Nicht ohne Umweltplakette
2. Januar 2008Im neuen Jahr heißt es für viele Autos: draußen bleiben. Dann dürfen Fahrzeuge ohne Abgasreinigung in Berlin, Köln und Hannover nicht mehr in die Innenstädte. Als erste in Deutschland weisen die drei Städte nicht nur so genannte Umweltzonen zum Schutz vor Feinstaub aus, sondern machen auch Ernst mit Fahrverboten. Ab 1. Januar dürfen nur noch Fahrzeuge mit grüner, gelber oder roter Umweltplakette mitten in die Städte fahren - ohne zeitliche Einschränkungen und unabhängig von der aktuellen Luftbelastung. Die Grenzwerte sollen sukzessive verschärft werden: In Berlin etwa sollen ab 2010 nur noch Fahrzeuge mit grüner Plakette in die Innenstadt dürfen.
Wer in der Hauptstadt das Fahrverbot ignoriert, wird dank einer Übergangsregelung allerdings erst ab 1. Februar zur Kasse gebeten: 40 Euro Bußgeld und ein Punkt in Flensburg sind dann fällig. Die Stadt Köln dagegen will in den ersten drei Monaten lediglich Mahnzettel hinter die Scheibenwischer klemmen.
Keine Plakette ohne Kat
Unangenehm wird es für ältere Fahrzeuge mit schlechten Abgaswerten: Keine Plakette zugeteilt bekommen alle Fahrzeuge der so genannten Schadstoffklasse 1. Das sind in der Regel ältere Benziner ohne geregelten Katalysator und ältere Dieselfahrzeuge. Für sie können unter bestimmten Voraussetzungen Ausnahmegenehmigungen erteilt werden.
In Berlin umfasst die Umweltzone die Innenstadt innerhalb des S-Bahn-Rings. Das ist eine Fläche von rund 88 Quadratkilometer. In diesem besonders dicht bebauten Gebiet leben etwa eine Million Berliner. Den Beginn der Umweltzone erkennt man an speziellen Verkehrsschildern an den Über- und Unterführungen der S-Bahn-Gleise.
Wenige Ausnahmeregelungen
Von den rund 1,3 Millionen in der Hauptstadt registrierten Fahrzeugen dürfen künftig etwa 50.000 Pkw und 30.000 Lastwagen nicht mehr in die Innenstadt. Ausnahmegenehmigungen gibt es, wenn das Fahrzeug nicht mit handelsüblichen Einbausätzen nachgerüstet werden kann, der Ersatz des Fahrzeugs zu einer Existenzgefährdung führen würde oder öffentliche Verkehrsmittel aufgrund einer Schwerbehinderung oder ungünstiger Arbeitszeiten nicht genutzt werden können.
Mit der Einrichtung von Umweltzonen haben die Städte auf die EU-Feinstaubrichtlinie reagiert. Sie konnten die Vorgabe nicht einhalten, die Tageshöchstgrenze von 50 Mikrogramm Feinstaub pro Kubikmeter höchstens an 35 Tagen im Jahr zu überschreiten und einen Jahresmittelwert von höchstens 40 Mikrogramm einzuhalten. Nach einer EU-Studie sterben in Deutschland jährlich 65.000 Menschen vorzeitig an den Folgen der Luftverschmutzung. Nach den Vorreitern Berlin, Köln und Hannover will Baden-Württemberg nachziehen und zum 1. März 2008 Umweltzonen in acht Städten ausweisen, darunter auch in der Landeshauptstadt Stuttgart. Spätestens zum 1. Oktober 2008 will München folgen.
Übergangsfrist für manche Städte verlängert
Mitte Dezember hat das EU-Parlament die umstrittene Feinstaubrichtlinie aufgeweicht. Zahlreiche Kommunen können nun auf eine Übergangsfrist bis 2011 hoffen, um die eigentlich schon seit 2005 geltenden Feinstaub-Grenzwerte einzuhalten. Die Gnadenfrist gilt für Städte in Kessellagen oder mit ungünstigen Wetterverhältnissen. Der Vizepräsident des Umweltbundesamts, Thomas Holzmann, wies allerdings darauf hin: "Nur diejenigen Städte und Kommunen dürfen diese Ausnahmeregelung in Anspruch nehmen, die nachweisen, dass alle verhältnismäßigen Maßnahmen für eine verbesserte Luftqualität eingeleitet sind."
Andere Modelle im Ausland
Mehrere europäische Großstädte gehen einen anderen Weg, um ihre Zentren von Autoverkehr und -abgasen zu entlasten. So bitten unter anderem London, Stockholm und Oslo Autofahrer an Mautstationen kräftig zur Kasse. Pläne für eine City-Maut nach dem Vorbild Singapurs, wo die Gebühr schon seit 1965 erhoben wird, gibt es auch in Brüssel und in New York. Im historischen Zentrum Roms gilt werktags ein komplettes Fahrverbot. (mg)