"Alles ultra!" - Beethovenfest präsentiert das Programm 2025
10. Mai 2025
"Alles ultra!" - an diesem Festival-Slogan 2025 ist Goethe schuld: "Alles, mein Teuerster, ist jetzt ultra, alles transzendiert unaufhaltsam, im Denken wie im Tun”, schrieb der Weimarer Dichterfürst 1825 - also vor genau zweihundert Jahren - an einen alten Freund, den Komponisten Carl Friedrich Zelter.
Alles außer Mittelmäßigkeit
Nein, das ist keine Beschwerde Goethes über TikTok und KI. Es sind eher die "Eisenbahnen, Schnellposten, Dampfschiffe" etc., die den damals 75-Jährigen mit Skepsis erfüllten. Allerdings wäre es zu simpel, Goethes Worte als alterstypische Ablehnung des Neuen zu interpretieren. Es ist eine Vorahnung der Moderne: Die "gebildete Welt” sei dabei, so Goethe, "sich zu überbieten, zu überbilden und dadurch in der Mittelmäßigkeit zu verharren."
Ach wirklich? Mittelmäßigkeit als einzige Konsequenz von "ultra"? Das junge Team um Steven Walter, der seit 2021 als Intendant das Beethovenfest Bonn fröhlich und unbeugsam durch schwierige Gewässer in Zeiten der Pandemie, internationaler Konflikte und politischer Umwälzungen lotst, wagt den Widerspruch zum großen Goethe. Es wäre interessant, einen anderen großen Geist, Ludwig van Beethoven, dazu zu befragen, "was er von Goethes Aussage gehalten hätte", so Steven Walter.
Ohne "Beethovens Drang, die Zukunft aktiv zu gestalten, würden wir nicht seine Musik und Innovationskraft in jährlich 100 Konzerten des Beethovenfestes feiern". Als Ultra-Komponist und Ultra-Typ ist Beethoven der ideale Weggefährte für all diejenigen, die, wie die Zukunftsforscherin Florence Gaub es ausdrückt, wissen: "Der Mensch braucht Utopien, um glücklich zu sein."
So soll das Beethovenfest 2025 "eine Feier der Vielseitigkeit, der unvernünftigen Liebe zu allem Möglichen und Menschlichen, ein Fest der Überraschungen und des Positiven werden" - und das in Zeiten, wo man sich die sogenannte Normalität "bestenfalls nur vorgaukeln kann". Die Festivalsausgabe 2025 will "überraschend, schick, ergreifend" - also eben "ultra" sein.
Hochkulturtrifft trifft Underground
Einen Vorgeschmack auf das Kommende gab es bereits am 9. Mai. Zum ersten Mal wurde das Programm der kommenden Saison nicht in Form der üblichen Pressekonferenz, sondern in einem bunten Konzertprogramm vorgestellt. Und zwar dort, wo man klassische Hochkultur womöglich am wenigsten erwartet - am Rande der Bonner Innenstadt, in der "Fabrik45" mit ihrem postindustriellen Underground-Charme.
Einige der Headliner des kommenden Festivals haben ihren Weg dorthin gefunden - etwa die Bass-Posaunistin Maxine Troglauer, der Schlagzeuger Bernhard Schimpelsberger oder der Violinist Jonian Ilias Kadesha, die sich aus dem Anlass mit zu einer "Bethovenfest-Showband" zusammengewürfelt haben.
Bis in die Nacht hinein ging es weniger um Wissenstransfer als vielmehr um Vorfreude auf das Musikfeuerwerk im Herbst. "Alles ultra!" sei "mehr ein Gefühl als eine Dramaturgie", räumt Intendant Steven Walter ein.
Ein Feier der Unangepasstheit
Die Fortsetzung folgt am 29. August mit dem feierlichen Eröffnungskonzert des Aurora Orchestra unter der Leitung von Nicholas Collon in der Oper Bonn und mit der Geigerin Alena Baeva als Solistin. Parallel wird der Rapper Samy Deluxe den Bonner Marktplatz, über den Beethoven in jungen Jahren fast täglich zu seinem ungeliebten Job am fürstlichen Hofe latschte, zum Tanzen bringen.
In den darauffolgenden 31 Tagen werden sich Künstler wie der Shootingstar der Musikszene, die Cellistin Anastasia Kobekina, eine Residenzkünstlerin des Festivals, der Stardirigent Maxim Emelyanychev sowie Iveta Apkalna, Hausorganistin der Elbphilharmonie in Hamburg, die Ehre geben.
Das Jerusalem Quartet widmet sich sämtlichen Streichquartetten von Dmitri Schostakowitsch, die zwölf Cellisten der Berliner Philharmoniker spielen auf und bringen einen Vorgeschmack auf die baldige Wiederreröffnung der Beethovenhalle - der Hauptbühne des Festivals, die fast neun Jahre lang "under reconstruction" im Dornröschenschlaf verweilte.
"Ultra-Campus 2025": Ein Hauch von Lagos in Bonn
Auch die Macherinnen und Macher des Campus-Projektes, der gemeinsamen Unternehmung des Beethovenfestes und der DW, ließen sich von der "Ultra"-Ausrichtung des Festivals inspirieren und entschieden sich für ein ultra-spannendes Land: Nigeria.
Am 11. September trifft Afrobeat auf Beethoven - in einem Konzert, bei dem junge Mitglieder des Bundesjugendorchesters zusammen mit Musikerinnen und Musikern aus der nigerianischen Metropole Lagos auftreten werden. "Beethoven meets Afrobeat” lautet das Motto. Und damit ist nicht zu viel versprochen!