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Alles auf Anfang bei Airbus

Andreas Spaeth
14. Februar 2018

Soviel Umwälzung wie derzeit gab es bei dem europäischen Flugzeugbauer noch nie. Am Airbus-Firmensitz in Toulouse herrscht Verunsicherung, viele sehen aber auch Chancen. Von Andreas Spaeth.

10 Jahre Airbus 380
Bild: em company/H. Goussé

Es war schon ein ungewohnter Anblick auf der Singapore Air Show in der vergangenen Woche, als beim Airbus-Presse-Briefing nicht mehr der legendäre Verkaufschef John Leahy auf dem Podium saß, sondern sein Nachfolger Eric Schulz. Nach über 30 Jahren bei Airbus, in denen er maßgeblichen Anteil daran hatte, das europäische Konsortium vom Neuling zu einem der Weltmarktführer zu machen, hat der 67-jährige New Yorker Leahy seine Villa in Toulouse verkauft und zieht in seine Heimat zurück.

Sein zehn Jahre jüngerer Nachfolger kommt vom Triebwerkshersteller Rolls-Royce und muss erst noch zeigen, dass er die riesigen Fußstapfen ausfüllen kann, die Leahy hinterlässt. In dieser Woche wird der nächste bisherige Airbus-Grande seinen letzten großen Auftritt haben - Fabrice Brégier (56), Chef der wichtigen Verkehrsflugzeug-Sparte, wird am Donnerstag (15.02.2018) in Toulouse die Airbus-Bilanzzahlen für 2017 vorstellen, bevor er den Flugzeughersteller Ende Februar verlässt. Anders als John Leahy, dessen Ärzte ihn nach anhaltenden Herzproblemen zu einem gesünderen Lebensstil gedrängt hatten, verlässt Brégier das Unternehmen, weil er nicht Nachfolger des deutschen Konzernchefs Tom Enders (59) werden kann, der wiederum ebenfalls im April 2019 aufhört.

Tom Enders führt den Airbus-Konzern seit 2012 - und tritt im April 2019 abBild: Getty Images/AFP/T. Belot

Turbulente Zeiten fürs neue Personal

Turbulente Zeiten in Toulouse und die vermutlich größte Zäsur in der Airbus-Firmengeschichte. Sowohl Enders als auch Brégier stehen nach massiven Korruptionsvorwürfen gegen die militärischen und zivilen Geschäftsbereiche bei Airbus im Fokus der Ermittler, wobei ihnen bisher keine persönlichen Verfehlungen nachgewiesen werden konnten. Im November hatte es in Pariser Büroräumen von Airbus eine Razzia gegeben im Hinblick auf ein Satellitengeschäft mit Kasachstan aus dem Jahr 2010. Enders hatte danach seine Mitarbeiter bereits auf "harte und turbulente Zeiten" eingestimmt. "Wir brauchen frische Gesichter für die 2020er Jahre", so Enders damals.

An Brégiers Stelle tritt künftig der bisherige Chef der Hubschrauber-Sparte, Guillaume Faury (49). Damit bleibt zunächst das bis heute heikle Gleichgewicht aus Deutschen und Franzosen an der Airbus-Spitze gewahrt. Ob allerdings auch wieder ein Deutscher Konzernchef wird, wenn Enders im kommenden Jahr geht, steht in den Sternen. Enders selbst hatte sich stets bemüht, das klein-klein nationaler Denkweisen bei Airbus zu überwinden, leider nur  mit mäßigem Erfolg. So hatte er die Konzernzentrale aus München nach Toulouse geholt und ebenfalls Kapazitäten aus Paris abgezogen, nicht immer zur Freude der Politik. Die nationalen Eifersüchteleien im Konzern vermochte er bisher nicht zu beenden. Insider allerdings hoffen, dass Enders jetzt, in dem ihm verbleibenden Jahr und so unabhängig wie nie zuvor, noch einiges an Integration und Weichenstellungen für die Zukunft wird bewältigen können.

