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Wie Alte und Junge, Stadt und Land wählen

8. September 2021

Wem geben die Deutschen bei der Bundestagswahl am 26.9. ihre Stimme? Die Älteren tendieren zu CDU, CSU und SPD, für die Jüngeren ist das eher keine Option.

Berlin Ramadanfest Symbolbild Integration
Bild: picture-alliance/dpa/J. Carstensen

Wenn Ende September die rund 60 Millionen Wahlberechtigten bei der Bundestagswahl ihr Kreuzchen machen können, dann wird es sehr unterschiedlich sein, welche Altersgruppe wie abstimmt. Die älteren Menschen tendieren eher zu den etablierten früheren Volksparteien von CDU, CSU, FDP und SPD. 

Diese Parteien symbolisieren für diese Gruppe Stabilität und Wohlstand. In der gesamten Geschichte der Bundesrepublik Deutschland haben stets Kanzlerinnen oder Kanzler entweder von CDU oder SPD das Land regiert. 

Siegel: "Ältere haben oft eine klare politische Prägung."

Nico Siegel, der Geschäftsführer des Meinungsforschungsinstituts Infratest dimap in Berlin, sagt dazu der DW: "Unter älteren Wählerinnen und Wählern finden wir häufiger als bei jüngeren eine langfristig gewachsene Parteibindung. Diese hat sich oft in früheren Phasen des Lebens ausgeprägt. Vor 20 Jahren und mehr waren CDU, CSU und SPD noch mit Abstand die stärksten Kräfte, erreichten zum Beispiel Mitte der 1970er Jahre gemeinsam 90 Prozent der Stimmanteile.

Meinungsforscher Nico Siegel von Infratest dimapBild: David Ausserhöfer/handout/dpa/picture alliance

Trotzdem gebe es auch in diesem Segment potenzielle Wechselwähler, sagt der Meinungsforscher: "Gerade bei der bevorstehenden Bundestagswahl können sich Verschiebungen ergeben, allerdings voraussichtlich vor allem zwischen Union und SPD. Das liegt vor allem daran, dass ältere Wahlberechtigte oft Erfahrung, Kompetenz, Souveränität und eine ruhige Ausstrahlung besonders schätzen und ihr Kreuz bei Parteien der Mitte machen: und da punktet bislang vor allem der SPD-Kanzlerkandidat Olaf Scholz."

Die Grünen sind bei den Jüngeren oft weit vorn.

Jüngere Parteien wie die Grünen sind zwar längst im Parteien-Spektrum angekommen, erzielen ihre Erfolge aber eher in den jüngeren Bevölkerungsgruppen. Ein Beispiel: Bei der letzten bundesweiten Wahl, der Europawahl im Jahr 2019, bekamen die Grünen in der Altersgruppe der unter 24 Jahre alten Wähler satte 34 Prozent, sie wurden hier klar stärkste Partei, ihr Gesamtergebnis lag aber nur bei 20,5 Prozent.

Diese aktuelle Umfrage von Infratest dimap sieht die SPD zurzeit in Front

Das Thema Klimaschutz ist hier sehr wichtig. Einer aktuellen Umfrage der Deutschen Umweltgruppe "NABU" (Naturschutzbund Deutschland ) zufolge richten die Menschen ihr Wahlverhalten immer weniger an den Klimaschutz-Interessen der jüngeren Generation aus, je älter sie sind.

Bei den 30- bis 39-Jährigen sind es etwas über 40 Prozent, bei den 40- bis 49-Jährigen 36 Prozent, bei den 50- bis 64-Jährigen noch 30 Prozent. Und bei den über 65 Jahre alten Wählern sind nur 27,9 Prozent bereit, die Klima- und Naturschutzinteressen junger Generationen bei ihrer Wahlentscheidung zu berücksichtigen. 

