1. Zum Inhalt springen
  2. Zur Hauptnavigation springen
  3. Zu weiteren Angeboten der DW springen

"Alternative Fakten" ist Unwort des Jahres 2017

16. Januar 2018

Die Jury hat entschieden: "Alternative Fakten" sind "der verschleiernde Ausdruck für den Versuch, Falschbehauptungen als legitimes Mittel der öffentlichen Auseinandersetzung salonfähig zu machen".

Unwort des Jahres 2017 Alternative Fakten
Bild: picture-alliance/APA/picturedesk/G. Hochmuth

Zum Wort des Jahres war Ende 2017 "Jamaika-Aus" gekürt worden, jetzt ging es sozusagen um den bösen Stiefbruder. Pünktlich um 10 Uhr verkündete die Linguistik-Professorin Nina Janich am Dienstag in Darmstadt, wer das Rennen gemacht hat: "Alternative Fakten" - ein Begriff, den eine Beraterin des US-Präsidenten Donald Trump geprägt hat und der von diesem seitdem gebetsmühlenartig wiederholt wird. Der Ausdruck stehe für die sich ausbreitende Praxis, den Austausch von Argumenten auf Faktenbasis durch nicht belegbare Behauptungen zu ersetzen, die dann mit einer Bezeichnung wie "alternative Fakten" als legitim gekennzeichnet würden, so Janich.
 
Könnte man gleich mehrere Unwörter des Jahres küren, hätte die Jury gern noch die Begriffe "Shuttle-Service" für die Rettung von Flüchtlingen aus dem Mittelmeer und ihre Überführung nach Italien und "Genderwahn" für Bemühungen um Geschlechtergerechtigkeit auf die Liste gesetzt. Beide Formulierungen wurden scharf kritisiert.

Knapp 1.300 Einsendungen mit insgesamt 700 verschiedenen Vorschlägen waren bis Ende Dezember eingegangen. Seit 1991 werden alle Jahre wieder Begriffe ausgewählt, die "diffamierend, verschleiernd oder gar oder irreführend" sind. 2016 fiel die Wahl auf "Volksverräter". Diese Vokabel, ein Erbe von Diktaturen, vor allem der Nationalsozialisten, als Vorwurf gegenüber Politikern anzubringen, würge die für die Demokratie notwendigen Diskussionen ab, begründete die Jury damals ihre Entscheidung.

"Babycaust" ist Spitzenreiter unter den Nominierungen

Insgesamt 122 Mal und damit unter allen Einsendungen am häufigsten wurde in diesem Jahr der Begriff "Babycaust" nominiert. Vorgeschlagen hatte ihn die Gießener Ärztin Kristina Hänel, die Ende 2017 wegen unerlaubter Werbung für Schwangerschaftsabbrüche zu 6000 Euro Geldstrafe verurteilt worden war. Sie werde auf einer Website desselben Namens "diffamiert, verleumdet und angeprangert", so Hänel. Wegen seiner Ähnlichkeit zum Begriff "Holocaust" sei der Begriff besonders erschreckend und gemäß dem Anspruch der Jury "irreführend".  

"Alternative Fakten" wurde 65 Mal eingesandt. Auch "Atmender Deckel", ein Begriff aus der Diskussion über eine Obergrenze für Flüchtlinge, oder "Bio-Deutsche" als Gegensatz zu eingebürgerten Deutschen standen zur Wahl.

Bewusstsein für einen sensiblen Umgang mit der Sprache schaffen 

Ziel der sprachkritischen Aktion ist es, Formulierungen zu brandmarken, die gegen die Menschenwürde oder demokratische Prinzipien verstoßen und in der Bevölkerung das Bewusstsein für einen sensiblen Umgang mit der Sprache zu verankern.

2016 wurde "Volksverräter" Unwort des Jahres. Hier hetzten Unbekannte gegen den Politiker und flüchtlingspolitischen Sprecher Sören HerbstBild: Sören Herbst

In den vergangenen Jahren hatte vor allem der Zuzug der Flüchtlinge nach Deutschland das Unwort des Jahres beherrscht, neben "Volksverräter" (2016) wurden "Gutmensch"(2015) und "Lügenpresse"(2014) ausgewählt. Doch diesmal sei das Thema Migration etwas abgedrängt worden, so Janich. Die Beratungen zur Bildung einer neuen Regierung nach der Bundestagswahl 2017 (so wurde "Jamaika-Aus" schon zum Wort des Jahres 2017 gekürt) und Äußerungen von US-Präsident Donald Trump seien bei den eingegangenen Vorschlägen führend, darunter "Alternative Fakten".

Bei der Entscheidung der ehrenamtlichen Jury, bestehend aus vier Sprachwissenschaftlern, einem Journalisten sowie einem jährlich wechselnden Mitglied, spielt es keine Rolle, wie oft ein Begriff eingereicht wurde. So will man vermeiden, dass bestimmte Begriffe in den Sozialen Medien besonders gehypt werden. 

suc/ka (dpa/www.unwortdesjahres.net)

Den nächsten Abschnitt Mehr zum Thema überspringen