterin, 13-mal DFB-Pokalsiegerin. Dreimal wurde Popp zu Deutschlands "Fußballerin des Jahres" gekürt.
Ihr größter Erfolg mit den DFB-Frauen war der Olympiasieg 2016 in Rio de Janeiro. Bei den Spielen im vergangenen Sommer in Paris verabschiedete sie sich mit der Bronzemedaille von der Olympiabühne. Der Titel einer Europa- oder Weltmeisterin blieb Popp jedoch versagt. Am nächsten kam sie ihm bei der EM 2022, als sich das DFB-Team erst im Finale den Gastgeberinnen aus England geschlagen geben musste - auch weil Popp wenige Minuten vor Spielbeginn verletzt passen musste.
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Bedingungsloser Einsatz, inspirierende Anführerin
67 Tore hat Popp für das DFB-Team erzielt - nur Heidi Moor (83) und Birgit Prinz (128) trafen in der Geschichte der Frauen-Nationalmannschaft häufiger. Neben ihrer Torgefahr zeichnete Popp auch stets ihr großer, bedingungsloser Einsatz aus. "Die 'Poppi' hat eine Eigenschaft, die nicht viele Frauen im Fußball haben", sagte die frühere Bundestrainerin Silvia Neid, die Popp ins DFB-Team holte. "Sie geht im Spiel dorthin, wo es wehtut." Diese Einstellung der Stürmerin forderte jedoch auch ihren Tribut: Mehrfach fehlte Popp monatelang wegen schwerer Verletzungen. Als sie Ende September ihren Rücktritt aus der Nationalmannschaft ankündigte, bezeichnete sie ihren Körper als "eine tickende Zeitbombe".
Mit Popps Abschied verliert das DFB-Team nicht nur eine ihrer besten Spielerinnen, sondern auch eine starke Führungspersönlichkeit. Seit 2019 stand sie als Kapitänin an der Spitze der Mannschaft. "Sie zeigt, dass man einfach dranbleiben, seinen Weg gehen muss und sich durch nichts unterkriegen lassen soll", sagte Kathrin Heinrich, Teamkollegin in der Nationalelf und in Wolfsburg, gegenüber der DW über Popp. "Sie hat mich definitiv sehr inspiriert."
Ausgebildete Zootierpflegerin
Popps Vertrag beim VfL Wolfsburg, wo sie seit zwölf Jahren spielt, läuft noch bis Mitte 2025. Wie es danach weitergeht, hat sie nach eigenen Worten noch nicht entschieden. Aber sie hat sich schon ihre Gedanken über die Zeit nach der Karriere als Spielerin gemacht. "Weiter in der Tierpflege zu arbeiten und teilweise im Fußball, das wäre meine Wunschvorstellung", sagt Popp.
Seit Ende 2015 ist die Profifußballerin auch staatlich geprüfte Zootierpflegerin. Eine seltene, aber nicht einmalige Kombination. Auch Lydia Williams, Rekord-Torhüterin der australischen Nationalmannschaft, ist ausgebildete Tierpflegerin. Wie Popp verkündete auch Williams in diesem Jahr das Ende ihrer internationalen Karriere.
Der Artikel wurde nach dem letzten Spiel Popps für die DFB-Frauen aktualisiert.
Die erfolgreichsten Torjägerinnen des DFB
Wer entscheidende Tore oder besonders viele Treffer erzielt, genießt bei den Fans besonderes Ansehen. Die deutsche Fußball-Nationalmannschaft hat einige große Torjägerinnen gehabt - diese zehn waren am erfolgreichsten.
Bild: William West/AFP/Getty Images
Kerstin Garefrekes - 43 Tore
Die Stürmerin ist ebenfalls bei beiden deutschen WM-Titeln - 2003 und 2007 - dabei. Außerdem gewinnt sie 2005 und 2009 mit den DFB-Frauen die EM. Zehn Jahre lang (2001-2011) trägt Garefrekes das DFB-Trikot und bestreitet 130 Spiele. Neben ihrer Sportkarriere arbeitet sie zeitweise in der Verwaltung der Stadt Frankfurt am Main. Heute ist sie im Trainerstab von Eintracht Frankfurt tätig.
