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Alles Lucke bei der AfD, oder was?

Kay-Alexander Scholz4. Juli 2015

Es ist ein Lächeln und ein Handschlag wie im Boxring. Die AfD hat auf ihrem Parteitag in Essen die wohl entscheidende Runde im Kampf um die Parteiführung eingeläutet. Offen ist, wer die meisten Stimmen bekommt.

AfD-Parteitag in Essen: Bernd Lucke und Frauke Petry (Foto: Getty Images)
Bild: V. Hartmann/Getty Images

Schafft es die eurokritische "Alternative für Deutschland" (AfD), sich in Deutschland als Partei rechts von der Mitte zu etablieren - so wie ähnliche Neugründungen zum Beispiel in Dänemark, Finnland oder Frankreich? An diesem Wochenende wird es ernst, denn ein harter Machtkampf um die Parteispitze soll beim Bundesparteitag in Essen entschieden werden.

Ein Machtkampf, der die Partei zuletzt gelähmt hat. Denn eigentlich müsste die Eurokrise - zur Erinnerung: es war das Gründungsthema der AfD - für Rückenwind sorgen. In bundesweiten Umfragen aber stagniert die Partei zwischen vier und fünf Prozent und kratzt damit scharf an der Hürde, die im deutschen Wahlrecht über den Einzug ins Parlament entscheidet. Allerdings, das muss der Vollständigkeit halber gesagt werden, gab es bisher auch keinen Einbruch in den Umfragen - trotz des Machtkampfes. Ob das Parteivolk dem Streit aber noch lange zuschaut?

Der Zweikampf

Die Kontrahenten sind: Bernd Lucke, der Volkswirtschaftsprofessor aus Hamburg und das mediale Aushängeschild der Partei, gegen Frauke Petry, die Power-Frau aus dem Osten. Der Streit zwischen beiden wird in deutschen Medien oft als Streit zwischen einem nationalkonservativen und einem liberaleren Flügel bezeichnet. Das ist er aber nur zum Teil. Denn beide sehen sich eher als integrative Generalisten und wollen ein breites Wählerspektrum ansprechen. Danach gefragt, sagte Lucke vor ein paar Tagen in Berlin, der Unterschied zwischen beiden liege im strategischen Umgang mit dem "Flatterrand". Er beschreibt damit Menschen, die für "Ideen, die jenseits des Common Sense" stehen - Antikapitalisten, offene Rechtsradikale, Anti-Amerikanisten. Petry würde darüber "den Mantel des Verschweigens" legen wollen, er nicht.

Petry ist AfD-Fraktionsvorsitzende im sächsischen Landtag in Dresden. Sie hat zu Beginn des Jahres öffentlich mit der Pegida-Bewegung Kontakt aufgenommen und Verständnis gezeigt. Das hat auch viele in der AfD verschreckt, die mit dieser Bewegung von der Straße nichts zu tun haben wollen.

Spannende Entscheidung - gleich große Lager?

Es könnte heiß werden in Essen. Nicht nur, weil die Temperaturen schon zu Beginn des Parteitags am frühen Vormittag 29 Grad erreicht hatten. Auch der Saal scheint bereit zu heißer Leidenschaft. Es brauchte nur wenige Impulse bei den Eröffnungsreden und schon gab es Buh-Konzerte, Standing Ovations und erboste Zwischenrufe. Lucke wurde als "Heuchler" und "Lügner" beschimpft. Dass er vor Wochen einen innerparteilichen Verein, den "Weckruf", gegründet hat, scheinen ihm Viele übel zu nehmen. Denn das wird bei vielen Mitgliedern als Spaltungsversuch gesehen. Doch eine Spaltung wäre wohl das Ende der jungen Partei.

Die spannende Frage in Essen wird sein, wie groß die beiden Lager um Lucke und Petry sind. Dem bisherigen Applaus nach zu urteilen, sollte das Petry-Lager eine Mehrheit haben. Aber so sicher ist sich hier niemand. Auch bei den üblichen Pre-Events am Vorabend eines Parteitags war sich kein Lager sicher, die Mehrheit zu haben. Petry feierte zusammen mit der Jungen Alternative in einem Biergarten im idyllischen Ruhr-Tal. Lucke hatte seine Truppen in einem stickigen Bierlokal zusammengerufen. Bei den jungen Petry-Anhängern wurde der Streit als Auseinandersetzung zwischen Konformisten und Alternativen beschrieben - kein schlechter Versuch.

Treibt die AfD weiter nach rechts?

Petry ging in ihrer Begrüßungsrede ausdrücklich auf die Vorwürfe ein, die Partei noch weiter nach rechts führen zu wollen. "Ich kann keinen Rechtsruck der Partei erkennen und wir sollten ihn auch nicht herbeireden", rief sie dem Saal zu. Das Problem sei vielmehr eine öffentliche Debatte, die totalitäre Züge trage. Minderheitenmeinungen der AfD würden als rechts oder nationalistisch diffamiert. Es sei deshalb falsch, diese Kampfbegriffe des Gegners in der innerparteilichen Auseinandersetzung zu verwenden, sagte sie als Kritik an Lucke, der genau das getan hat, um Petry zu schwächen.

Petry selbst gab einen Ausblick, wie sie das Thema "Rechts" anfassen wolle. Zunächst müsse man als AfDler wohl die Angst bekämpfen, als Nazi beschimpft zu werden. Dann aber müssten neue Begrifflichkeiten gefunden werden, um aus der Falle des Establishments zu kommen.

Beide, Petry und Lucke, zeigten sich in ihren Reden bereit zum Kampf. Der Streit solle hier in Essen geklärt werden, betonten beide. Doch wann an diesem Wochenende und in welcher Form das geschieht, ist noch nicht absehbar. Die Wahl könnte mit vielen Verfahrenstricks hinausgezögert werden.

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