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Politik

Alle Hoffnungen ruhen auf Theresa May

Samira Shackle (Adaption: Jan D. Walter)12. Juli 2016

Manche sagen ihr autoritäre Tendenzen nach, dabei galt sie einmal als Lichtgestalt der liberaleren Tories. Einig sind sich alle, was Theresa May als Premierministerin erreichen soll: Stabilität.

Großbritannien Theresa May kommt in Downing Street an
Bild: picture-alliance/dpa/W. Oliver

Theresa Mays hastige Berufung zur Parteivorsitzenden der britischen Konservativen ist bezeichnend für den Umbruch im Vereinigten Königreich. Ursprünglich wollten sich die Regierungsparteien neun Wochen Zeit nehmen, um den Vorsitz und damit das Premierministeramt neu zu besetzen. Doch mit dem plötzlichen Rücktritt von Andrea Leadsom am Montag fand das parteiinterne Rennen ein rasches Ende und der scheidende David Cameron macht Platz für seine Nachfolgerin. Nun hatte May gerade einmal 48 Stunden Zeit, um ihre neue Regierung vorzubereiten.

Die 59-jährige Theresa May ist seit 2010 Innenministerin, so lang wie kaum jemand vor ihr. Seit Jahren werden ihr Ambitionen auf einen Führungsposten nachgesagt, sie kultiviert ein Image als entscheidungsfreudige, korrekte und krisenerfahrene Politikerin. Als die Anführer der Brexit-Kampagne, Michael Gove und Boris Johnson, sich gegenseitig aus dem Rennen um die Parteiführung der Konservativen drängten, betonte May, dass sie die "seriöse und erfahrene" Kandidatin sei, die Großbritannien durch diese unruhigen Zeiten führe könne.

Kontrollieren, überwachen, abschotten

Auch wenn britische Medien mit Vorliebe über die bunten Absätze ihrer Schuhe berichten - May gehört seit 17 Jahren zu dem kleinen erlesenen Kreis von Frauen in der Führungsriege der Konservativen Partei. Als Innenministerin machte sie sich einen Namen mit ihrer harten Politik gegen Einwanderung. 2015 löste sie Irritationen aus, als sie erklärte, dass "Immigration verhindere, Zusammenhalt in der Gesellschaft aufzubauen".

Nach der verlorenen Brexit-Kampagne räumt er die Downing StreetBild: picture-alliance/PA Wire/P. Toscano

Zu ihrer Abschreckungspolitik gehörte das Verbot für britische Staatsbürger, die weniger als 18.600 Pfund pro Jahr verdienen, ihre ausländischen Ehepartner oder Kinder ins Land zu holen. Das Einkommen der nichtbritischen Ehepartner wurde dabei nicht berücksichtigt. Die durch das Nachholverbot getrennten Familien haben gegen die Regelung Klage vor dem Verfassungsgericht eingereicht.

"Die Politik von Theresa May hat das Leben von Migranten in diesem Land aktiv und direkt verschlechtert", sagt Lucy Walker, die in London Flüchtlinge betreut. "Angesichts der allgemein wachsenden Fremdenfeindlichkeit mache ich mir große Sorgen über ihre künftige Politik als Premierministerin."

Modernisieren, einen, stabilisieren

Eine andere umstrittene politische Maßnahme ist das von May vorgeschlagene sogenannte "Schnüffler-Statut". Danach würden Internet-Provider und Mobilfunkanbieter dazu verpflichtet, die aufgerufenen Internetseiten jedes Kunden zu speichern.

Obwohl sich liberale Kommentatoren darin einig sind, dass Mays Maßnahmen autoritäre Züge haben, befindet sie sich mit ihrer Politik im Einklang mit dem konservativen Mainstream. "Viele der Positionen, die May als Innenministerin bezog, haben ihr gegenüber dem rechten Parteiflügel Glaubwürdigkeit verschafft", sagt Matts Cole, Dozent für Geschichte an der Birmingham University. "Dazu gehören ihre Haltung zur Abschiebung und zur Immigration, ihr Bestreben, aus der Europäischen Konvention für Menschrechte auszusteigen und ihr Wille, die Einheit der Föderation zu stärken."

Im November 2014 gab May den Sicherheitsbehörden größere Befugnisse zur TerrorabwehrBild: picture-alliance/epa/W. Oliver

Gleichzeitig gilt May auch als Pragmatikerin, die im Laufe ihrer langen politischen Karriere immer wieder unterschiedliche Positionen bezogen hat. 2002 warnte sie die Konservativen in einer Rede davor, dass sie als "hässliche Partei" angesehen würde, und forderte Reformen. Sie stellte sich hinter gleichgeschlechtliche Partnerschaften und warnte kürzlich vor dem sogenannten "Racial Profiling", bei dem Behörden Personen nach ethnischer Zugehörigkeit einteilen.

"May war die eigentliche Modernisiererin", sagt die konservative Schriftstellerin Kate Maltby. "Für all diejenigen von uns, die versucht haben, soziale und liberale Freiräume in der Partei zu schaffen, war sie eine Lichtgestalt, auch wenn sie davon abgerückt ist."

Beim Brexit-Votum hatte May für den Verbleib in der EU gestimmt, aber sie sagt: "Brexit heißt Brexit". Ein zweites Referendum werde es nicht geben, und sie hat versprochen, aus dem EU-Ausstieg einen "Erfolg zu machen". Außerdem hat sie radikale Reformen angekündigt, um die soziale Mobilität und die am meisten Benachteiligten der Gesellschaft zu unterstützen.

Ihre ruhige Ausstrahlung und ihre Erfahrung lassen viele hoffen, dass sie das Land mit fester Hand durch die anstehenden rauen Zeiten führen wird. "Ich bin kein Wähler der Konservativen, aber es beruhigt mich, dass in dieser chaotischen Zeit jemand mit so großer politischer Erfahrung das Ruder übernimmt", sagt Anwalt Matt Pembroke aus Manchester. "Ich will nicht noch mehr Unruhe in Form noch irgendeineines Votums. Ich will nur noch, dass jemand uns über das Desaster hinwegrettet, in dem wir stecken."

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