Die Stürmerin wird 2013 bei der SGS Essen bereits mit 16 Jahren Bundesligaprofi und schafft es vier Jahre später in die Nationalmannschaft. Nach nur neun Spielminuten gelingt ihr beim Debüt ihr erstes Länderspieltor. Schüller ist mit den DFB-Frauen seit der WM 2019 bei allen großen Turnieren dabei, ein großer Titel mit der Nationalelf fehlt ihr bislang aber noch. (*Stand: 29. Oktober 2024)
Bild: Sebastian Gollnow/dpa/picture alliance
Silvia Neid - 48 Tore
Silvia Neid ist eine der Pionierinnen des Fußballs in Deutschland. Schon beim ersten offiziellen Länderspiel im November 1982 gegen die Schweiz ist sie dabei. Dreimal gewinnt Neid als Spielerin die EM (1989, 1991, 1995). Noch erfolgreicher ist sie nach ihrer aktiven Karriere als Bundestrainerin (2005 - 2016). Ihre Titelsammlung: WM 2007, EM 2009 und 2013, außerdem Olympia-Gold 2016.
Bild: Sven Simon/picture alliance
Anja Mittag - 50 Tore
Zwei Tore mehr als Neid erzielt Anja Mittag im DFB-Trikot. Mit 158 Länderspielen ist die Angreiferin Nummer vier der DFB-Rekordliste. Mittag feiert ihre größten Erfolge mit dem Olympiasieg 2016 und dem WM-Titel 2007. Dreimal wird sie außerdem Europameisterin (2005, 2009, 2013). 2017 beendet sie ihre DFB-Karriere und arbeitet heute als Co-Trainerin bei RB Leipzig.
Bild: Anke Fleig/SVEN SIMON/picture alliance
Bettina Wiegmann - 51 Tore
Zwischen 1989 und 2003 läuft die technisch versierte Mittelfeldspielerin 154 Mal für Deutschland auf. Wiegmann wird viermal Europameisterin (1991, 1995, 1997, 2001) und gewinnt 2003 die Weltmeisterschaft. Das WM-Finale ist ihr letztes Spiel. 2004 wird Wiegmann erste Ehrenspielführerin des DFB. Nach ihrem Karriereende beginnt sie eine Laufbahn als Trainerin.
Bild: Franz-Peter Tschauner/dpa/picture alliance
Celia Sasic - 63 Tore
Celia Sasic geht bis zu ihrer Hochzeit im Jahr 2013 als Celia Okoyino da Mbabi für Deutschland auf Torejagd. Die in Bonn geborene Tochter eines Kameruners und einer Französin gewinnt 2009 und 2013 die EM und wird 2015 WM-Torschützenkönigin. Im selben Jahr - nach dem Karriereende - wird sie Europas "Fußballerin des Jahres". Seit März 2022 ist Sasic DFB-Vizepräsidentin für Diversität und Vielfalt.
Bild: Lars Schroer/CITYPRESS 24/picture alliance
Inka Grings - 64 Tore
16 Jahre lang trägt die Stürmerin das Trikot der deutschen Nationalmannschaft. Zwischen 1996 und 2012 erzielt sie 64 Treffer. Zweimal gewinnt Grings mit den DFB-Frauen die EM-Turniere 2005 und 2009 und wird jeweils Torschützenkönigin. Im April 2019 übernimmt sie als Trainerin des Regionalligisten SV Straelen als erste Frau eine Männer-Mannschaft der obersten vier deutschen Fußballligen.
Bei der Euro 2022 unterstreicht Alexandra Popp eindrucksvoll ihren Stellenwert im deutschen Team. Bis zum Halbfinale trifft die Stürmerin des VfL Wolfsburg in jedem Spiel mindestens einmal. "Poppi" spielt seit 2010 für die DFB-Frauen und ist seit 2019 Kapitänin. 2016 gewinnt sie in Rio die olympische Goldmedaille, 2024 in Paris Bronze. Im Oktober 2024 beendet sie ihre DFB-Karriere.
Bild: Sebastian Gollnow/dpa/picture alliance
Heidi Mohr - 83 Tore
Nicht die meisten Treffer, aber die beeindruckendste Quote hat Heidi Mohr: Für ihre 83 Tore im DFB-Trikot benötigt sie "nur" 104 Spiele, die sie zwischen 1986 und 1996 bestreitet. Dreimal wird Mohr Europameisterin (1989, 1991, 1995). Bei der WM 1991 gelingt ihr in jedem Spiel ein Treffer. Im Februar 2019 stirbt die Torjägerin mit nur 51 Jahren an Krebs.
Bild: SVEN SIMON/picture alliance
Birgit Prinz - 128 Tore
Die DFB-Rekordspielerin (214 Länderspiele) und -Torjägerin wird 2003 und 2007 Welt- und fünfmal Europameisterin (1995, 1997, 2001, 2005, 2009). Bei der WM 2003 und den Olympischen Spielen 2004 ist Prinz beste Torschützenin und wird 2003, 2004 und 2005 zur Weltfußballerin gekürt. Mittlerweile arbeitet sie als Sportpsychologin bei der TSG Hoffenheim und auch bei den DFB-Frauen.