Die Älteren gehen eher zur Wahl

Grundsätzlich hat die Strahlkraft der alten westdeutschen Parteien CDU, CSU und SPD abgenommen. Ergebnisse von 30 Prozent oder darüber für die Union von CDU und CSU oder die SPD sind kaum noch denkbar. Noch 2013 erhielt die Union aus CDU und CSU bei der Bundestagswahl zusammen über 42 Prozent der Stimmen, vier Jahre später, bei der Wahl 2017, waren es nur noch 33 Prozent. Allgemein gilt aber: Je älter, desto höher die Bereitschaft, zur Wahl zu gehen.

In den letzten Wochen hat die Beliebtheit von Olaf Scholz die SPD beflügelt.

Im Durchschnitt aller Bundestagswahlen von 1953 bis 2009 war die Altersgruppe der über 60 Jahre alten Menschen immer die mit der höchsten Wahlbeteiligung. Bei der Bundestagswahl 2013 gingen etwa rund 80 Prozent der älteren Menschen zur Wahl, weit mehr als die Wahlbeteiligung von insgesamt 73 Prozent ausweist. 2017 waren die 60- bis 69-Jährigen mit 81 Prozent die Gruppe mit der höchsten Wahlbeteiligung.

Auf dem Land wird konservativer gedacht

Erhebliche Unterschiede gibt es auch zwischen Stadt und Land. Die Energiewende etwa, der Ausbau also von Wind-und Sonnenenergie, wird in der Hauptstadt beschlossen, in den Metropolen finden sich auch die meisten Befürworter. Auf dem Land sind die Menschen mit der Umsetzung konfrontiert und stehen den vielen Windrädern eher skeptisch gegenüber.

Streitthema Windräder: in der Stadt beschlossen, auf dem Land gebautBild: picture alliance/dpa/dpa-Zentralbild

Eine europaweite Studie der Universität in Cambridge hat das unterschiedliche Wahlverhalten von Menschen in der Stadt und auf dem Land in allen EU-Staaten untersucht. Dabei kam heraus: Auf dem Land sind die Menschen konservativer eingestellt als in der Stadt. Sie sind skeptischer, was Fragen der Migration angeht, auch, welche Folgen die Globalisierung und der Klimawandel für sie haben. 

Allerdings konnten die Forscher ebenfalls feststellen, dass die Menschen in ländlicheren Regionen eher wählen gehen als in der Stadt. Das bedeute gleichzeitig, dass populistische Parteien dort auch mehr Stimmen erhielten.

Nico Siegel sagt der DW dazu: "In den urbanen Milieus haben die Grünen ihre Hochburgen, dort sind besonders viele jüngere Wählerinnen und Wähler, die formal hochgebildet sind. Die klassischen Grünen-Wähler sozusagen. Nach wie vor ist auf dem Land vor allem die Union stark. Auch die Themen, die bewegen oder die präferierten Lösungsvorschläge sind oft unterschiedlich: zum Beispiel, wenn wir an künftige Konzepte der Mobilität denken." Auf das Auto können auf dem Land eben vor allem ältere Menschen kaum verzichten.

Das Wahlverhalten ist immer schwieriger vorherzusagen 

Aber allgemein ist das Wahlverhalten so volatil geworden, dass Überraschungen immer möglich sind. Noch im Juni etwa hatte der CDU-Kanzlerkandidat Armin Laschet auch bei jüngeren Wählern durchaus Kredit, wie eine Umfrage des Marktforschungsinstituts Appinio ergab.

Noch im Juni überraschend auch bei den Jüngeren weit vorn: CDU-Kanzlerkandidat Armin LaschetBild: John Macdougall/AFP/Getty Images

26 Prozent der Befragten zwischen 16 und 24 Jahren hätten ihm damals ihre Stimme gegeben, 18 Prozent der Befragten tendierten allerdings auch zu Kleinst-Parteien. Mit anderen Worten: Das tatsächliche Wahlverhalten der Menschen ist immer weniger vorherzusagen. 

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