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Politik

Alexej Nawalny bekommt Recht in Straßburg

Markian Ostaptschuk
2. Februar 2017

Wieder hat der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte Russland wegen der Verletzung des Rechts auf Demonstrations- und Meinungsfreiheit verurteilt. Wird Alexej Nawalny nun bei Wahlen in Russland kandidieren können?

Russland Oppositionsführer Alexej Nawalny im Interview
Bild: picture-alliance/AP Photo/P. Golovkin

Es ist ein weiterer Erfolg für Alexej Nawalny. Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte in Straßburg verurteilte Russland am Donnerstag wegen willkürlicher Verhaftungen des Oppositionspolitikers in mehreren Verfahren. Die Richter sahen es als erwiesen an, dass Nawalny zwischen 2012 und 2014 bei friedlichen Demonstrationen und Kundgebungen in Moskau ohne hinreichende Begründung siebenmal verhaftet und teils stundenlang festgehalten wurde. Nawalnys Recht auf Demonstrations- und Meinungsfreiheit sowie sein Recht auf Freiheit seien mehrfach verletzt worden, so die Richter. Sie sahen auch eine Verletzung des Rechts auf einen fairen Prozess, da russische Gerichte alle Einsprüche Nawalnys gegen die Verhaftungen abgewiesen hatten. Der Gerichtshof sprach dem Kläger rund 64.000 Euro Entschädigung zu.

Der 40-jährige Nawalny ist einer der einflussreichsten Oppositionspolitiker der neuen Generation in Russland. Er studierte Jura und machte sich als Kämpfer gegen Korruption einen Namen. Seine "Stiftung für Kampf gegen Korruption" enthüllt regelmäßig Machenschaften russischer Eliten. Seinen Ruf als furchtloser Kritiker der Mächtigen verdankt Nawalny vor allem seinem Blog, in dem er seit 2007 kritische Recherchen über die dubiosen Geschäftspraktiken russischer Großkonzerne veröffentlicht. Es war Nawalny, der die Kreml-Partei "Einiges Russland" als "Partei der Gauner und Diebe" brandmarkte. Im Ausland wurde er als Wortführer der Proteste gegen die umstrittene Parlamentswahl im Dezember 2011 und die Wiederwahl von Wladimir Putin ins Präsidentenamt im Mai 2012 bekannt.

Alexej Nawalny bei einer seiner Festnahmen im Februar 2014Bild: Reuters

Laufender Prozess in Kirow

Nawalny klagte bereits in einem anderen Fall erfolgreich gegen Russland vor dem Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte. Im Juli 2013 war er von einem russischen Gericht zu fünf Jahren Lagerhaft verurteilt worden, wegen angeblicher Veruntreuung von Geldern einer staatlichen Holzfirma in der Stadt Kirow. Wenige Stunden nach dem Urteil forderte die Generalstaatsanwaltschaft, Nawalny so lange freizulassen, bis das Urteil rechtskräftig sei, worauf er am nächsten Tag freigelassen wurde. Im Oktober 2013 setzte ein Gericht in der Stadt Kirow diese Strafe überraschend zur Bewährung aus.

Doch Nawalny zog trotzdem vor den Gerichtshof in Straßburg. Der rügte die Bewährungsstrafe im Februar 2016 und nannte sie "willkürlich". Daraufhin ordnete das Oberste Gericht Russlands eine Neuaufnahme des Prozesses in der Stadt Kirow an. Nawalny sagte beim Prozessauftakt, das Verfahren sei politisch motiviert. Die Wiederaufnahme bedeute viele Fahrten von Moskau an den 900 Kilometer entfernten Gerichtsort. Dies schränke ihn in seiner politischen Aktivität massiv ein.

Keine Teilnahme an Wahlen?

Kritiker vermuten, Nawalny solle daran gehindert werden, bei Wahlen zu kandidieren. Denn laut Gesetz ist dies Bürgern verboten, die wegen schwerer Straftaten verurteilt sind. So konnte Nawalny im September 2016 an den Wahlen zur Staatsduma, der ersten Kammer des russischen Parlaments, nicht teilnehmen. Auch seine "Fortschrittspartei" durfte bei den Wahlen nicht antreten, weil sie von den russischen Behörden nicht registriert wurde. Nawalny bezeichnet sie als einzig wirklichen Konkurrenten der Kreml-Partei "Einiges Russland".

Im Gespräch mit der DW sagte Nawalny: "Das Problem ist, dass der Kreml keine neuen Parteien bei Wahlen zulässt. Auch ich werde gar nicht erst zugelassen. Nur ein einziges Mal konnte ich kandidieren und erzielte ein gutes Ergebnis. Jeder Dritte in Moskau gab mir seine Stimme. Danach ließ man mich nicht mehr antreten." Nawalny hatte im September 2013 bei der Bürgermeisterwahl in Moskau kandidiert und verlor gegen Putins Kandidaten Sergej Sobjanin. Aber 27 Prozent aus dem Stand für Nawalny waren eine Sensation. Das war doppelt so viel wie in Umfragen prognostiziert worden war.

Ziel: Präsidentschaftskandidatur

Doch Nawalny bekam kaum eine Chance, aus seinem Erfolg in Moskau politisches Kapital zu schlagen. Es folgte ein zweiter Prozess. Nawalny und sein Bruder Oleg wurden beschuldigt, bei der russischen Vertretung der französischen Kosmetikfirma Yves Rocher Geld veruntreut zu haben. Oleg musste für dreieinhalb Jahre hinter Gitter, Alexej bekam das gleiche Strafmaß auf Bewährung.

Alexej Nawalny und sein Bruder Oleg standen im Dezember 2014 vor GerichtBild: picture-alliance/dpa/AP Photo/P. Golovkin

Doch Nawalny forderte die russische Justiz immer wieder heraus. So verließ er trotz Hausarrests seine Moskauer Wohnung, um an einer Demonstration teilzunehmen. Er schnitt zudem seine elektronische Fußfessel durch, die er fast ein Jahr getragen hatte. Ein entsprechendes Foto veröffentlichte er bei Twitter. Sein Vorgehen begründete Nawalny so: Eine Bewährungsstrafe sähe keinen Hausarrest vor.

Ungeachtet aller Strafprozesse gegen sich erklärte Nawalny seine Kandidatur für die Präsidentenwahl 2018. Er habe "das volle juristische und moralische Recht", sich als russischer Präsident zu bewerben, so Nawalny.

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