Die Konkurrenten: Ein Airbus A380 (vorn) und eine Boeing 747 auf dem Rhein-Main-Airport in Frankfurt. (Archivbild aus dem Jahr 2007)Bild: picture-alliance/dpa

Der ewige Zweikampf Airbus vs Boeing

Die Korruptionsvorwürfe, die internen Machtkämpfe und jetzt die große Rochade an der Spitze kosten auch intern viel Kraft und Aufmerksamkeit und verunsichern viele Mitarbeiter. Manche Branchenkenner befürchten, dass Airbus daher einige wichtige Dinge im Alltagsgeschäft vor allem in der entscheidenden Verkehrsflugzeugsparte hat schleifen lassen. Tatsache ist aber zunächst, dass Airbus ein überraschend erfolgreiches Jahr 2017 vorzuweisen hat, das im wesentlich auf große Verkaufserfolge zum Jahresende zurückgeht.

Allein im Dezember 2017 konnte Airbus nach der Dubai Air Show 776 Festbestellungen neu verbuchen, mehr als im gesamten Jahr 2016 eingingen. Insgesamt kam Airbus damit 2017 auf 1109 Bestellungen, weit vor Boeing mit 912. Ein Vorsprung, den Airbus seit Jahren immer wieder halten kann. Bei den ausgelieferten Flugzeugen allerdings liegt Airbus traditionell oft hinter Boeing, so auch 2017: Die Europäer lieferten aus ihren Fabriken in Toulouse, Hamburg, Mobile (US-Bundestaat Alabama) und Tianjin (China) insgesamt 718 Jets an Kunden aus, die Boeing-Werkshallen verließen dagegen 763 Flugzeuge.

Vorerst gerettet: Der A380

Vor seinem Abgang hatte John Leahy nicht nur auf der Dubai Air Show die größte Order aller Zeiten eingefahren (430 Flugzeuge zum Listenpreis von fast 50 Milliarden US-Dollar für die US-Holding Indigo und vier angeschlossene Airlines), sondern im Januar auch den kränkelnden Riesen A380 einen wesentlichen Schritt vorangebracht. Nachdem Emirates noch auf der Dubai Air Show die Europäer vorgeführt und einen Abschluss verweigert hatte, drohte Leahy dem Großkunden im Januar öffentlich, dass das Programm ohne eine Emirates-Order eingestellt werden müsse.

Emirates-Chef Scheich Ahmed bin Saeed Al Maktoum (li.) und John Leahy, Airbus-Verkaufschef unterzeichnen die Absichtserklärung über den Kauf von 36 Maschinen des Typs A380Bild: Airbus

Nur wenige Tage später unterschrieb Emirates dann eine Absichtserklärung über den Kauf von 36 der Riesenflugzeuge (20 direkt, weitere 16 als Option). Anfang dieser Woche wurde der Vertrag dann in Abu Dhabi festgezurrt. Damit ist das Programm zunächst gerettet und die Produktion für mindestens zehn Jahre zumindest auf Sparflamme gesichert. Dennoch braucht die A380 dringend weitere Besteller, um wieder auf nachhaltige Produktionsraten zu kommen. In diesem Jahr sollen nur noch zwölf gefertigt werden, 2019 sogar nur acht.

Doch zunächst wird am 20. Februar in Toulouse wieder Emirates' größter Konkurrent vom Persischen Golf im Fokus stehen, Qatar Airways. Die Kataris sind Erstkunde für die verlängerte Version des Airbus A350, genannt A350-1000. Die lange A350 kann mit knapp 370 Passagieren in zwei Klassen rund 40 Passagiere mehr mitnehmen als das Basismodell und ist dazu gedacht, mit den neuen Versionen der Boeing 777 zu konkurrieren. Allerdings lahmt das Geschäft mit der A350-1000, Kunden sind immer wieder zum kleineren Basismodell abgewandert und das Orderbuch von 211 auf derzeit nur noch 169 Modelle des A350-1000 geschrumpft. Da hat Verkaufschef Eric Schulz eine weitere Baustelle, und er muss zeigen dass er damit ähnlich virtuos umgehen kann wie sein legendärer Vorgänger John Leahy.

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