1. Zum Inhalt springen
  2. Zur Hauptnavigation springen
  3. Zu weiteren Angeboten der DW springen

Boko-Haram-Terror ist "unislamisch", sagt der Vorsitzende des Islamrates

Stefan Dege7. Mai 2014

Deutschlands Muslime verurteilen die Gewalttaten von Boko Haram im Norden Nigerias als "unislamisch". Ali Kizilkaya, Vorsitzender des Deutschen Islamrates, im Interview mit der DW.

Ali Kizilkaya Islamrat
Bild: picture-alliance/dpa

DW: Die muslimischen Kämpfer von Boko Haram in Norden Nigerias kennen kein Pardon, metzeln ganze Dörfer nieder, enführen hunderte junger Mädchen. Was sagen Deutschlands Muslime?

Ali Kizilkaya: Sie sind erschrocken, fragen, wie man so etwas überhaupt machen kann. Erst mal muss man festhalten, dass das überhaupt nicht mit dem Islam vereinbar ist. Wir sind fassungslos und verurteilen, was da passiert.

Die Boko Haram wollen einen islamischen Gottesstaat errichten. Können Sie sich vorstellen, wie das aussieht?

Demonstrationen in Nigeria gegen die Entführung von SchulmädchenBild: Reuters

So etwas kann ich mir nicht vorstellen. Was die machen, ist jedenfalls nicht islamisch. Das ist total unmenschlich - Kinder zu entführen, widerspricht dem Islam. Gerade Kinder! Das ist etwas, was die Muslime hierzulande mit großer Erschrockenheit verfolgen.

Mit großer Erschrockenheit?

Sie billigen das nicht. Das ist nicht nur eine Gefühlslage. Sie machen sich auch Sorgen, dass diese Gruppen den Islam in ein Bild bringen, wo der Islam nicht hingehört.

Sondern, wo gehört der Islam hin?

Der Islam, wie schon der Namen sagt, heißt "Frieden" und nicht "Schrecken". Das, was die Boko Haram macht, ist nicht das, woran wir hier als Muslime glauben. Das ist nicht unser Islam!

Sie betrachten auch aus einer politischen Sicht, was in der Welt passiert. Nigeria hat soeben Südafrika den Rang als erfolgreichster Wirtschaftsnation Afrikas abgelaufen. Passen Fortschritt und muslimischer Gottesstaat zusammen?

Ich glaube, Islam und Demokratie passen sehr gut zusammen. Die überwiegende Mehrheit der Muslime denkt demokratisch und will demokratisch leben.

Ein muslimischer Gottesstaat ist kein Thema?

Darunter kann ich mir nichts vorstellen.

Ein Boko-Haram-Anführer bekennt sich zur Entführung von SchulmädchenBild: picture alliance/AP Photo

Haben Boko Haram Angst vor einem politischen und wirtschaftlichen Fortschritt?

Ich kann mir das nicht erklären. Das ist vielleicht eine Frage für Soziologen, warum solche extreme Gruppen handeln. Jedenfalls handeln sie nicht für das, was sie vorgeben, nicht für den Islam. Was sie tun, ist nicht islamisch und nicht vertretbar.

Was muss passieren, um diesen Leuten das Handwerk zu legen?

Man kann nur hoffen, dass die Bevölkerung ihren friedlichen Islam vorlebt und diesen Gruppen eine Absage erteilt. Wie das in einem afrikanischen Land funktioniert, wo kaum eine Autorität für Ordnung sorgen kann, weiß ich nicht. Da ist die Weltgemeinschaft gefragt, den Menschen beizustehen.

­­­­­­­­­­­­­­­­­­­­­­­­­______________________

Ali Kızılkaya, Jahrgang 1963 ist Vorsitzender des Islamrats für die Bundesrepublik Deutschland. Er stammt aus der Türkei und lebt seit 1972 in Deutschland. Er ist Sprecher des Koordinierungsrats der Muslime in Deutschland, einer Arbeitsplattform der vier größten islamischen Organisationen in Deutschland. Außerdem gehört Kizilkaya für die Islamische Gemeinschaft Milli Görüş der Deutschen Islamkonferenz an.