Er hat Generationen von Kindern begeistert. In seinen Wimmelbüchern zeichnete er das pralle Leben - bunt und durcheinander. Nun ist Ali Mitgutsch im Alter von 86 Jahren gestorben.
Ali Mitgutsch schuf mit Wimmelbüchern ein ganz neues GenreBild: Plusphoto/imago images
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Menschen schwimmen im Pool, gucken sich Tiere im Zoo an, erklimmen Berge, spielen mit dem Ball - in seinen Wimmelbüchern schuf Ali Mitgutsch eine bunte Welt, in der man sich verlieren konnte und sollte. Der Vater der Wimmelbücher ging nie ohne Stift und Papier aus dem Haus. Für Alfons Mitgutsch, genannt Ali, war das Zeichnen eine Berufung.
Er wurde 1935 in München geboren und wuchs mit drei Geschwistern in bescheidenen Verhältnissen auf, sein ältester Bruder fiel im Krieg, als Ali Mitgutsch acht Jahre alt war. Während des Zweiten Weltkriegs wurde er ins Allgäu evakuiert. Dort wurde Mitgutsch nach eigenem Bekunden zum Außenseiter und lernte früh, sich in die eigene reiche Fantasiewelt zurückzuziehen. Wegen seiner dunklen Locken gab man ihm den orientalischen Spitznamen Ali.
Seine Karriere begann er als Grafiker. Auf ausgedehnten Reisen entstanden die Ideen für die Bilder und Geschichten seiner Kinderbücher, die seit Ende der 50er Jahre auf den Markt kamen. Sein erstes Kinderbilderbuch "Pepes Hut" kam 1959 heraus. Es folgten Bücher wie "Ulus abenteuerliche Reise zum Nordlicht" und "Nico findet einen Schatz". Den Durchbruch als Bilderbuchmacher schaffte Mitgutsch 1968 mit "Rundherum in meiner Stadt", das als Erstes seiner erzählenden "Wimmelbilderbücher" 1969 mit dem Deutschen Jugendbuchpreis ausgezeichnet wurde. Seitdem sind mehr als 70 Bücher, Poster und Puzzles mit seinen Figuren und Zeichnungen erschienen.
World Wide Wimmelbuch: Wo das beliebte Bilderbuch seinen Ursprung hat
In Wimmelbüchern kann man sich ganz verlieren. Der Zeichner Ali Mitgutsch war einer der ersten, der solche Kinderbücher gezeichnet hat.
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Ali Mitgutsch
Mitgutschs erstes Buch, "Rundherum in meiner Stadt", wurde 1968 veröffentlicht und im Jahr darauf mit dem Deutschen Jugendbuchpreis ausgezeichnet. Es zeigt Alltagsszenen aus dem Leben in einer quirligen deutschen Stadt und ist mittlerweile ein Bilderbuch-Klassiker. Mitgutsch zeichnete mehrere weitere großformatige Bücher in diesem Stil, die noch heute in vielen Kinderzimmern zu finden sind.
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Hieronymus Bosch
Wenn man Mitgutsch als Vater des Wimmelbuchs bezeichnet, dann ist der niederländische Maler Hieronymus Bosch, der im 15. Jahrhundert lebte, wohl eine Art früher Pate des Wimmelbuchs. Bei genauem Blick auf die schlüpfrigen und brutalen Szenen aus Boschs "Garten der Lüste" dürfte aber sicherlich auffallen, dass sein Werk nicht in die Kategorie jugendfrei fällt.
In den USA kam Richard Scarry (1919-1994), einer der produktivsten und erfolgreichsten Kinderbuchautoren, mit Wimmelbüchern groß raus. In seiner Buchserie "Busytown", auf Deutsch "Schaffenau", wuseln Tiere mit menschlichen Zügen, wie Huckle Cat und Lowly Worm durch die Stadt. Die Bücher verkauften sich weltweit so erfolgreich, dass es in den 1990er-Jahren auch eine Zeichentrickserie dazu gab.
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Rotraut Susanne Berner
Berühmt wurde die deutsche Illustratorin und Grafikerin mit ihrer Serie von Wimmelbüchern für Kinder, die teils fantastische Welten zeigen, in denen Fische fliegen und Häuser schwimmen können. Die Bücher der preisgekrönten Autorin sind in 15 Sprachen erschienen und wurden mehr als 500.000-mal verkauft - auf dass es in noch viel mehr Haushalten auf der ganzen Welt fröhlich wimmelt!
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Martin Handford
Der erste internationale Wimmelbook-Erfolg kam in rot-weißem Ringelshirt und passend gestreifter Mütze daher: In den "Where's Wally"-Büchern, die UK-Autor Martin Handford 1987 begann, muss man Wally finden, der sich oft in Menschentrauben versteckt. In den USA sucht man übrigens "Waldo", in Deutschland "Walter". Manchmal brauchte Handford zwei Wochen, um eine wimmelige Doppelseite zu zeichnen.
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Geschichtenerzählen ohne Worte
Wimmelbücher haben es auch in den englischen Wortschatz geschafft. Die detailreichen Bücher, die ganz ohne Worte auskommen, kennt man im Englischen unter dem Namen "wimmelbook" oder auch "hidden picture book". Oft muss man sie sorgfältig durchsehen, um eine bestimmte Person oder Sache zu finden. Illustrator Ali Mitgutsch, geboren am 21. August 1935 in München, ist einer der Väter des Genres.
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Erfinder eines neuen Genres
Mit den Wimmelbüchern hat Migutsch ein neues Genre geschaffen. Allein in Deutschland gingen über fünf Millionen Exemplare der ohne Worte auskommenden Kinderbücher über die Ladentische, international kamen mehr als drei Millionen verkaufte Exemplare dazu. In Interviews zu seinem 80. Geburtstag sagte Ali Mitgutsch: "Jedes einzelne Wimmelbild ist ein Teil von mir. Meine Wimmelbücher sind gemacht, um die Kinder in die Gärten der Fantasie zu führen, dass sie selbst weitermachen."
Seit 2017 war er im Ruhestand und zog sich aus dem öffentlichen Leben zurück. Nun ist der beliebte Kinderbuchautor und Illustrator in München gestorben.